Ausgewichtelt
herrlich«, seufzte sie erneut.
Nun war der Weihnachtsmann ernsthaft besorgt. Was war denn bloß in die Krähe gefahren? Er hob sie vorsichtig auf, tastete der Reihe nach ihre Beine und Flügel ab und stellte fest, dass alles in Ordnung war. Und doch seufzte der Vogel in einem fort und hielt die Augen halb geschlossen. Hatte er sich den Kopf angeschlagen? Der Weihnachtsmann legte die Krähe zurück aufs Moos, nahm seine Wasserflasche aus dem Rucksack und goss eine ordentliche Portion über das Tier.
»Kraak!«, rief der Krähenjunge und flog auf den Ast. Sein Blick war endlich wieder klar. »Warum hast du mich nass gespritzt? Gerade jetzt, da ich unbedingt schick aussehen muss!«
»Schick? Wir sind auf dem Weg zu Sampo; dem ist es egal, ob du geschniegelt und gebügelt bist. Was ist denn los mit dir?«
»Hör doch mal genau hin, Weihnachtsmann!«
Und endlich hörte er es. Zwischen all dem Geplätscher, dem Zwitschern, Gurren und Tschilpen war weit weg die Stimme einer Krähe zu hören.
»Kraak!«
Der Weihnachtsmann sah, dass sein lieber Krähenjunge schauderte. Seine Nackenfedern sträubten sich wie nie zuvor, und in seinen Augen entzündete sich ein ganz neuer Glanz. Er schüttelte die Wassertropfen ab, krächzte zur Antwort, breitete die Schwingen aus und flog auf.
»Wohin willst du denn?«, rief der Weihnachtsmann verdutzt.
»Wohin die fremde Krähe mich führt. Sie ist ein Weibchen, und sie sucht einen Partner. Jetzt muss ich mich sputen!«
»Na schön, viel Glück. Wann kommst du denn zurück? Wir haben doch noch allerhand vor!«
»Ich komme, wenn sie mich weglässt. Das ist ein für alle Mal ein aufregender Moment. Grüß Kyksi von mir. Ich komme zurück, wenn ich kann!«
Der Krähenjunge schwang sich mit kräftigen Flügelschlägen hoch über die Fichtenwipfel und flog laut krächzend zu seiner neuen Freundin.
Bald war er nur noch ein kleiner Punkt weit hinter dem Wald. Er schaute sich kein einziges Mal um, sondern flog direkter und schneller und freudiger als je zuvor. Der Weihnachtsmann setzte sich ins Moos und seufzte schwer, lachte dann aber auf und entschloss sich, seinem gefiederten Freund sein Glück zu gönnen. Der Krähenjunge erlebte wahrhaftig eine aufregende Zeit.
Sampo lachte vergnügt, als er hörte, dass die Krähe eine Gefährtin gefunden hatte.
»Es ist eben Frühling, Weihnachtsmann! Sei nicht traurig, der Krähenjunge kommt sicher wieder zu dir zurück. Komm, schau dir an, was die Kälbchen inzwischen gelernt haben.«
Auf Sampos Pfiff trabten die jungen Rentiere sogleich heran.
»Futter, hast du uns Futter mitgebracht?«, riefen sie, tollten umher und stupsten Sampo mit ihren weichen Mäulern an.
»Siehst du, wie leichtfüßig sie springen, Weihnachtsmann? Als ob sie jetzt schon fliegen wollten. Als ich gestern Abend die Zaubertrommel geschlagen habe, gab sie mir zu verstehen, dass die drei vielleicht schon in der nächsten Weihnachtsnacht fliegen können.«
»Prächtige Tiere. Mit vier Schlitten könnte ich den Kindern alles Spielzeug, das die Wichtel gebastelt haben, auf einmal bringen. Aber etwas anderes, Sampo, ich mache mir Sorgen um meine Vorräte. Es sind so viele Wichtel zum Korvatunturi gekommen, dass mein Getreide wohl nicht ausreicht, um den ganzen Winter über Brei für sie zu kochen.«
»Ich kann dir einen Sack Getreide mitbringen, wenn ich im Sommer in den Süden fahre, um Handel zu treiben. Wie viele Wichtel hast du denn jetzt im Haus?«
Der Weihnachtsmann zählte leise. Da waren Onni aus der Darre und Oiva aus der Schmiede und deren acht nächste Vettern, dann fünf andere Darrenwichtel und deren Vettern sowie zehn Speicherwichtelinnen. Und fast jeden Tag kam irgendein neuer dazu. Gestern erst war der ehemalige Saunawichtel Otto eingetroffen, der Unmengen an Brei verdrückte.
»Mehrere Dutzend, und es kommen immer neue dazu.«
»Dann reicht ein Sack nicht einmal bis Weihnachten. Aber ihr könntet doch Beeren pflücken und fischen. Getrockneter Fisch ist eine gute Speise. Und im Herbst könnt ihr Pilze sammeln und sie ebenfalls für den Winter trocknen.«
Getrockneter Fisch war kein Wichtelessen, und Pilze würden ihnen auch nicht recht schmecken, vermutete der Weihnachtsmann. Am liebsten mochten sie Brei. Aber Sampos Rat war dennoch gut. Zumindest brauchten sie nicht zu hungern, sondern nur auf ihr Lieblingsgericht zu verzichten.
»Danke, Sampo, das ist ein guter Rat. So machen wir es. Der eine Speicher ist für die Geschenke da, aber den anderen
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