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Ausgezählt

Ausgezählt

Titel: Ausgezählt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Eckert
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weiß.«
    Er dachte an das Renommee, das politische Korrespondenten besaßen. Sie glaubten, die Fernsehzuschauer hielten sie für wichtig. Sie sonnten sich in der Nähe der Macht. Ihre Karrieren gründeten sich oft auf Anbiederung – auch eine Art der Korruption.
    Karen war nicht der Typ dafür.
    »Lass uns heute Abend darüber reden«, schlug Bruno vor.
    »Bei mir wird’s heute später. Uraufführung im Schauspielhaus. Danach feiert die Intendantin ihr Dienstjubiläum. Die Bilder brauch ich für den Anfang des Berichts. Du weißt, wie umstritten ihre erste Amtszeit war. Wenn mein Stück zündet, krieg ich vielleicht die Festanstellung.«
    Vor dem Auflegen tauschten sie zärtliche Worte. Sie hatten am Morgen die Matratze strapaziert und ihre Dosbas vereinigt. Bruno hatte verloren geglaubte Fähigkeiten entdeckt.
    Beflügelt von Erinnerungen: seine erste Reise mit Fred und der Campingplatz von Saintes Maries de la Mer. Das enge Zelt. Seine Uraufführung.
    Zunächst war er zu aufgewühlt gewesen, um zu bedauern, dass er Moppel und nicht die Schönheit abbekommen hatte. Dann irritierte ihn das laute Grunzen seiner Partnerin. Ihre hektischen Bewegungen. Als sie fertig war, löste er sich rasch von Corinne und wickelte den Präser in ein Tempo, um zu verbergen, dass die Gummitüte leer geblieben war.
    Neben ihnen trieb es Fred mit der dunklen Schönen. Das endlose Geschiebe der beiden brachte Corinne noch einmal in Fahrt’. Sie stülpte Bruno einen frischen Präser drüber und hockte sich auf ihn. Sie wackelte und grunzte. Beim zweiten Anlauf musste Bruno den Orgasmus nicht vortäuschen.
    Damals hatte er sich Karen vorgestellt. Das gescheite Mädchen mit den dunklen Augen. Freds Freundin.
    Kästner streckte seinen glänzenden Schädel zur Tür herein und pochte gegen den Rahmen. »Träumst du, Wegmann? Wir müssen los, Leichensache.«
     
    Die Sache erwies sich als ›toter Vogel‹, als natürlicher Tod, den der Notarzt nur deshalb nicht bescheinigt hatte, weil er die Verstorbene nicht kannte. Ihr Sohn hatte sie entdeckt, als er von der Arbeit nach Hause gekommen war. Er zeterte, wie unverschämt es sei, dass die Polizei ihn verdächtigte. Kästner fotografierte das Zimmer und die Leiche, Bruno befragte den Burschen, der mit fünfundfünfzig noch immer bei der Mutter lebte. Er versuchte, den Sohn zu beruhigen. Anschließend folgten die Kripomänner den Bestattern zum rechtsmedizinischen Institut.
    Um ein Tötungsdelikt auszuschließen, untersuchte Bruno die nackte Oma bis in alle Körperöffnungen auf Anzeichen von Fremdeinwirkung. Kästner notierte den Befund. Nichts zu finden, keine Aufschürfung, kein Hämatom. Keine Würgemale am Hals, auch keine Einblutungen auf Augenlidern oder Bindehaut, die auf Erstickung mit einem Kissen hinweisen würden.
    Wer sich vor Leichen ekelte, war bei der Kriminalwache schlecht aufgehoben. Dass nur jeder zweite Mord als solcher erkannt würde, war ein Gerücht, das Rechtsmediziner in die Welt setzten, um mehr Obduktionen genehmigt zu bekommen.
    Auf dem Rückweg raste sein Partner noch unachtsamer als sonst, als wollte er Bruno provozieren, selbst das Steuer zu übernehmen. Über die Anzeige verlor Kästner kein Wort mehr.
    Bruno verriet ihm, dass der Totschläger den zuständigen Sachbearbeiter nicht erreicht hatte. Der Kahle zeigte sich erleichtert.
    Bruno sagte: »Jemand hat die Beweismitteltüte geklaut. Warst du das?«
    »Spinnst du?«
    »Außerdem frag ich mich, woher mich der Tünnes kannte.«
    Die Ampel vor ihnen sprang auf Gelb. Sein Partner beschleunigte und jagte über die Kreuzung. »Reagierst du irgendwas ab beim Fahren?«, fragte Bruno.
    Kästner antwortete: »Niederrheinmeister im Partner-im-Stich-Lassen. Es gibt Kollegen, die meinen, da sei echt was dran.«
    »Fang du nicht auch noch an!«
    »Ich kann mir denken, wo ihr euch schon mal begegnet seid. Im Ring, daher die Narben.« Kästner gluckste. Sein Scherz gefiel ihm.
    Bruno grübelte, wer das Lederschätzchen auf dem Weg vom Ablagefach der Kriminalwache bis zur Polizeiinspektion Mitte an der Karl-Rudolf-Straße abgefangen haben konnte. Kästners Besorgnis hatte echt geklungen und Bruno hielt ihn nicht für gerissen genug, um zu schauspielern.
    Der Kahle ließ die Schaltung krachen, bog ab und beschleunigte den Omega in östlicher Richtung.
    »Wo willst du hin?«, fragte Bruno.
    »Sundowner. Ich war übrigens gestern nach Dienstschluss noch da.«
    »In der Dönerbude?«
    »Versprichst du mir, dass du meiner Frau

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