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Australien 01 - Wo der Wind singt

Australien 01 - Wo der Wind singt

Titel: Australien 01 - Wo der Wind singt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Treasure
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die Luft erhoben, seine Stimme schraubte sich immer höher, genauso wie die eines Sportreporters, der gerade die entscheidenden Momente eines Hundertmeterlaufs kommentiert. Alle warteten wie gebannt. Aber gerade als der Auktionator den Hammer heruntersausen lassen wollte, knackte es laut in den Lautsprechern und seine Stimme verstummte. Henry stand an der Lautsprecheranlage, ein Kabel in der Hand. Auf seiner Hüfte trug er ein kleines, blondes Mädchen. Nell. Den Zuschauern stockte der Atem. Alle Blicke lagen jetzt auf Henry und Nell.
    »Dies ist nur ein kleines technisches Problem, meine Damen und Herren«, rief der Auktionator mit hochrotem Gesicht, wobei seine kurz zuvor noch so eindringliche und hypnotische Stimme ohne das
Mikrofon jetzt ziemlich kraftlos klang. Er legte seinen Hammer auf das Pult und ging zu Henry Webster hinüber. »Was ist los, Henry?«, fragte er mit zusammengebissenen Zähnen.
    Kate war von ihrem Sitz aufgesprungen, ohne sich dessen überhaupt bewusst zu sein, und sah jetzt verblüfft zu, wie Henry dem Auktionator die Hand beruhigend auf die Schulter legte und leise mit ihm sprach. Dann trat Henry, der noch immer Nell auf dem Arm hatte, einen Schritt zur Seite. Der Auktionator steckte die Lautsprecheranlage wieder ein und blies ins Mikrofon.
    »Äh … Probe, eins, zwei. Ä-hm. Entschuldigen Sie bitte die Unterbrechung, meine Damen und Herren.« Der Auktionator versuchte gelassen zu wirken, als er seine Stimme senkte und dann in ernstem, gebieterischem Ton fortfuhr: »Der Verkäufer bittet noch um etwas Zeit. Haben Sie also bitte noch einen Moment Geduld.«
    Ein aufgeregtes Murmeln lief durch die Zuschauerreihen.
    »Was soll das?«, zischte Annabelle. Henry sah sie ruhig an.
    »Es tut mir leid«, sagte er. »Ich komme gleich wieder.«
    Kates Blick wanderte rasch zu Annabelle. Es war offensichtlich, dass diese versuchte, die Fassade der netten Ehefrau aufrechtzuerhalten. Ihr Lächeln geriet jedoch zu einer einzigen Grimasse. Sie nickte kurz.
    Henry, der noch immer Nell auf dem Arm hatte, drehte sich um und kam auf Nick und Kate zu. Er sah die beiden an.
    »Nick, wärst du bitte so freundlich und würdest einen Moment lang auf Nell aufpassen?«, fragte er.
    »Sicher«, sagte Nick, der sichtlich verblüfft war. Er streckte die Arme aus und nahm ihm Nell ab.
    »Kate? Kommst du bitte mit?«, fragte Henry dann leise.
    »Natürlich«, sagte Kate. Sie spürte, dass alle Blicke auf sie gerichtet waren. »Natürlich.« Sie folgte ihrem Vater den Gartenweg entlang ins Haus.
    Im kühlen Halbdunkel des Hauses angekommen, sah Kate ihrem Vater dabei zu, wie er am Seil der Dachbodenleiter zog. Die Leiter klappte aus, und Henry kletterte hinauf. Kate konnte kaum glauben,
was da gerade geschah, während sie hinter ihm herkletterte. Sie war verwirrt, nervös und am Boden zerstört, dass ihre Familie diesen Tag erleben musste. Gleichzeitig war sie höchst gespannt, denn sie hatte nicht die geringste Ahnung, was da gerade vor sich ging.
    Oben auf dem Dachboden war die Luft sommerlich warm. Das Blech des Daches quietschte und knarrte so laut, als wollte es seine Meinung zu der Invasion von Menschen unten auf dem Rasen kundtun.
    Henry ging um den großen Schreibtisch herum, setzte sich auf dessen Kante und sah dann durch das Fenster zum Meer hinaus. Kate folgte ihm und nahm neben ihm Platz. Da saßen sie nun, Seite an Seite. Vater und Tochter. Auf dem Rasen unter ihnen leuchtete das weiße Zelt gleißend hell im Sonnenschein. Autos und Pick-ups parkten in langen Reihen auf der Koppel. Das alles erinnerte Kate an einen B&S. Sie nahm ihren Hut ab und legte ihn neben sich auf den Schreibtisch.
    »Dieser Nick ist anscheinend ein netter Kerl«, sagte Henry plötzlich. Er sprach so ruhig und bedächtig, dass es Kate überraschte. »Bedeutet er dir viel?«
    Kate lächelte und nickte.
    »Ja. Er ist der Eine.«
    »Und er liebt auch Nell, nicht wahr?«
    »Absolut.«
    Henry schürzte die Lippen und nickte langsam. Dann saß er schweigend da und sah zu den Leuten auf dem Rasen vor dem Haus hinunter. »Da unten sind eine Menge Leute«, sagte er schließlich.
    Kate fragte sich, ob ihr Vater verrückt geworden war. Sie nickte schweigend und wartete. Sie saßen eine Zeitlang stumm da, umgeben von all den Dingen aus ihrer Vergangenheit: den Schränken mit den Samen, Laneys Tagebüchern, die sich in den Ablagefächern stapelten, den Kartons mit Wills persönlichen Sachen, Kates Kinderbett aus Holz, in dem noch ihre Babydecke und

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