Außer Atem - Panic Snap
sie mich nicht mehr um sich haben wollen.
Als ich das Knirschen des Kieses höre, schaue ich auf. Der schwarze Cherokee fährt langsam heran und hält in der Nähe der Veranda. James steigt aus und kommt zu uns herüber. Er trägt schwarze Hosen und ein tailliertes lachsrotes Hemd, das seine gebräunte Haut noch mehr betont, und er sieht unbesiegbar aus wie immer. Seine Schritte sind lang und sicher, und Arme schwingen wie Flügel. Aus irgendeinem Grund bin ich stolz darauf, dass er so robust aussieht, und sein bloßer Anblick lässt mich ans Ficken denken und – trotz des Risikos – an das, was er als Nächstes fordern wird. Wer ist besessener vom anderen, frage ich mich – er oder ich?
»Gina fühlt sich nicht wohl«, sagt Mrs. McGuane. »Ein Anflug von Grippe, denke ich.« Sie kniet noch immer auf der Erde, stützt eine Hand in der Taille ab und schaut zu ihm hoch. »In ein paar Tagen ist sie sicher wieder auf dem Posten.«
James schlenkert mit seinen Schlüsseln herum und macht ein besorgtes Gesicht. Seine Zwillingsschwester hält sich nicht gut. Er schaut über den Rasen hinweg zu ihrem Haus hinüber.
»Sie ruht sich aus«, sagt seine Mutter, folgt seinem Blick zum Häuschen und wendet sich ihm dann wieder zu. Ein paar weiße Haarsträhnen haben sich unter dem großen Hut hervorgestohlen. »Geh nicht hin. Ich habe ihr gesagt, dass sie ein paar Stunden schlafen soll.«
James nickt. »Das hilft bestimmt«, sagt er mit abwesender Miene. »Sie konnte nicht schlafen.«
Doch er weiß, was Gina wirklich umtreibt, und das ist keine Grippe und auch nichts, was sich mit ein paar Stunden Schlaf bessern lässt. Ihr Unwohlsein kommt nicht von einer Krankheit, sondern von mir. Meine Anwesenheit ist für sie wie eine Krebserkrankung, die an ihr nagt, sie überwältigt und fertig macht.
Er schiebt die Hände in die Hosentaschen. Eine blonde Strähne fällt ihm über die zerfurchte Stirn. Als er merkt, dass seine Mutter ihn beobachtet, entspannt er sein Gesicht – ein bewusstes Bemühen – und lächelt sie an.
»Noch mehr Zucchini?«, fragt er und mustert die Pflanzen neben ihren Füßen, doch ich sehe, dass er sich heute nicht für Gartengemüse interessiert. Er gibt sich nur aufmerksam, als Mutter ihm erzählt, dass ich Ratatouille zum Abendessen kochen werde.
Sie betrachtet die Kürbisranken und schneidet noch eine weitere Zucchini ab, legt sie in den Korb und steht dann mit leichtem Stöhnen auf. James streckt ihr die Hand helfend entgegen.
»Steife Knochen«, sagt sie, rückt ihren Hut zurecht und klopft sich das Kleid ab. Ihre Lederhandschuhe machen ein raschelndes Geräusch auf dem Baumwollstoff. Sie wendet sich ab und geht zu den Zwiebeln und grünen Paprika hinüber.
Ich nehme den Korb hoch, doch weder James noch ich folgen ihr. Er verschränkt die Arme und starrt mich an.
»Wirst du heute Abend zum Essen kommen?«, ruft ihm seine Mutter über die Schulter zu.
»Nein«, sagt er und lässt mich nicht aus den Augen. »Ich habe zu tun.«
Sie wandert mit ihrem großen Schlapphut weiter und winkt uns mit dem Handrücken zu, ein Zappeln behandschuhter Finger in der warmen Sommerluft.
James kommt mir näher. »Komm heute Abend rüber«, sagt er, und es klingt wie ein Befehl. »Gleich nach dem Abendessen.«
Er geht davon, ohne mir die Möglichkeit zum Ablehnen zu geben. Doch zu diesem Zeitpunkt ist eine Ablehnung für mich sowieso nicht mehr möglich.
20
Ich stehe vor seiner Tür. Noch hat James mich nicht hereingebeten. Ich kann warten. Ich habe es nicht eilig. Ich habe wegen heute Abend das ungute Gefühl, dass er mich für irgendetwas anderes hierher beordert hat als nur Sex. Draußen ist es noch hell und der Himmel ist am Horizont rosafarben angehaucht.
Er sieht mit seinen klaren Augen auf mich herab, die in dem Licht des frühen Abends tief und kräftig grün sind. Er riecht leicht nach Eau de Cologne, nach dem würzigen Geruch getrockneter Blätter. Es ist ein schwacher, angenehmer Duft, der nicht im Mindesten überwältigend ist, doch seine Präsenz ist es – durch das schwarze Hemd und die schwarze Hose, seine Robustheit, seine kräftigen Arme und die muskulösen Schultern, der dunkle, geheimnisvolle Ausdruck seines Gesichts.
Er öffnet die Tür und tritt beiseite, um mich durchzulassen. Ich habe das Gefühl, als ginge ich geradewegs in eine Falle. Er hat mich gestern Abend damit überrumpelt – ich habe es nicht vorhergesehen –, dass er mich in der antiken Truhe eingesperrt hat, was er
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