Ausgeträllert (German Edition)
denjenigen nicht kenne, der die Mappe da abgelegt hat. Es waren jede Menge Fingerabdrücke drauf, aber kein einziger von Racic. Die Geschichte bleibt erst mal in der Rätselkiste liegen.«
»Muss sie nicht. Was hältst du von dieser Version: Dennis war mit dem Ding bei Racic und haut es ihm um die Ohren, weil er weiß, dass sich Günni dieses Sponsoring gar nicht leisten kann. Racic wirft ihn raus – Vertrag ist Vertrag. Dann erfährt Racic, und zwar von mir, dass Günni tot ist, kriegt es mit der Angst und schickt per Fax eine ordentliche Vereinbarung, in der er bekundet, dass er das Geld bezahlen wird ...«
Winnie stand auf und füllte frisches Espressopulver und Wasser in die Bialetti. »Und warum, wenn ich fragen darf?«
»Weil er sich vielleicht denkt, dass Dennis seinen Vater umgebracht hat. Racic hat Angst vor Dennis und denkt sich: Ich zahl mal lieber, sonst bin ich der Nächste.«
»Wie soll er sich das denn zusammenreimen? Da kommt ein wütender junger Mann in sein Büro, schreit ein bisschen rum ... und dann kommt Racic gleich auf die Idee, dass der Mord was mit dem Geld zu tun hat? Fantastische Geschichte. Mach einen
Tatort
draus!«
Ich starrte auf meinen Teller und sagte: »Okay, dann eben nicht. Wie geht die Geschichte mit den Serben weiter? Die machen also ein Angebot, und dann?«
»Ist Dennis Heibuch gegangen, und dann sind die beiden ein bisschen durchgedreht – das waren die Worte von Dimi. Stojko hatte zuvor aus dem Ritterzelt dieses Schwert geklaut – mehr so aus Jux und Dollerei oder um Günter Heibuch zu beeindrucken ... und dann hat er, kaum dass Heibuch junior weg war, ein paar Lines Speed nachgelegt. Was das Labor gestern Nacht in der Leiche von Stojko nachgewiesen hat reicht, um damit ein ganzes Schullandheim auf den Trip zu bringen. Dass er überhaupt noch eine Nase hatte ... aber egal ... Die haben den Heibuch auf den Grill gesteckt, weil sie das für einen ›wahnsinnig tollen‹ Plan gehalten haben. Toller natürlich, als die Leiche einfach ins Parkhaus zu tragen und dort liegen zu lassen, toller als die Leiche in den nächsten Müllcontainer zu werfen ... Ja, guck nicht so, die beiden haben wirklich darüber nachgedacht, was sie mit dem Toten machen sollen. Wie diese verstrahlten Blitzbirnen halt so sind.« Winnie schraubte die Bialetti zu und stellte sie auf die Herdplatte. »Junkies eben. Jenseits von allem, wenn sie erst mal abgefüllt sind.«
»Das ist ja schlimmer als die Häckslerszene in
Fargo
«, murmelte ich.
»Was?«
»Nix. Ich meine, dann waren die gestern früh in der Firma, weil sie nicht wussten, dass Dennis im Krankenhaus ist. Und dieser dämliche Jorgo sagt den beiden auch noch, wo sie ihn finden können!«
»Ja, sie sind in der Klinik aufgekreuzt, und er ist mit ihnen ins Büro gefahren. Er hat den Tresor leergeräumt und hat ihnen das letzte Geld gegeben, damit sie verschwinden. Dimi hat ausgesagt, dass sie dann sofort gegangen sind. Wo Dennis hin ist, wusste er nicht. Wir haben den ganzen Laden auf den Kopf gestellt, aber vom Junior keine Spur. Die Firmenwagen sind alle da, wo sie hingehören ... Wer weiß ...? Die Fahndung läuft.«
»Das glaub ich alles nicht. Dennis weiß, dass die beiden seinen Vater gegrillt haben, und gibt denen auch noch Geld? Meinst du nicht, spätestens dann sollte bei dem der Verstand wieder eingesetzt haben?«
»Angst ist ein unglaublicher Motor, glaub mir. Wenn so ein Wahnsinn einmal ins Rollen gerät, dann bleibt der Verstand auf der Strecke. Wir hoffen, dass wir Dennis rechtzeitig finden, bevor er den nächsten Infarkt kriegt. Vielleicht war der Tod seines Vaters wirklich ein Unfall. Das wäre tragisch ...«
»Warum hat er denn keinen Arzt angerufen, als er gemerkt hat, dass sein Vater nicht mehr aufsteht?«
»Gute Frage«, sagte Winnie. »Du kennst ihn doch ein bisschen. Wie ist er drauf?«
»Immer unter Strom und leicht cholerisch. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass er gewalttätig ist. Und schon gar nicht, dass er für seinen Vater keinen Arzt gerufen hätte. Er wollte ihn doch gar nicht umbringen.«
Winnie löffelte Erdbeermarmelade aus dem Glas und guckte aus dem Fenster. »Hm ... wer weiß? Menschen tun seltsame Dinge, wenn der Druck groß genug ist.«
»Und was ist mit Petra und Wolfi? Wie soll die Frau das aushalten? Was macht sie denn jetzt bloß?«
»Ich hab den Eindruck, die zieht das durch, tapfer wie sie ist. Am Ende kann ich sie verstehen – was soll sie auch sonst tun? Sie versucht zu retten,
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