Außer Atem - Panic Snap
das nicht verhindern können, und er ist bis heute nicht wirklich über ihren Tod hinweggekommen.«
Mrs. McGuane glaubt, dass ich mich damit zufrieden gebe, doch ich habe noch weitere Fragen. »Wie war sie?«
Sie wirft mir einen gönnerhaften Blick zu und tätschelt erneut meine Hand, diesmal allerdings zurückweisend. Plötzlich kommt der blaue Wagen die Straße heraufgerast und biegt dann auf den Parkplatz vor der Weinkellerei ein. Es ist ein großer Wagen, ein älteres Model mit getönten Fensterscheiben. Rumpelnd fährt er über den gepflasterten Platz, schlingert ein wenig, und ich höre dumpfe Bässe; Musik, die sehr laut gedreht sein muss, klingt durch die geschlossenen Fenster gedämpft nach draußen.
»Liebes«, sagt sie seufzend, »das ist alles schon so lange her. James hat sie geliebt und wollte den Rest seines Lebens mit ihr verbringen, und dann war plötzlich alles anders. Sein ganzes Leben hat sich verändert. Wenn er mit Ihnen über Anna sprechen möchte, wird er es tun. Sie sollten ihn aber nicht drängen. Ich glaube, dass kein Mensch jemals ganz und gar über den Verlust eines Partners hinwegkommen kann.« Sie sagt das so traurig, den feuchten Blick in die Ferne gerichtet, dass ich vermute, dass sie an ihren Mann denkt.
Hat James Anna wirklich geliebt, wie alle behaupten, oder hat er ihr zum Tod verholfen? Während ich darüber nachgrüble, behalte ich den blauen Wagen im Auge. Er beschleunigt auf dem Parkplatz noch einmal, und verschätzt sich bei der Entfernung des Randsteins. Wahrscheinlich jemand, der bei einer Weinprobe zu viel getrunken hat. Ich warte auf das Kreischen der Bremsen und das Ausbrechen des haifischartigen Hecks beim jähen Anhalten, doch nichts geschieht. Der Wagen fährt mit einem lauten schrammenden Geräusch über den Randstein und kommt schlingernd quer über den Rasen auf uns zu. Ich setze mich auf, warte angespannt darauf, dass er die Richtung ändert; selbst ein Betrunkener musste uns doch sehen, wir lagen mitten auf dem Rasen! Doch er rast einfach weiter.
»Der Wagen!«, schreie ich und gehe auf die Knie. Mrs. McGuane, die wohl noch immer an ihren Mann denkt, dreht sich verwirrt um. Sie sieht den Wagen, ist aber vor Schreck so starr, dass sie nicht reagieren kann. Ich fasse sie bei den Schultern, ziehe an ihren Armen. Endlich kommt Bewegung in sie, und sie hilft mir. Wir purzeln seitlich ins Gras. Der blaue Wagen schießt schlingernd vorwärts und fährt über unsere rot karierte Decke. Die Kühlbox fliegt davon, das Klirren zersplitternder Weingläser durchschneidet die Luft, die Essensreste werden von den Reifen zermalmt. Der Fahrer hält an, zögert nur einen Augenblick lang, schlägt dann blitzartig einen weiten Bogen über den Rasen, holpert über den Randstein, überquert den Parkplatz und donnert auf die Straße und davon.
Ich verbringe den Abend mit Mrs. McGuane. Sie ist nicht ernstlich verletzt, hat aber etliche blaue Flecken – dort, wo ich an ihr herumgerissen habe und von unserem Purzelbaum. Noch immer ziemlich mitgenommen von diesem Erlebnis wollten wir beide Gesellschaft. Keine von uns hat auf das Nummernschild geachtet, und hinter den verdunkelten Fensterscheiben war der Fahrer nicht zu sehen. Die Polizei, die wir von der Weinkellerei aus verständigt haben, und Mrs. McGuane vermuteten, dass es sich bei unserem Missgeschick nur um einen betrunkenen Fahrer gehandelt hat, doch davon bin ich nicht überzeugt. Wie immer tröste ich mich mit Kochen. Ich backe für morgen zwei gewürzte Kürbis-Rosinen-Brote.
Als ich Byblos schließlich verlasse, ist es dunkel. Ich fahre durch die Talsohle, biege in meine Einfahrt ein und parke vor dem abgeschiedenen Bungalow. Haus und Einfahrt liegen hinter der dichten Wand aus Oleanderbüschen versteckt. Ich gehe auf dem Plattenweg in Richtung Haustür und halte dann abrupt inne. Mit Sicherheit habe ich heute Morgen, als ich das Haus verließ, alle Lampen ausgemacht, jetzt aber ist im Wohnzimmer eine an. Ich sehe den Lichtschimmer hinter den Vorhängen.
Vorsichtig gehe ich die Stufen zur Veranda hinauf, so langsam, dass ich kein Geräusch mache, vor allem meide ich die quietschende Stelle rechts auf der dritten Stufe. Die Tür steht einen winzigen Spalt offen. Ein Einbrecher, denke ich und: Ich muss sofort meinen Nachbarn zu Hilfe holen. Unschlüssig bleibe ich stehen, fluchtbereit, sage mir aber auch, dass ein Einbrecher die Tür nicht offen lassen und alle Lampen anschalten würde, um auf seine Anwesenheit aufmerksam
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