Ausgewichtelt
Landschaft, die den Weihnachtsmann in eine gelassene, entspannte Stimmung versetzte. Lange blieb er jedoch nicht stehen. Bald glitt er wieder durch den Schnee, denn er wollte unbedingt die Kälber sehen.
»Herzlich willkommen, Weihnachtsmann. Du kommst gerade recht zum Birkenblatt-Tee.«
»Danke, Sampo. Heißer Tee tut gut nach dem Skilauf. Gehen wir anschließend gleich zu den Kälbern?«
Der Tee war schnell getrunken, und sie eilten an den Waldrand, wo die Rentierkühe zufrieden Flechten fraßen. Der glückliche Rentiervater stupste die Kälber auffordernd an.
»Geht ein bisschen näher heran, Kälbchen, damit der Weihnachtsmann euch richtig sieht.«
»Wie schön und kräftig sie sind! Herzlichen Glückwunsch!«
»Tja, alle drei sind wirklich groß und stark«, sagte das Zauber-Ren stolz.
»Sieht man ihnen schon an, ob sie Zauberkraft haben?«
Sampo neigte nachdenklich den Kopf.
»Ich bin mir nicht sicher. Das goldene Geweih ihres Vaters scheinen sie nicht geerbt zu haben, aber siehst du den Schimmer an ihren Flanken?«
Wenn die Kälber sich umdrehten, spiegelte sich das Licht des Wintertages strahlend hell in ihren Flanken.
»Was für ein schöner silberner Schimmer! Ganz bestimmt haben sie Zauberkraft.«
»Das glaube ich auch. Aber lassen wir sie erst einmal in Ruhe aufwachsen, mit der Zauberkraft ist es nicht so eilig.«
Die Sonne schien bereits heiß, und der Schnee drohte weich zu werden. Der Weihnachtsmann dankte für die Bewirtung und versprach, bald wieder vorbeizuschauen.
Ein Tag folgte dem anderen, und der Frühling eroberte die Fjells. Gerade noch hatte überall Schnee gelegen, doch nun kamen hier und da bereits Felsen, Baumstümpfe oder ein Stück Heideboden zum Vorschein. Bald würde der Weihnachtsmann die Skier an die Speicherwand hängen, wo sie durch die Traufe geschützt waren. Zu Fuß würde er auf den feuchten, matschigen Fjells, wo man immer wieder einzelne Schneeflecken umgehen musste, nur noch langsam vorwärts kommen. Er beschloss, noch eine letzte lange Skiwanderung ins große Moor zum Hausteich der Kraniche zu machen.
Die Schneefläche, über die er lief, war bestickt mit kleinen abgebrochenen Zweigen und Nadeln, die von den Bäumen gefallen und dank der Sonnenwärme in den Schnee eingesunken waren. Der Frühling war überall, und alle hatten es im Frühling eilig: Waldmäuse und Lemminge bauten ihre Nester, die Vögel balzten, und die Füchse bellten Grüße von einem Fjell zum anderen. Der Weihnachtsmann pflückte hier und da Frostpreiselbeeren und steckte sie sich in den Mund. Die einzelnen Beeren, die im letzten Sommer am Preiselbeerkraut hängen geblieben waren, hatten im Frost einen so pikanten Geschmack angenommen, dass einem schon beim bloßen Gedanken daran das Wasser im Mund zusammenlief. Langsam lief der Weihnachtsmann weiter, und als er den Sumpfteich erreichte, sah er, dass das Eis auf dem Teich wässrig und grau geworden und zu brüchigen Stangen geschmolzen war. Die Frühlingssonne hatte eine umgestürzte Birke am Ufer vom Schnee befreit. Der Weihnachtsmann setzte sich darauf, lehnte sich an den Baumstumpf und genoss die Wärme. Harzgeruch lag in der Luft, und auf den Wangen spürte er die Kraft der Sonne.
Es war ganz still, doch plötzlich war ein Rauschen zu hören. Ein Windstoß vom Fjell blies über den Teich, und da begann das Eis zu singen. Die vom Wind geschüttelte Eisdecke zerbrach in Eiszapfen, die klingelten, klirrten und läuteten, als schlügen Tausende und Abertausende Glöckchen. Der Weihnachtsmann schloss entzückt die Augen. Da hörte er das Geräusch, auf das er so lange gewartet hatte, das Geräusch, das seiner Meinung nach den wirklichen Frühling nach Lappland brachte.
Von weither hinter dem Fjell erschallte der mächtige Ruf eines Kranichs, der seine Ankunft im Sommerrevier verkündete. Ein zweiter Kranich antwortete, und bald kreisten beide hoch oben über dem Sumpfteich. In den Sonnenstrahlen erschienen ihre schimmernden Leiber wie silberne Spiegel. Lautlos, mit gereckten Hälsen, durchstießen die Kraniche wie stählerne Keile die kalte Frühlingsluft. Als sie über den Weihnachtsmann hinwegflogen, hörte er das tiefe Rauschen der Flügel und sah die abstehenden Schwingfedern, die wie feinste Klöppelspitze die mächtigen Flügel schmückten. Der eine Kranich warf einen Blick nach unten, dann landeten beide mit lautem Rauschen am Ufer des Teichs.
»Wir wünschen dir ein schönes Frühjahr, Weihnachtsmann!«
»Herzlich willkommen,
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