Aussteigerin aus Versehen (German Edition)
machte es Spaß, sich mit seinem „du kommst hier nicht durch“-Blick mitten auf den Weg zu stellen und dort auch stocksteif stehen zu bleiben. Und bei einem schwarzen Hund, dessen Schulterhöhe bis zu meinem Bauchnabel ging … da steigt auch keiner freiwillig aus dem Auto aus.
Zum Glück nahmen es die meisten Nachbarn mit Humor und lachten freundlich, während ich das riesige Ungetüm von der Straße zerrte. Ich war sehr froh, dass dieser Hund mir friedlich gesonnen war. Eigentlich mochte er Menschen nämlich nicht, fremde schon gar nicht. Und ich hatte doch so manches Mal Angst, dass etwas passiert. Darum war mein erster Spruch bei einer Begegnung mit anderen immer: „Der tut nix – aber nicht anfassen!“
Nun ja: Die meisten Menschen vermeiden es eh fremde, schwarze Hunde anzufassen. Aber es gibt ja immer wieder einige Unbelehrbare, die meinen, sie müssten jeden Hund streicheln, der ihnen über den Weg läuft. Und das war das einzige, was Lucky so gar nicht leiden konnte. ER suchte aus, wen er leiden konnte und wen nicht. Die meisten eben nicht. Er schaute sich die Menschen eine Zeit an und beschloss dann: Den finde ich gut oder den finde ich doof. Die meisten fanden keine Gnade unter seinen Augen und blieben für immer doof – egal wie viele Versuche der Annäherung sie machten mit säuselnder Stimme und Leckerli in der Hand. Und wenn diese dann doch versuchten ihn zu streicheln … tja, dann konnte er auch mal sehr ungemütlich werden. Netterweise knurrte er stets einmal tief vor dem Zubeißen. So hatten die Menschen eine Chance ihr Handeln noch einmal zu überdenken. Doch wen er dann mal in sein Herz geschlossen hatte, den überschüttet er mit seiner Liebe, legte diesem lammfromm seinen Kopf in den Schoß und ließ sich gern stundenlang kraulen. Alle anderen machten besser einen Bogen um ihn.
Ach ja – da war ja noch was: Lucky sollte ja nur zwei Wochen bei mir bleiben. Eigentlich. Aber Frau Schulze bekam im Krankenhaus wunde Stellen vom vielen Rumliegen. Und so wurden aus zwei Wochen mal eben zwei Monate. Dann kam sie zwar wieder aus dem Krankenhaus, war aber nicht in der Lage sich um den Hund zu kümmern. Also blieb Lucky „erstmal“ weiterhin bei mir. Dann, etwa sechs Monate später, verstarb Frau Schulze und ich hatte plötzlich dauerhaft zwei Hunde: Lucky und Dahli. Lucky lebte drei glückliche Jahre bei mir. Dann wurde er schwer krank und nach einem langen Leidensweg für uns beide musste ich mich schweren Herzens von ihm verabschieden. Lucky war ein toller Hund. Ich bin dankbar, dass ich ihn kennen und lieben lernen durfte. Sein Tod schmerzt mich noch immer und ich denke oft an ihn zurück. Mehr kann und will ich darüber nicht schreiben, denn die Gedanken an ihn schmerzen immer noch zu sehr.
Gedanken an Dahli
Meine Dahli hatte ich schon als Welpen bekommen und sie war mittlerweile mit ihren elf Jahren auch recht betagt. Und nun hatte ich mit Lucky einen weiteren alten Hund, auch er war bereits zwölf Jahre alt. Mit Dahli war ich früher im Rettungshundeverein. Dieser Sport hat uns beiden sehr viel Spaß gemacht und uns zusammengeschweißt. Aber das Training ging seit einer Weile nun auch nicht mehr, weil sie dafür inzwischen einfach zu alt war. Sie war zwar noch relativ fit, aber springen, laufen, jagen, dafür war sie zu schwach.
Meine Hündin Dahli war Zeit ihres Lebens immer da, wo ich auch war. Sie war eine Klette. Kaum stand ich auf, um in der Küche einen Kaffee zu holen, da lief sie mir auch schon hinterher. Drehte ich mich mit der Tasse in der Hand um, so fiel ich fast über den Hund. Ich konnte sie keine Minute alleine zu Hause lassen. Sofort fing sie herzzerreißend an zu jaulen und zerstörte mutwillig alles, was ihr vor die Pfoten oder Schnauze kam. Natürlich weiß ich, dass ich daran selber Schuld bin. Schließlich habe ich sie ja so besch... erzogen, aber als ich Dahli bekam, da hatte ich von Hundeerziehung null Ahnung. Bis dahin hatte ich immer nur Katzen gehabt und bei denen schon jegliche Erziehungsversuche aufgegeben. Und so wurde Dahli von mir genauso frei gehalten wie die Katzen – eben „antiautoritär“. Das rächte sich später gewaltig, denn dieser Hund hat mich sein Leben lang nie ernst genommen. Heute weiß ich: Sie lief mir nicht hinterher, weil sie mich so lieb hatte. Sie wollte mich einfach nur kontrollieren, da sie mich für eine Idiotin hielt. Schwach und unfähig ein Rudel zu leiten. Wenn ich alleine mit dem Auto wegfahren wollte, dann wurde sie
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