Ausgeträllert (German Edition)
was zu retten ist. Und Wolfi? Ich hab keine Ahnung, wie viel er von der ganzen Sache begreift. Als ich bei Heibuchs wegging, war er mit Raoul in der Cateringküche und hat in großen Töpfen gerührt und gesungen. Mir schien es so, als sei er bestens versorgt.«
»Ja dann ...«, sagte ich und trank meinen Kaffee aus.
»Was?«
»... folge ich Mattis Philosophie und tue das, was vor der Nase liegt. Und zwar sofort. Ich gehe arbeiten. Ich kann meine Aussage auch morgen machen. Oder? Heute Abend ist diese Party auf dem Boot, und wenn Petra jetzt wirklich etwas gebrauchen kann, dann doch wohl das Geld, das wir damit verdienen.«
»Dazu sage ich nein«, sagte Winnie.
»Du? Sagst nein – zu was? Dass ich arbeiten gehe und Petra helfe? Hast du sie noch alle?«
»Und wie.«
»Die anderen arbeiten doch auch!«
»Wir beide sind noch nicht fertig miteinander.«
»Aha?«
»Deine Aussage bei Seidel hat Dimi und Stojko aufgescheucht. Seidel hat die tatsächlich vorgeladen, leider bevor er mit mir darüber gesprochen hat.«
»Ach, jetzt bin ich wieder schuld?«
»Nicht ganz. Ich hätte die sowieso einvernommen. Die beiden sind auf den Bildern, die der Knipser vom Markt gemacht hat.«
»War es also doch nicht ganz umsonst, dass du den Kamerachip einkassiert hast. Ich hoffe, du hast die Fotos, die er von mir gemacht hat, vernichtet.«
»Darum musst du ihn schon selber bitten.«
»Danke für deine Hilfe.«
Winnie griff in seine Hosentasche und zog ein Foto heraus. Da waren Dimi und Stojko deutlich in der Menge auszumachen.
»Du hättest nie gewusst, wer das ist, wenn ich nicht bei Seidel gewesen wäre. Und dass dein Kollege nicht mit dir spricht, ist ja wohl nicht mein Problem.«
»Stimmt mal wieder nicht ganz. Die beiden sind vorbestraft und erkennungsdienstlich erfasst. Und ich habe zudem einen guten Draht zur Presse – ich hatte eine sehr gute Beschreibung und sogar Stojkos Namen von dem BILD-Zeitungsredakteur, dem die beiden erzählt haben, wie die Leiche aussah. Er hat sie cash bezahlt, versteht sich. Ich hab ihm das Foto gezeigt, und er war sich sicher. Ich war nah dran, Maggie Abendroth ...«
»Oh, und jetzt hab ich dir die Tour vermasselt! Natürlich! Verflucht und zugenäht, Sherlock Holmes! Es tut mir leid.«
»Das hoffe ich«, sagte er, nahm meine Hand und zog mich halb über den Tisch. »Merk dir eins: Das Gegenteil von gut gelaufen ist gut gemeint. Sogar deine Idee, dass die beiden mit Günter Heibuchs tragischem Ende zu tun haben könnten, war richtig, aber getan hast du das Falsche. Tust du mir jetzt bitte einen Gefallen und hältst dich aus allem raus. Aus allem. Hast du verstanden? Du begibst dich nicht auf die Suche nach Dennis Heibuch. Du trittst bitte dem Knipser nicht mehr in die Kronjuwelen – und sollte dir noch irgendwas zum Thema ›Mord, Totschlag, Reifendiebstahl‹ einfallen, ein Verdacht, eine Beobachtung, egal was – du informierst mich auf der Stelle.«
Ich schlug mit der flachen Hand auf den Tisch, dass die Kaffeetassen wackelten. »Und jetzt, Herr Kommissar – fürs Protokoll! Ich hab mich nie irgendwie einmischen wollen. Nie ... ich steh nur plötzlich immer mitten drin. Du tust so, als würde ich mir wöchentlich bei Ebay drei Pfund Schlamassel ersteigern! Freiwillig!«
»Verstehe ich ja alles ... Aber du bist gestern knapp an der Katastrophe vorbeigeschrammt. Wieder mal! Kapier das endlich, Miss Marple. Das, was wie die Verkettung unglücklicher Umstände aussieht, hat irgendwo einen Anfang.«
»Und der bin ich?!«
»Das habe ich nicht gesagt. Setzt dich doch endlich mal wieder hin!«
»Nein! Tu ich nicht!«
»Na dann eben nicht! Was ich damit sagen will: Sollte je ein Gedanke in deinem Hirn auftauchen – besprich ihn zuerst mit mir! Ich frage mich sowieso, warum du nicht zu mir gekommen bist.«
»Weil du keine Zeit hattest! Und du hast mich kalt abfahren lassen, als ich mit dir über Rudi reden wollte. Du wolltest nicht helfen! Erinnere dich! Und jetzt geh mir nicht weiter auf die Nerven, Winnie Blaschke. Gib mir einen Zwanni, damit ich mir ein Taxi nehmen kann. Ich bin total blank ... und ich kann Raoul nicht bezahlen, weil Stojko meine Kohle in der Tasche hatte ... und ... und wenn du wieder mal irgendwelche guten Ratschläge für mich hast, dann ... dann ...«
»Was dann?«
Mir fiel nichts ein, was ich ihm hätte an den Kopf werfen können, und so verpuffte meine kleine Ansprache im Nichts. Aus rein dramaturgischen Gründen wiegt das Ende mehr als der Anfang und
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