Ausgewechselt
auf die Hallenuhr. »Wenn sie nicht bald aufhören, habe ich ein Problem.«
»Muss Leo nach Hause?«, hatte Viola gefragt. Es war halb sieben.
»Nein, aber um sieben warten fünfzehn Jungs auf dem Fußballplatz auf mich.« Er kontrollierte die Uhrzeit auf seiner Armbanduhr.
»Ich dachte, du trainierst die Mannschaft nicht mehr.«
Manlio fuhr herum. »Machst du Witze? Fußball gibt man nicht einfach auf.« Doch dann hatte ihn ein Gedanke durchzuckt und er hatte hinzugefügt: »Auch wenn man ihn in andere Bahnen lenken muss, wie bei Leo. Für diesen Jungen würde ich alles tun.«
In den folgenden Minuten wurde seine Geduld auf eine harte Probe gestellt, das Spiel schien kein Ende zu nehmen. Dann hatte Leo einen Blick auf die Hallenuhr geworfen und war an der Tribüne vorbeigerollt. »Manlio, wenn du gehen musst, geh ruhig.« Sein T-Shirt klebte am Körper, so sehr hatte er sich verausgabt.
»Nein, ich warte auf dich. Wer soll dich sonst nach Hause bringen?«
»Mach dir keine Sorgen, Ruben oder Valdo kümmern sich schon darum. Nun geh schon!« Und während der Trainer aufsprang, atmete Leo noch mal tief durch und sagte: »Grüße an alle. Sieh zu, dass sie zu meinem Spiel kommen.«
»Ich verdonnere sie dazu«, hatte Manlio versprochen und war verschwunden.
Bevor Leo wieder aufs Spielfeld rollte, hatte er Viola mit komplizenhaftem Lächeln zugezwinkert. Ihr war fast die Luft weggeblieben. Sie war rot geworden und hatte danach Mühe gehabt, dem Spiel zu folgen. Die ganze Zeit musste sie an sein Gesicht denken. So ein Blödmann, dachte sie, immer musste er irgendeinen Quatsch machen.
Dritte Hürde
An diesem Mittwoch hatte Leo sie gebeten, ob sie nicht bei ihr zu Hause lernen könnten. Er brauchte einen Tapetenwechsel, hielt es bei sich nicht mehr aus. Viola konnte sich zwar nicht vorstellen, dass die drückende Atmosphäre und die Unordnung ihrer Wohnung ihm besser gefallen würden, aber sie hatte seinen Wunsch trotzdem akzeptiert. Dann hatte sie aufgeräumt, die Fenster aufgerissen, um gründlich durchzulüften, und versucht, alles, was kreuz und quer herumlag, in irgendein System zu bringen. Ihre Mutter musste immer alles in Griffweite haben, deshalb glich der Flur einer Rumpelkammer: Müll, nach Sorten getrennt, Stapel alter Zeitungen, Plastiktüten mit leeren Flaschen, Wäschekörbe mit Kleidung, die in die Schränke geräumt werden musste, Bilder, die noch ihren Platz an den Wänden suchten, ein zusammengerollter Teppich, ein ausrangierter Sessel, auf dem Mäntel und Jacken lagen, und ein Tisch voller Krimskrams, der genau vor der Eingangstür stand, eine Art zusätzliche Barriere für ungebetene Gäste. Viola schob alles zur Seite, um wenigstens etwas Platz zu schaffen. Ihre Mutter beobachtete sie misstrauisch und fragte: »Was machst du da? Soll das jetzt alles ins Wohnzimmer?«
»Ich räume nur ein paar Sachen weg, so kommt man nicht durch.«
Patricia quälte sich vom Sofa hoch und stützte die Hände in die Hüften. »Du bringst alles durcheinander. Das ist alles Zeug, das nicht umgeräumt, sondern weggeworfen werden muss, das will ich hier nicht haben.«
Viola wuchtete gerade eine schwere Kiste zur Seite, in der es verdächtig klirrte. Dann baute sie sich drohend vor ihrer Mutter auf. Im letzten Jahr war sie ein gutes Stück gewachsen, im Vergleich zu ihr wirkte Patricia klein und aufgeblasen wie ein Gummitier. Sie hatte sofort ihre Hände abwehrend vor sich gehalten und den Morgenmantel zusammengezogen, so als wolle sie sich schützen. »Du kannst nicht einfach alles durcheinanderbringen!«, hatte sie wieder angefangen, dieses Mal mit jammernder Stimme.
»Ach nein? Und warum nicht? War das hier vorher etwa aufgeräumt? Muss das alles im Flur gelagert werden?«
»Das muss weg.«
Viola hätte fragen können, wann sie denn vorhätte, das alles wegzubringen, aber die Zeit drängte und sie hatte keine Lust auf eine endlose Diskussion, deshalb hatte sie versöhnlich reagiert: »Okay, ich räume heute Abend alles wieder zurück. Aber ich brauche Platz im Flur, ich bekomme Besuch.«
»Wer kommt denn? Selina?«
Viola räumte weiter. »Ein Freund, du kennst ihn
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