Ausgeträllert (German Edition)
der Schluss zusammen – vor allem, wenn man einen hochdramatischen Abgang plant. Insofern hatte ich Winnies Rausschmiss grad gründlich vermasselt. Ich wusste das, und er wusste das auch.
»Wenn du jetzt anfängst zu grinsen, werd’ ich handgreiflich, Blaschke. Und dann hast du einen Grund, mich einzusperren.«
»Die erste gute Idee, die ich heute von dir höre«, sagte er. »So, ich fahre jetzt zu Oma, die hat mich in den Kiosk zitiert, weil ich mir irgendwas Wichtiges angucken soll.«
»Nich nötich«, war Bertis Stimme aus dem Hausflur zu hören. Die Küchentür ging auf, und Berti schleppte einen Packen Zeitungen herein. Winnie nahm ihr das Paket ab. »Wie lange lauschst du schon?«
»Soll ich wörtlich zitieren, oder reicht dir’ne Zusammenfassung?«, antwortete sie.
»Was ist das?«, sagte Winnie, als er das Paket auf der Arbeitsplatte abstellte.
»Nach wat siehtet denn aus? Dat
Goldene Blatt
– natürlich nur die wichtigen Jahrgänge!«, sagte Berti, pflanzte sich auf einen Stuhl, guckte mich mit gerunzelter Stirn an und drückte mir ein Fläschchen ihrer Blütentropfen in die Hand. »Na? Wie geht et dir, Maggie?«
»Ich streite mich grad mit deinem Enkel, ansonsten geht es irgendwie«, sagte ich und nahm ein paar Tropfen. Berti guckte sich mein blaues Auge an und sagte: »Dat wird wieder. Die Murmel is ja noch ganz ... Ja, warum ich eigentlich hier bin ... Die Elli hat mich angerufen und gesacht, dat der Winnie hier ist, und da bin ich ma’ wacker losgefahren, um die Sache abzukürzen.«
Sie bedachte ihren Enkel mit einem ernsten Blick und schüttelte den Kopf. »Wie du widder aussiehst.« Sie griff in ihre große Einkaufstasche, holte ein frisch gebügeltes Hemd heraus und ließ es über den Tisch segeln. Winnie fing es ungeschickt auf.
»Nich sofort wieder zerknüsseln! Herrgott.« Sie klopfte auf den Zeitungsstapel. »So! Guck dich dat an, bevor du dich umziehst.«
»Kann ich die Zusammenfassung haben, bitte.
Während
ich mich umziehe«, sagte er.
Berti schlug eine der Zeitungen an einer Stelle auf, die sie mit einem Klebestreifen markiert hatte, und las vor:
»Aus und Vorbei. Die La Rose-Singers getrennt ...«
Sie guckte uns triumphierend an. Winnie und ich zuckten die Schultern.
»Klingelt et nich’ irgendwie?
Die
La-Rose-Singers? Häh?«
Wir schüttelten die Köpfe.
»Ihr seid echt zu jung dafür. Dat isset. Aber ich hatte so’n Ziehen im Hinterkopf, verstehsse? Dat da wat war ... und dann hab ich mir noch’ma dat Plakat von der Singdrossel angeguckt, und dat Ziehen wurde stärker ... und da bin ich in den Keller und hab ma die Archive durchgeguckt, und siehsse, wat ich gefunden hab.« Berti hielt die Zeitung hoch und zeigte auf ein Bild. »Aufgepasst: Dat sind zwei La-Rose-Singers. Bevor ihr euch gezz die Augen aus dem Kopp glotzt, dat da links is Petra Heibuch, geborene Pawlak und dat daneben is die Bochumer Nachtigall, Dolores La Rose, geborene Heibuch!«
»Und der Kerl auf dem Foto daneben?«, fragte ich.
»Günter Heibuch! Der Bruder vonne Nachtigall«, rief Oma Berti. »Da steht – wegen die Heirat vonne Petra, damals nannte die sich Chantalle La Rose, mit dem Bochumer Unternehmer und Diskothekenbesitzer Günter Heibuch haben die sich getrennt. Chantalle will nur noch für die Familie da sein ...«
Vor meinem geistigen Auge sah ich das Plakat an der Litfaßsäule ... Die Ähnlichkeit war wirklich da, nur hatte ich sie nicht zuordnen können. »Oh«, sagte ich. »Jetzt fällt mir was ein. Ich war doch in der Kongresshalle, und da gab es eine Diskussion zwischen Racic und La Rose. Und die Diva hat gesagt: ›Das Catering macht doch Günni’ oder so ähnlich. Sie hat nicht Herr Heibuch oder Heibuch-Catering gesagt. Ist mir damals gar nicht aufgefallen.«
»Siehsse, so is dat mit den Details.« Berti holte eine weitere Zeitung aus dem Stapel und blätterte. »Und hier, die is von ein paar Monate vorher aus demselben Jahr ... Ich zitiere:
Gerüchte um eine Schwangerschaft von Dolores La Rose reißen nicht ab
. Und weiter:
Das Management von La Rose war zu einem Kommentar nicht bereit
... und so weiter ... bla, bla ... Aber irgendwie is später nie die Rede von einem Kind. Na ja, wir schreiben dat Jahr neunzehnhundertdreiundziebzich ... da hätte sie dat nie zugegeben – zu der Zeit war dat unmöglich – ohne Mann. Dat wär’ ein Skandal gewesen.«
Ich musste mich erst mal hinsetzen. »Die Petra hat das nie gesagt, dass die Nachtigall ihre Schwägerin ist ... Aber der
Weitere Kostenlose Bücher