Außer Atem - Panic Snap
eine weitere Lampe an, die auf einer Kommode steht. Er betrachtet mich eingehend, inspiziert meinen Körper, als handelte es sich um einen Bauplan, der sorgfältig geprüft werden muss. Es gibt keine Berührung. Mit jeder weiteren Minute fühle ich mich unbehaglicher. Ich habe das Gefühl, dass meine Narben sich ausdehnen und sich wie Krampfadern über meinen Körper schlängeln. Ich weiß, dass ich mir das nur einbilde. Die meisten Narben sind verschwunden, und die wenigen, die sich von tieferen und schwereren Wunden gehalten haben, sind nach fünfzehn Jahren der Heilung verblasst, nur noch dünne weiße Linien, fadenzarte Striche.
Er sagt, ich solle mich umdrehen, betrachtet meine Rückseite, und als er damit fertig ist, darf ich mich wieder umdrehen. Noch immer berührt er mich nicht.
Als Nächstes studiert er mein Gesicht. Es ist entnervend, von jemandem so lange auf jede Einzelheit und jeden Makel hin angestarrt zu werden. Die Ärzte haben sich mit meinem Gesicht besondere Mühe gegeben. Sie haben extra kleine Stiche gemacht und die Verbände häufig gewechselt, um die Narbenbildung so gering wie möglich zu halten. Tatsächlich gibt es nur wenige, verborgene Narben in meinem Gesicht, im Haaransatz, am Ohr, unter dem Kinn. Dennoch machen mich auch nach all diesen Jahren derart prüfende Blicke verlegen.
Schließlich sagt er sanft: »Du hast etwas Verletzliches um die Augen herum.«
Ich denke, natürlich sehe ich verwundbar aus – du hast mir ja die Jochbeine mehrfach gebrochen.
Wieder starrt er mir ins Gesicht. Ich schaue zur Seite und kann das alles kaum ertragen. Bislang haben mich nur meine Ärzte so eingehend und so lange gemustert.
Als er fertig ist, neigt er sich leicht zurück. Erst jetzt sehe ich ihn an. »Du hast ein paar Narben«, sagt er.
Sofort werde ich wachsam, fürchte, dass er ahnt, wer ich bin, obwohl ich weiß, dass das wenig wahrscheinlich ist. Mein Herz hämmert. »Als Kind war ich ein Wildfang«, sage ich, um einen unbefangenen Ton bemüht.
Seine Finger berühren meine Haut, und ich zucke augenblicklich zusammen. Er fährt die Narbe auf meiner Hüfte nach.
»Die sehen nicht viele Männer«, sage ich aus reiner Nervosität. Es ist die Wahrheit. Ich liebe gern im Dunklen. Wenn ein Mann die Narben bemerkt, dann erst am nächsten Morgen – und auch das ist selten. Ich habe festgestellt, dass Männer am Morgen danach nicht sehr aufmerksam sind.
»Ich habe sie gesehen«, erwidert er und fährt über eine weitere Narbe in der Nähe der Taille. Sein Finger streicht langsam und sacht über die Haut wie eine Feder. Ich halte den Atem an.
Er schaut auf und fragt: »Bist du nervös?«
Ich nicke.
»Gut«, sagt er. »So soll es sein.«
Er legt mir beide Hände um die Taille und hält mich fest. Dann beugt er sich vor und leckt überraschend über die Narbe. Seine feuchte Zunge vollführt ein Glissando von feuchter Haut über Haut, eine Geste, so sinnlich, dass ich mich fast entspanne, dass ich mich der sanften Bewegung seiner Zunge beinahe überlasse. Und dann beißt er zu.
Ich schnappe nach Luft, als ich den stechenden Schmerz spüre. Er hält mich fest. Seine Hände umspannen meine Taille so sicher, dass ich nicht ausweichen kann, und er beobachtet mich, als ich an mir herunterschaue und die Abdrücke seiner Zähne auf meiner blassen Haut betrachte. Es ist kein Blut zu sehen, aber sein Biss war auch nicht sanft gewesen. Es tut weh.
Er packt mich noch fester und fängt von vorn an. Erst lecken, dann beißen. Er wandert von einer Narbe zur nächsten und übernächsten. Ich beiße mir auf die Lippe, um nicht aufzuschreien, doch nach ein paar Minuten beginne ich zu weinen, lautlos, wütend, nur ein paar Tränen, ein stiller Protest gegen seine Zähne. Ich weine nicht vor Schmerz – so hart beißt er nicht zu –, sondern weil ich es gemein finde, dass mir über den alten Wunden neue zugefügt werden. Ich verberge meine Narben, und er vergrößert sie. Er sieht meine Tränen, hält aber nicht inne, sondern dreht mich herum und macht weiter, die Hände immer noch fest um meine Taille.
Nachdem er aufgehört hat, zieht er mich auf seinen Schoß. Betrachtet die Bissspuren auf meinem Körper, die viel deutlicher zu sehen sind als die Narben. Morgen werde ich überall blaue Flecken haben. Er legt mir die Hand aufs Gesicht, das immer noch feucht ist von meinen Tränen. Er ist so viel größer als ich, dass ich mir auf seinem Schoß wie ein Kind vorkomme.
»Hast du das gewollt?
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