Außer Atem - Panic Snap
lächelnd den Kopf schüttelt. »Schlaf weiter«, sagt er. »Es ist noch mitten in der Nacht.«
Ich habe vergessen, dass heute Nacht etwas Besonderes ansteht. Er experimentiert mit einem Fass Portwein und muss die Gärung überprüfen. Der richtige Zeitpunkt, hat er mir neulich erklärt, ist das Entscheidende. Wenn er die Gärung nicht im richtigen Moment stoppt, waren all seine Bemühungen vergebens.
Er streicht mit den Lippen über meine Haut und flüstert: »Bis später.« Und dann höre ich ihn die Treppe hinuntergehen und das Haus verlassen.
Ich versuche, wieder einzuschlafen, doch es gelingt mir nicht. In der vergangenen Woche, auf unserer Bergwanderung, hat er mir einen Schlüssel gegeben. Er hat meine Wange gestreichelt und gesagt, in meinen Augen sei etwas Unschuldiges und Verwundbares, das um Schutz bitte, ob ich das nun wolle oder nicht. Seine Worte haben mich überrascht. Alle Leute sehen eine eigenartige Kälte in meinem Gesicht, doch er hat etwas ganz anderes darin entdeckt. Dann drückte er mir seinen Schlüssel in die Hand, und mir wurde klar, dass er mich wirklich liebte.
Als ich aufstehe, stolpere ich fast über eine meiner Hanteln; sie ist unter dem Bett hervorgerollt, wo ich sie jetzt aufbewahre. Ich trainiere noch immer täglich, als wäre das Gewichtheben eine Übung zur Verteidigung, als könnte es für die Zukunft Verletzungen verhindern. Das kann es nicht.
Ich schiebe die Hantel unter das Bett zurück und denke, dass es vielleicht an der Zeit ist, nicht mehr mit dem Schlimmsten zu rechnen. Ich ziehe mich an, nehme meinen Wagenschlüssel von dem Tisch neben der Haustür und fahre die gewundene Straße hinunter. Die Nacht ist schwarz und kalt. Der Wechsel der Jahreszeiten hat sich schleichend vollzogen – kürzere Tage, kühlere Morgentemperaturen, eine frischere Luft, gedämpfte Farben statt der hellen sonnendurchfluteten –, doch nun ist wirklich Herbst.
Ich fahre zur Weinkellerei. Der schwarze Cherokee parkt neben dem efeuberankten Gebäude, in der Nähe des Eingangs zum Büro. Ich öffne die Tür. Die Luft ist erfüllt vom Hefegeruch der Weingärung. Dieser Geruch ist überwältigend, unvergesslich – ein berauschender Duft von süßen Früchten und scharfer Hefe und ein schwaches Prickeln von Kohlendioxid in der Luft. James sitzt vor dem Computer – offenbar ist es noch nicht an der Zeit, die Gärung der Portweintrauben zu stoppen – und er schaut mit fragender Miene auf, als ich hereinkomme.
»Ich konnte nicht mehr schlafen«, sage ich und gehe zu ihm. Oben auf dem Aktenschrank sehe ich die weiße Stiefelschachtel stehen. James hat gesagt, ich könnte sie haben. Ich bleibe hinter ihm stehen, lege ihm die Hände auf die Schultern und lasse sie zu seiner Brust hinabgleiten. Sein blau-grau kariertes Wollhemd fühlt sich weich an. Er trägt verwaschene Jeans und unter dem Hemd ein weißes T-Shirt. Ich mag es, wenn er Jeans trägt und sich der Stoff über seinen Oberschenkeln spannt, als könnte er die Muskeln kaum bändigen. James lehnt sich zurück und legt eine Hand auf meine.
»Hast du nachher Zeit zum Frühstücken?«, frage ich. »Ich wollte Waffeln backen.« Ich lege den Kopf auf seine Schulter und schließe, noch immer müde, die Augen. »Kardamom-Sauerrahm-Waffeln. Mit Preiselbeerbutter und Obst aus der Dose.«
Er zieht mich zu sich herum. Ich setze mich rittlings auf seine Beine und ziehe meinen braunen Rock hoch. Meine Hinterbacken und Oberschenkel sind von dem Peitschen gestern Abend mit dünnen Linien und blauen Flecken bedeckt. Ich trage
seine
Spuren. Ich habe mich ihm ergeben, mich nicht nur dem Schmerz ausgeliefert, sondern auch seinem Willen. Ich nehme hin, was er mir gibt – und es gefällt mir. Ich kann nicht länger so tun, als unterwürfe ich mich ihm nur, um Informationen über meine Vergangenheit zu erlangen. Möglich, dass ich das alles aus einer Notlage heraus begonnen habe, doch nun mache ich aus Verlangen weiter. Seine Liebe verschlingt mich.
Ich umarme ihn. Der raue Stoff seiner Jeans reibt über meine nackte Haut. Ich lege den Kopf an seine Brust und lausche dem stetigen Schlag seines Herzens, diesem beruhigenden Pulsschlag des Lebens. Ich atme den berauschenden Gärungsgeruch ein. Im angrenzenden Raum schlägt der Traubensaft blubbernd und schäumend Blasen und verwandelt sich in Wein, während die Hefe den Zucker der Trauben in Alkohol und Kohlendioxid aufspaltet. Es ist ein kraftvoller, wilder Prozess, lebendig und überschwänglich und sehr
Weitere Kostenlose Bücher