Ausgeweidet (German Edition)
dann meldet sich Florian zu Wort. Er berichtet, auch bei dem Gespräch mit Sieglinde Frank habe sich nichts Neues ergeben, auch diesmal habe sie bis spät in die Nacht im Restaurant gearbeitet, wieder keine Zeugen. Nach dreiundzwanzig Uhr hätte sie unbemerkt ihr Büro im Restaurant verlassen können. Erst um zwei Uhr hat sie ihren Sommelier als Zeugen, der sich von ihr verabschiedet hat. Nach zwei Uhr war sie allein im Büro. Die nochmaligen Befragungen in der Nachbarschaft von Briest seien ergebnislos geblieben.
»Wie groß ist eigentlich Sieglinde Frank?« Clemens schaut in die Runde.
»Ich schätze sie auf 1,73 Meter. Sie könnte aber auch 1,75 Meter groß sein.«
Pia Cremer macht sich Notizen. Dabei ist sie so konzentriert, dass sie erschrickt, als Maria plötzlich einen Niesanfall bekommt, der gar nicht mehr aufhören will. Schnell verlässt sie den Besprechungsraum. Das Team ist so angespannt, dass niemand eine witzige Bemerkung macht, sondern alle weiterhin aufmerksam zuhören.
Nun ist Sonja Melchior an der Reihe. Sie erzählt, dass den zwei Bedienungen im Burghof nichts aufgefallen sei. Auch das Küchenpersonal, das ab und an nach draußen gehe, um zu rauchen, habe nichts bemerkt: keine verdächtige Person. Die Zeugin, die den Toten gefunden hat, wusste ebenfalls nicht viel zu berichten. Lediglich dass es Rainer Zufall war. Sie habe Probleme mit dem Herzen, deshalb bleibe sie bei ihren Spaziergängen schon mal stehen, habe in die Kaiserpfalz geblickt und den Toten dort hängen sehen.
»Erstaunlich, dass ihn niemand eher gesehen hat. Keine Spur, bisher noch nicht«, ergänzt die junge Kollegin.
Insgeheim hofft Clemens, dass die anderen seine Ungeduld nicht allzu sehr mitbekommen, das wäre ihm unangenehm. Denn es ist ihm wichtig, die Besprechungen auch in dieser angespannten Phase nicht durch unnötige Emotionen zu belasten. Aufmerksam sieht er alle an, da sich aber niemand mehr meldet, schildert er die Eindrücke von der Zimmerdurchsuchung bei Thomas Kirchfeld.
»Wir hatten gehofft, Hinweise auf soziale Kontakte von Kirchfeld in seinem Zimmer zu finden. Sein Vater hat nämlich die Vermutung geäußert, sein Sohn habe womöglich jemanden kennengelernt, der ihm in letzter Zeit zur Seite stand. Doch für diese Annahme haben wir keinerlei Anhaltspunkte finden können.«
Maria, die mittlerweile zurückgekehrt ist, ergänzt: »Er scheint so gut wie keine Kontakte außerhalb der Familie gehabt zu haben. Sein Zimmer und seine Playstation waren seine Welt. Hier muss er stundenlang gespielt haben, hauptsächlich Ego-Shooter-Spiele.«
»Hendrik, hast du dir den Computer von Kirchfeld schon ansehen können?«, fragt Clemens nach.
»Ja, aber ich brauche noch Zeit. Nur so viel fürs Erste: Er hat sich in einigen Chatrooms getummelt und wie es aussieht, in einem auch eine Freundin gefunden. Die haben sich intensiv ausgetauscht, auf eine rührende Weise.« Hendrik schmunzelt.
»Wie meinst du das?«, fragt Maria verblüfft.
»Na ja, so wie man es von gut behüteten Jugendlichen erwarten würde, aber nicht von einem Mann Ende Zwanzig.«
»Ist das nur ein Chatroom-Kontakt oder sind die sich auch im wirklichen Leben begegnet?«, will Clemens wissen.
»Nach der Korrespondenz zu schließen, besteht der Kontakt noch nicht lange. Getroffen haben sie sich noch nicht.«
»Kannst du herausfinden, wer sich hinter dem Fantasienamen im Chat versteckt?«
»Ja. Ich habe Kontakt zu dem Betreiber aufgenommen. Die Daten bekommen wir zeitnah.«
»Wann?«
»In einigen Stunden. Ab und an hat er auch Porno-Seiten aufgerufen. Aber auch hier nichts wirklich Außergewöhnliches. Nichts, was über pubertäre Neugierde hinausgeht.«
Clemens überlegt kurz, dann verteilt er weitere Aufträge. »Wir müssen mehr über Thomas Kirchfeld in Erfahrung bringen. Hendrik, bleib dran, und Sonja, wenn Christian wieder einsatzbereit ist, dann befragt seine Eltern etwas ausführlicher. Frau Kirchfeld geht es wieder besser, obwohl sie immer noch zur Beobachtung im Krankenhaus liegt.«
Maria informiert die Kollegen noch darüber, dass sie und Clemens sich entschlossen haben, heute Abend nochmals in den Salon zu gehen.
Clemens bittet Sonja, für den Abend vor dem Petit Salon eine Streife abzukommandieren, die den Verdächtigen ›Der Blasse‹ unauffällig überprüfen soll, um an die Personalien zu kommen.
Kreutz, der sich bisher alles in Ruhe angehört hat, ist wenig erbaut.
»Und wenn das wieder ein Schuss in den Ofen ist?«
»Was soll da
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