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Ausgeträllert (German Edition)

Ausgeträllert (German Edition)

Titel: Ausgeträllert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minck
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die Wunde an Wolfis Arm.
    »Sie hängt da oben über der Reling«, sagte ich.
    »Wer denn?«, fragte der Kapitän, der eben aus dem Maschinenraum kam und von alldem noch gar nichts mitbekommen hatte.
    »Die Nachtigall. Rufen Sie die Polizei an. Sofort.«
    »Was?!«, schrie der Kapitän.
    »Madame La Rose isse tot. Ausgetrallert Nachtigall. Und eine von meine Messer isse Tatwaffe.«
    Ich zeigte auf den Knipser, der das Messer auf der Stelle fallen ließ.
    Wolfis Mund klappte auf und zu und sein Oberkörper fing an zu zucken. Raoul legte einen Arm um seinen Rücken und summte eine Melodie. Allmählich entkrampften sich Wolfis Hände, und nach ein paar Minuten sank sein Kopf auf Raouls Schulter.
    Der Kapitän rannte mit dem Handy am Ohr nach oben. Ich konnte nicht verstehen, was er ins Telefon brüllte, aber nach ein paar Sekunden kam er schon wieder herunter, klappte das Handy zusammen und sagte: »Wir müssen die Leiche irgendwie da runterholen«, erklärte er, »sonst fällt sie noch über Bord.«
    »Ich pack hier nix an«, kreischte Racic und fuchtelte mit den Armen in der Luft herum.
    »Jetzt kommen Sie schon!«
    »Nein!«
    Der Kapitän rannte wieder aufs Oberdeck. Racic taumelte hinaus auf die Gangway. Ich sah ihn an der Anlegestelle hin und her laufen. Er raufte sich die Haare. Nach dem er ein paar Mal auf und ab gelaufen war, fiel er auf die Knie und trommelte mit den Fäusten auf den Beton.
    Der Knipser ließ sich auf einen Stuhl fallen, starrte auf seine Hände und dann auf das am Boden liegende Messer.
    Im Salon sprach keiner mehr. Draußen wurde das Gewitter allmählich schwächer. Als endlich die Polizeisirenen zu hören waren, atmete ich erleichtert auf.
    Nachdem sich Winnie einen ersten Überblick über die Situation verschafft hatte, wurde Wolfi sofort in ein Krankenhaus gebracht und danach sollte er in die Psychiatrie überstellt werden. Der Knipser und Falko Racic wurden von Karin in einen Polizeiwagen verfrachtet und ins Präsidium gefahren. Jorgo war nicht zurückgekommen. Nach ihm wurde eine Fahndung eingeleitet. Winnie Blaschke hörte sich an, was Raoul und ich zu sagen hatten, dann durften wir die Fahrt zum Präsidium im Transporter von Heibuch-Catering machen. Winnie würde so schnell wie möglich nachkommen. Als wir abfuhren, kamen uns die Männer von der Spurensicherung in ihren weißen Overalls entgegen. Sie sahen aus wie Raumfahrer, die eben auf einem fremden Planeten gelandet waren.
    Im Präsidium angekommen, mussten wir die Ereignisse immer und immer wieder erzählen. Jemand nahm unsere Fingerabdrücke, und unsere Personalien wurden überprüft. Dann war Winnie endlich da, und wir mussten alles noch mal erklären.
    Raoul gab zu Protokoll, dass er, kurz bevor das Boot angelegt hatte, eines seiner japanischen Messer vermisst hatte. Er hatte es im Umfeld der Pantry gesucht, aber nicht wieder gefunden. Das konnte ich bestätigen. Für einen Moment starrten Karin und Winnie in Raouls Messerkoffer, den er zum Beweis geöffnet auf einen der Schreibtische stellte. Ein so genanntes Nakiri Bocho, wie er erklärte, fehlte. Ich ergänzte, dass der Knipser, kurz nachdem ich die Leiche entdeckt hatte, mit dem blutigen Messer in der Hand vom Aussichtsdeck heruntergekommen sei. Wobei wir schon bei zwei Verdächtigen waren. Einer war Jorgo, weil er flüchtig war, und einer war hier. Er hatte die offensichtliche Mordwaffe in der Hand gehabt.
    Warum Wolfi auf dem Aussichtsdeck gewesen war, konnte nicht geklärt werden, auch nicht, wann er dorthin gegangen war. Über die Wunde an Wolfis Handgelenk gab der Knipser an, er sei nach oben aufs Aussichtsdeck gegangen, um die Nachtigall zu suchen. Dort hätte er eine leblose Person über der Reling hängen sehen, und Wolfi sei mit dem blutigen Messer in der Hand auf ihn zugekommen. Er, also der Knipser, habe geglaubt, dass Wolfi ihn habe attackieren wollen. »Was soll man denn denken, wenn ein Halbirrer mit so einem Zachel auf einen zukommt? Ich habe die Kamera hochgerissen und ihm direkt ins Gesicht geblitzt und dann das Messer weggenommen«, hatte er gesagt.
    Da waren es also drei Verdächtige. Racic konnte zur Klärung gar nichts beitragen. Er saß, grau im Gesicht, auf einem Stuhl und hatte Mühe, sich aufrecht zu halten. Er sagte aus, dass er nicht wisse, wann und warum Dolores La Rose nach oben gegangen sei. Er wusste nur, dass er den Knipser nach oben geschickt hatte, um die Diva zu suchen und Fotos zu machen.
    »Könnte doch auch ganz anders gewesen sein«,

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