Ausgewichtelt
Kraniche! Wenn ihr eintrefft, ist es wirklich Frühling.«
»Hast du den Winter am Korvatunturi gut überstanden?«
»Sehr gut, danke der Nachfrage. Ich habe Wichtel als Helfer in mein neues Haus aufgenommen, die sich als sehr fleißig erwiesen haben. Die Waldtiere sind besser versorgt als je zuvor, der Speicher ist mit Weihnachtsgeschenken gefüllt, und auch alle anderen Arbeiten werden von flinken Händen erledigt.«
»Wir haben es jetzt auch eilig. Wir wollen in diesem Sommer mindestens zwei Junge großziehen, wenn alles so läuft, wie wir hoffen. Kommst du uns später besuchen?«
»Ganz sicher komme ich im Sommer vorbei. Viel Glück beim Eierlegen und Brüten. Im Sommer werdet ihr schwer beschäftigt sein, wenn ihr in einem Jahr gleich zwei Junge aufziehen wollt.«
»Unser Nistplatz ist so gut, dass wir es bestimmt schaffen. Aber wie willst du eigentlich alle deine Wichtel satt machen, wenn der Winter kommt?«
Diese Frage traf den Weihnachtsmann unvorbereitet. Tatsächlich, womit sollte er im nächsten Winter die vielen Wichtel ernähren? Er beschloss, am nächsten Tag Sampo Lappalainen zu besuchen und ihn um Rat zu fragen.
Kapitel 11
G ehen wir nun, oder gehen wir nicht? Du hast schon vor Tagen gesagt, dass wir Sampo Lappalainen besuchen wollen.«
Der Weihnachtsmann ächzte und hievte sich aus dem Bett. Als er vor drei Tagen vom Kranichteich zurückgekehrt war, hatte ein kalter Wind geweht, und seitdem hatte er Schnupfen. Er wäre gern liegen geblieben, denn trotz des Sonnenscheins zog es ihn nicht nach draußen. Doch die eifrige Krähe war nicht zu bremsen.
»Warum müssen wir ausgerechnet heute hingehen? Morgen ist es auch noch früh genug«, wandte der Weihnachtsmann ein. »Im Wald ist es feucht. Die Schuhe werden sofort nass, und die Feuchtigkeit steigt an den Hosenbeinen hoch bis zu den Knien.«
»Mach schnell! Es ist ein perfekter Frühlingstag, und das Jucken in meinen Nackenfedern sagt mir, dass heute etwas ein für alle Mal Besonderes passiert.«
»Ich spüre überhaupt nichts in den Nackenfedern«, gähnte Kyksi. »Ich bleibe lieber hier bei den Wichteln. Grüßt Sampo von mir.«
Die Schuhe des Weihnachtsmannes wurden schon bei den ersten Schritten im Wald nass, doch wider Erwarten störten ihn die nassen Füße nicht. Der Schnupfen schien im Sonnenschein zu vergehen, und es machte Spaß, von einem schneefreien Fleck zum nächsten zu springen. An diesen Stellen, wo der Schnee bereits geschmolzen war, richtete sich das in frischem Grün leuchtende Preiselbeer- und Blaubeerkraut auf. Es hatte den ganzen Winter darauf gewartet, unter der Schneedecke hervorzukommen, und reckte sich nun der Sonne entgegen.
Der Wald war erfüllt vom seltsamen Geräusch des Schmelzwassers. Die Bäche glucksten und plätscherten, von den Felsen tropfte das Wasser in langen Schnüren, und alles roch nach Frühling. Bald würde der Schnee nur noch eine blasse Erinnerung sein, und aus Trieben und Keimen würde in fiebriger Eile das satte Grün sprießen und bald jeden Flecken Erde unter der hellen Sonne Lapplands bedecken.
»Man spürt wirklich, dass der Frühling angebrochen ist«, sagte der Weihnachtsmann, als sie bei einer kleinen Kiefer rasteten.
»Kraak, und wie schön der Frühling klingt!«
»Ja, stimmt. Die Vögel singen aus voller Kehle. Hör mal, Krähe, ich habe viel über den silbernen Schimmer nachgedacht, den ich an den Kälbern des Zauber-Rens gesehen habe. Sampo meint, sie hätten sicher irgendwelche magischen Kräfte, denn gewöhnliche Rentiere schimmern nicht so. Glaubst du, sie können fliegen wie ihr Vater? Stell dir mal vor, wenn am nächsten Weihnachtsabend nicht nur das Zauber-Ren, sondern auch seine drei Söhne fliegen würden. Dann könnte ich mit vier Schlitten fahren. Was sagst du dazu, Krähe?«
Die Krähe antwortete nicht, und als der Weihnachtsmann aufstand und sich nach ihr umsah, merkte er, dass sie auf dem Kiefernast sitzen geblieben war.
»He, es geht weiter!«
Die Krähe reagierte nicht, sie hockte wie berauscht auf ihrem Ast, den Kopf schräg gelegt, und starrte in die Ferne.
»Krähenjunge? Was ist mit dir?«
Die Krähe hörte ihn gar nicht. Sie schloss verträumt die Augen, öffnete den Schnabel und gab ein leises, verzücktes Krächzen von sich.
»Oh, wie herrlich«, flüsterte sie.
»Krähe? Wach auf, Krähe! Was ist herrlich?«
Der Weihnachtsmann reckte sich und stupste die Krähe an, die wie ein Stein vom Ast fiel und in das weiche Moos kullerte.
»Oh, wie
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