Ausgeweidet (German Edition)
leicht genervt heraus. Clemens bemerkt wie immer: »Nur wegen dir. Nur so können die sicher sein, dass du nicht wieder an den Apparaten herumspielst.«
Die Frotzelei der beiden hat ein jähes Ende, als ihnen Otto Kreutz auf dem Flur zu ihren Büros begegnet. Clemens nimmt die Gelegenheit wahr und informiert den Kriminalrat en passant über die anstehende Untersuchung der Waffen. Kreutz ist wie erwartet alles andere als erfreut.
»Meinst du nicht, das hätte noch Zeit gehabt? Wenn sie wirklich am Sonntag auf der Jagd gewesen ist, wird das ein teurer Spaß und bringt womöglich gar nichts.«
»Ja, ja, ich weiß, aber ich will nichts unversucht lassen. Ich rufe Pia Cremer gleich an. Ich werde sie bestimmt überzeugen können.« Clemens versucht, Optimismus auszustrahlen.
Kreutz schüttelt den Kopf. Dann lässt er das Thema fallen und berichtet kurz über die Pressekonferenz. Die Journalisten hatten für ziemlichen Wirbel gesorgt, sie mit Fragen bombardiert und nicht locker gelassen. Es sei ruhiger geworden, nachdem die Oberstaatsanwältin ein Machtwort gesprochen habe. Die Mithilfe der Presse sei zugesichert. Die Medienpräsenz sollten sie nicht unterschätzen. Schon jetzt werde der Mord bundesweit in den Nachrichten behandelt, und morgen seien die Blätter voll davon. Es würde ihn auch nicht verwundern, wenn ein paar Journalisten sich an ihre Fersen heften.
»Einen Vorgeschmack haben wir ja schon vor dem Haus von Senta Hartmann erleben dürfen«, bemerkt Maria.
»Also, gebt acht«, mahnt der Kriminalrat. »Was habt ihr jetzt vor?«
»Wir fahren gleich zu Sieglinde Frank, das ist die ehemalige Babysitterin von Senta Hartmanns Tochter. Sie betreibt ein Restaurant in der Franklinstraße«, antwortet Clemens.
Nur ein edel gestaltetes Schild macht auf das kleine französische Restaurant St. Malo von Sieglinde Frank aufmerksam. Für Düsseldorf typisch, gelangt man durch eine Toreinfahrt in ein kleines Paradies. Clemens und Maria sind angenehm überrascht, als sie den Innenhof betreten. Er ist stilvoll gepflastert und mit großen Pflanzenkübeln und einigen Holztischen ausgestattet, die fast bis auf den letzten Platz besetzt sind. Ein kleiner Weg führt zwischen den Tischen hindurch zu einem zweistöckigen älteren Haus, das vollkommen mit Efeu bewachsen ist.
Als Clemens durch den Türrahmen tritt, kann er im letzten Moment den Kopf einziehen, und auch Maria, die mit ihren 1,75 Metern nicht gerade sehr groß ist, duckt sich. Im Inneren ist es recht dunkel, sehr gediegen, aber gemütlich. Vor der Bar stehen sechs Tische, mit weißem Damast geschmackvoll eingedeckt. Kaum haben sich Clemens’ Augen an das schummrige Licht gewöhnt, muss er auch schon zur Seite treten, denn ein Ober kommt mit schnellem Schritt aus der im hinteren Teil des Hauses gelegenen Küche und balanciert gekonnt mehrere Teller auf seinem Unterarm. Der Hauptkommissar kann seinen Blick kaum von den Speisen lassen, so appetitlich sieht das Dargebotene aus. Maria, die seitlich von ihm steht, räuspert sich. Sie ahnt, was kommt. Der Ober hinter der Bar, der Getränke auf einem Tablett arrangiert, begrüßt sie freundlich.
»Hallo, wollen Sie nicht lieber bei dem schönen Wetter draußen Platz nehmen? Wir finden bestimmt noch einen freien Tisch.«
Schnell schaltet sich Maria ein, stellt Clemens und sich vor und bittet, Sieglinde Frank sprechen zu dürfen.
Der Sommelier lächelt. »Das ist jetzt ganz schlecht.« Er winkt beide zu sich und öffnet die Tür zur Küche. Dort geht es eindeutig hektisch zu. Da wird gerufen und gerannt, und mittendrin steht Sieglinde Frank in weißer Kochjacke mit Vorbinder und französischer Kochmütze und dirigiert ein gastronomisches Orchester.
»Wann wird es denn ruhiger?«, fragt Clemens.
»In einer Stunde ist der ganze Zauber erst einmal vorüber, bis es dann heute Abend wieder turbulent wird.«
Clemens schaut Maria an. »Hätten wir uns ja denken können, um diese Uhrzeit. Aber ich mache dir einen Vorschlag.«
Maria unterbricht ihn. »Ich weiß, was du sagen willst: Lass uns hier eine Kleinigkeit essen, denn heute gab es ja noch nichts.«
»Genau. Und ich lade dich ein.«
Maria schmunzelt und gibt nach. Und wirklich, draußen ist noch ein Tisch frei, direkt in der Nähe des Eingangs, windgeschützt, und sogar die Sonnenstrahlen finden den Weg in den Innenhof. Kaum hat sich Clemens seine Sonnenbrille aufgesetzt, kommt der Ober, bringt ihnen das bestellte Wasser und referiert die Gerichte des Tages.
»Als
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