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Ausgeweidet (German Edition)

Ausgeweidet (German Edition)

Titel: Ausgeweidet (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Lamberts , Annette Reiter
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Wetterdienst hat schon am Morgen eine Unwetterwarnung für den frühen Abend ausgesprochen.«
    »Sicher?«
    »Ganz sicher!«
    »Ist ja interessant. Das würde bedeuten, der Mörder hat dies womöglich in seine Planung einbezogen.«
    »Kann gut sein.«
    »Der Mord am gleichen Tag wie der Freispruch – das kann auch anders interpretiert werden, als affektiver Ausbruch.«
    »Meinst du wegen des Übertötens?«
    »Nein, das auch wieder nicht. Du hast zwar recht. Nach der klassischen Definition liegt hier eine sogenannte Übertötung vor, denn der Mörder hat sich mit dem Tod des Opfers ja nicht zufriedengegeben. Aber an einen Blutrausch glaube ich nicht.«
    »Du weißt schon, dass auch Täter in einen Blutrausch geraten können, die ihre Tat eiskalt geplant und gar nicht die Absicht gehabt haben, so überzureagieren?«
    »Nein, nein. Das Ausnehmen ist anders motiviert!«
    Es entsteht eine kurze Pause, und Clemens wartet gespannt auf Alexanders Entgegnung.
    »Aber das könnte doch passen.« Alexanders Gesicht hellt sich auf. »Dass die Tat am Tag des Freispruchs geschah, ist für mich ein dramaturgisches Element, kein emotionaler Affekt, und das lässt sich auch auf die Art der Verstümmelung beziehen.«
    Clemens spielt gedankenverloren mit seiner Serviette.
    »Ich frage mich, ob ich eventuell auf einer völlig falschen Fährte bin, wenn ich davon ausgehe, dass der Mörder ein ausgebildeter Jäger ist.«
    »Vieles spricht dafür. Denn meistens besinnen sich die Menschen auf das, was sie gelernt haben. Und dein Mörder ist intelligent, der scheint nichts dem Zufall zu überlassen. Es könnte natürlich auch sein, dass seine Planung gerade dies berücksichtigt. Wer sich mit der Jägerei nur ein bisschen beschäftigt, stößt schnell auf die Rituale. Aber wer kann gut schießen und dann noch bravourös mit einem Messer umgehen?«
    »Es gibt Berufsgruppen, die mit dem Messer umgehen können. Ein Chirurg würde doch wohl eher ein Skalpell bevorzugen, oder?«, erwidert Clemens.
    »Nicht unbedingt. Hier stellt sich die gleiche Frage wie bei den Brüchen, auch das könnte ein Ablenkungsmanöver sein. Was sagt denn der Gerichtsmediziner?«
    »Für Hummel steht außer Frage, dass es ein scharfes Jagdmesser war und eine in der Gerichtsmedizin und in der Chirurgie gebräuchliche Rippenschere. Zudem wurde seiner Meinung nach sauber und ordentlich gearbeitet, mit einem Skalpell hätte es viel länger gedauert.«
    »Wie sieht seine Einschätzung bezüglich der Kraftanstrengung aus?«, fragt Alexander nach.
    »Man muss schon Kraft haben, aber das sollte nicht überschätzt werden. Mit der richtigen Technik kann man viel kompensieren.«
    Clemens nimmt noch einen Schluck Weißwein und fährt sich mit der Hand über die Stirn. Für Alexander ein Indiz, dass sein Freund sich zu konzentrieren versucht.
    »Schon am Tatort hatte ich das Gefühl, dass etwas nicht zusammenpasst. Weißt du, Brüche sind auch eine Form der Ehrerbietung an das tote Tier.«
    »Ehrerbietung?« Alexander überlegt. »Das ließe sich ganz unterschiedlich deuten.« Wieder macht er eine Pause, dann schüttelt er den Kopf.
    »Das bringt nichts, wir würden nur wild spekulieren. Ich glaube, es ist noch zu früh. Wichtig ist, dass du dir beider Optionen bewusst bist: Es kann ein Jäger sein, aber ebenso gut soll es so aussehen, als ob es ein Jäger gewesen ist. Wichtiger ist es, den Umgang mit dem Gewehr und den Umgang mit dem Messer zusammen zu sehen. Wenige können beides, und das spricht eher für einen Jäger. Aber auch ein Metzger oder Chirurg kann Sportschütze sein.«
    Alexander muss über seinen letzten Satz lächeln. Clemens kennt das. Alexander amüsiert sich über seine eigenen witzigen Bemerkungen immer am meisten. Doch diesmal zieht Clemens ihn nicht auf, sondern bleibt beim Thema.
    »Eine Frage habe ich noch. Was glaubst du als Psychologe, ist es eine Frau oder ein Mann?«
    »Jetzt stell dein Wissen nicht unter den Scheffel. Du weißt selbst, dass die Frauenquote bei Mord- und Totschlagversuchen gerade einmal bei drei Prozent liegt, also statistisch gesehen eher ein Mann als eine Frau infrage kommt. Aber das ist ein Rechenspiel mit Wahrscheinlichkeiten. Es könnte auch eine Frau gewesen sein, zwar eher unwahrscheinlich, aber möglich. Auch hier musst du es dir offen halten. Dazu hast du noch zu wenig.«
    Alexander streicht über sein Kinn. Eine Geste, die Clemens verrät, dass sein Freund mit seinen Gedanken noch nicht zu Ende ist.
    »Was gegen eine Frau

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