Ausgeweidet (German Edition)
wunderschöner Fischerort.«
»Ja, kenne ich. Aber abends mittlerweile recht touristisch. Wo hast du da gewohnt?«
»In dem kleinen Hotel direkt auf den Felsen, an der Einfahrt zum Hafen.«
»Da war ich auch schon mal. Einfach, aber sauber, und es liegt direkt am Meer mit einer tollen Terrasse. Nur das Essen war ziemlich bescheiden.«
Maria schüttelt lachend den Kopf. »Klar, dass du dich daran erinnern kannst. Und wann warst du das letzte Mal auf Mallorca?«
»Das ist schon ein paar Jahre her. Ich fahre immer in die Nähe von Santany. Da gibt es die schönsten Buchten der Insel.«
»Hast du schon deinen nächsten Urlaub geplant?«
»Nein, nicht wirklich. Alexander hat zwar einen einwöchigen Skiurlaub in Österreich vorgeschlagen, aber fest steht noch nichts.«
Nachdem sie ihren Latte macchiato ausgetrunken haben, gehen sie an die Bar des Clubrestaurants, die bei diesem schönen Wetter völlig verwaist ist. Clemens stellt sich und Maria kurz vor und fragt die Bedienung, die sich zuvor um sie gekümmert hat, ob sie Dr. Lamberty kennen würde.
»Ja, natürlich«, erwidert diese aufgeschlossen. »Er ist ein regelmäßiger Gast. Manchmal kommt er am Abend nach Dienstschluss auf ein kühles Bier, das machen viele Clubmitglieder hier. Und meistens am Sonntag zum Abendessen.«
»Sie kennen Dr. Lamberty schon länger?«, fragt Maria.
»Ja, schon einige Jahre. Seit ich hier angefangen habe.«
»Hat er sich in der letzten Zeit verändert?«, möchte Clemens wissen.
Sie überlegt kurz, dann lächelt sie vielsagend.
»Er ist eigentlich immer gut drauf, aber in den letzten Monaten, nun ja, es sieht so aus, als ob er sich verliebt hätte.«
»Hat sich sonst noch etwas verändert?« Maria lässt nicht locker.
»Früher war er öfter da, jedes Wochenende und auch mehrmals in der Woche. Aber Sie können ihn ja gleich selber fragen. Er hat für heute Abend einen Tisch reserviert.«
Clemens bedankt sich, bestellt noch zwei Wasser und bezahlt auch gleich. Die beiden gehen zurück auf die Terrasse und setzen sich auf ihre alten Plätze. Mittlerweile sind die Heizstrahler eingeschaltet und verströmen eine angenehme Wärme.
»Na, dann schauen wir mal, wann er kommt«, murmelt Clemens und fingert sein Zigarettenpäckchen aus der Innentasche seines Jacketts.
Langsam geht die Sonne unter. Er zieht genüsslich an seiner Zigarette und ist ganz eingenommen von dem sich allmählich rot färbenden Himmel, blickt immer wieder auf den Rhein oder beobachtet die silbern schimmernden Flugzeuge, die von Westen kommen und zum Landen stetig an Höhe verlieren. Ganz in Gedanken versunken, schrickt er auf, als Maria ihn behutsam am Arm berührt.
»Da kommt Lamberty mit Frau Hartmann«, flüstert sie ihm zu.
Clemens dreht sich um und schaut den beiden entgegen, wie sie den Weg entlangschlendern und sich an den Händen halten. Er schmunzelt.
»Schon ein witziges Paar. Von der Optik passen die gar nicht zueinander. Sehen aber so richtig verliebt aus«, rutscht es ihm heraus.
Keine fünf Meter von Clemens und Maria entfernt erkennt das Paar die Hauptkommissare. Sie grüßen herüber, gehen durch die Terrassentür und nehmen an einem der kleinen Tische im mittleren Teil des Restaurants Platz.
»Lamberty war nicht nur erstaunt, es war ihm auch sichtlich unangenehm«, bemerkt Maria.
»Das wäre es mir aber auch. Der kann sich denken, dass wir hier Fragen gestellt haben.« Clemens schaut auf seine Armbanduhr.
»Oh, schon so spät. Jetzt muss ich mich beeilen. Ich bin mit Alexander verabredet.«
»Du brauchst mich nicht nach Hause zu bringen. Es tut mir ganz gut, wenn ich zu Fuß gehe. Ist ja nicht so weit.«
»Ich kann dich bis zur Nordstraße mitnehmen.«
»Okay, dann zeige ich dir auch den kürzesten Weg.«
»Ha, ha«, ruft er über die Schulter in Marias Richtung, während er schon im Laufschritt zu seinem Auto eilt.
11.
Sonntag früher Abend Nordstraße. In den letzten Wochen hat Clemens seinen besten Freund Alexander Langenberg arg vernachlässigt. Er rief ihn immer nur dann an, wenn der Porsche mal wieder Streicheleinheiten brauchte. Doch jetzt freuen sie sich auf einen gemeinsamen Abend. Die beiden haben Abitur am Theodor-Fliedner-Gymnasium in Kaiserswerth gemacht und schon als Nachbarskinder im Kindergarten zusammen gespielt. Nach dem Wehrdienst haben beide in Trier studiert, Alexander Psychologie und Clemens Jura. Nach dem ersten Staatsexamen ging Clemens auf die Fachhochschule für öffentliche Verwaltung NRW in Köln.
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