Außer Atem - Panic Snap
Weißer Puder schießt hervor und löscht sie. Wieder und wieder drückt Gina den Hebel herunter und besprüht die Flammen auf der Arbeitsplatte, bis das Feuer gelöscht ist. Am Ende ist alles von einer weißen Puderschicht bedeckt. Schweigend stehen wir da.
»Wie...«, stammelt Mrs. McGuane und verstummt. Sie steht in der Tür, eine Hand in ihrer Bluse verkrallt, und ihr Gesicht ist aschfahl. »Wie...«, setzt sie noch einmal an. Sie ist kaum zu hören, und auch diesmal spricht sie nicht weiter. Sie schüttelt nur langsam den Kopf, sie ist schockiert, glaubt nicht, was sie sieht.
Gina deutet auf ein Häufchen Asche auf dem Herd. »Ein Küchenhandtuch muss Feuer gefangen habe«, sagt sie. »Vielleicht auch ein Topflappen. Dann sind die Flammen auf den Tresen übergesprungen.« Sie tritt näher und dreht den vorderen Brenner des Herds aus. Beide sehen sie mich an.
»Es tut mir so Leid«, sage ich. »Ich...«
Mrs. McGuane, die sich von ihrem Schock erholt hat, unterbricht mich mit scharfer Stimme: »Wir hatten hier noch nie ein Feuer!« Ihr Gesicht ist vor Zorn gerötet. »Niemals! Wie konnten Sie nur so unvorsichtig sein? Nennen Sie mir einen Grund, warum ich Sie nicht sofort entlassen sollte«, fordert sie, stapft aber aus der Küche, noch ehe ich antworten kann.
Gina sieht mich kühl an und sagt: »Meine Mutter hat eine Todesangst vor Feuer. Als Kind konnte sie sich einmal gerade noch aus einem brennenden Haus retten.«
Ich gehe zum Herd und begutachte den Schaden. Die Arbeitsplatte wird erneuert werden müssen, die Frontseite eines Unterschranks ebenso. Das Feuer sah schlimmer aus, als es war; vor allem haben sich die Flammen offenbar an den Kochbüchern gespeist, die ich in einer langen Reihe auf der Arbeitsplatte stehen hatte.
»Ich weiß nicht, wie das passieren konnte«, sage ich verwirrt. »Ich würde nie ein Handtuch auf dem Herd liegen lassen. Und ich würde auch nie vergessen, einen Brenner auszuschalten. Niemals.« Ich sehe zu Gina hinüber. »Sie waren zuletzt in der Küche«, füge ich hinzu.
Sie zuckt die Achseln. »Ich habe nichts gesehen.«
»Sie sind durch die Küchentür hereingekommen.«
»Ja«, sagt sie, »aber ich war spät dran. Ich habe mich gar nicht umgesehen. Mir ist nichts aufgefallen. Ich bin sofort ins Esszimmer gegangen.«
Sie kommt zu mir und legt mir den Arm um die Schulter. »Niemand ist verletzt worden«, sagt sie. »Es hätte viel schlimmer kommen können.« Wir betrachten gemeinsam den verkohlten Unterschrank.
Gina sagt: »Sie sehen auch ganz schön mitgenommen aus. Warum gehen Sie nicht nach Hause? Wenn meine Mutter sich beruhigt hat, werde ich mit ihr sprechen.«
8
Ich stehe am Schalter im Einwohnermeldeamt und warte ungeduldig darauf, dass die Frau endlich die Kopie von Anna McGuanes Sterbeurkunde fertig hat. Die Frau macht einen etwas chaotischen Eindruck: Ihr Haar ist ein Gewirr aus kurzen grauen Kräusellöckchen, ihr grünes Kleid mit ausgestelltem Rock und asymmetrischem Kragen ist zerknittert. Sie betrachtet das Blatt, das der Kopierer eben ausgeworfen hat, und schüttelt den Kopf.
»Wir haben Probleme mit dem Kopierer«, erklärt sie. Die Goldkette, an der ihre Brille befestigt ist, hängt wie zwei große, glitzernde Schaukeln unter ihren Ohren.
»Sie muss nicht perfekt sein«, sage ich. Ich will nur wissen, wie James' Frau gestorben ist, und das dauert mir alles viel zu lange. Erst musste ich warten, weil die Frau einem älteren Mann behilflich war. Als ich endlich an die Reihe kam, hatte sie Mühe, Annas Sterbeurkunde ausfindig zu machen, und nun funktioniert der Kopierer nicht richtig. »Es genügt, wenn ich sie entziffern kann.«
Zögernd kommt die Frau mit der Kopie herüber. Da ich schon ein Formular ausgefüllt und unterschrieben habe, nimmt sie nun mein Geld entgegen und zählt es langsam. Endlich gibt sie mir die Kopie.
»Danke«, sage ich und greife danach, eile zur Tür und überfliege die Urkunde. Unfalltod. Schädeltrauma nach einem Sturz aus sechs Meter Höhe. Eine Menge medizinischer und gerichtsmedizinischer Fachausdrücke folgen, die ich nicht verstehe. Sterbedatum.
Blinzelnd überprüfe ich das Datum noch einmal, spüre, wie mein Herz zu hämmern beginnt. Ich starre das Dokument an, das Datum. Meine Handflächen werden feucht, mein Mund trocken. Die Ader an meiner Schläfe pulsiert wie verrückt, vor Panik, vor Entsetzen oder vor beidem: Anna, James' Frau, starb eine Woche, bevor ich zerschunden auf jenem Feld dem Tod überlassen
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