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Australien 01 - Wo der Wind singt

Australien 01 - Wo der Wind singt

Titel: Australien 01 - Wo der Wind singt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Treasure
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und hielten mit ihren Agenten, die irgendwo in der Menge saßen, telefonischen Kontakt.
    Kate sah auf ihre Uhr. Es war kurz vor Mittag. Sie stellte sich vor, wie eine Glocke schlug. Ein Totengeläut. Nick nahm ihre Hand. Auch ihm war bewusst, was geschehen würde, wenn das Land erst einmal verkauft war. Auf Rutherglen hatte er ganz unmittelbar erleben müssen, was ein modernes Farmmanagement für das Land bedeutete. Seine Nachbarn waren durch Firmen ersetzt worden, die allenfalls telefonisch zu erreichen waren. Da die Nachbarn nicht mehr da waren, gab es auch niemanden mehr, mit dem man gemeinsam und mit vereinten Kräften das Unkraut bekämpfen, Grenzzäune nachspannen oder eine Bewässerungssanierung planen konnte. Stattdessen tauchten plötzlich mitten in der Ablammzeit professionelle Wildjäger auf, oder es brummte ein Flugzeug über sie hinweg, das keinen Zweifel daran ließ, dass man an diesem Tag wieder einmal Chemikalien spritzen würde. Die Angst, dass ein wertvoller Hütehund einen vergifteten Kadaver finden und fressen würde, war allzu gegenwärtig, genauso wie die Gewissheit, dass in den Städten und in der Regierung niemand der Landwirtschaft noch irgendeine Bedeutung zumaß.
    Kate drückte Nicks Hand. Sie hatten bis spät in die Nacht die Fehler und Versäumnisse der Regierungspolitik diskutiert, die einerseits den Investoren massive Steuererleichterungen gewährte und andererseits den Farmern keinerlei Unterstützung zukommen ließ. Sie hatten über
die Erbfolge gesprochen und darüber, dass jede neue Generation mit unlösbaren Problemen konfrontiert wurde. Kate und Nick hatten sich gefragt, ob es in ihrer Macht lag, etwas dagegen zu unternehmen. Sie beide lebten von und für die Landwirtschaft, aber ihre Zukunftsaussichten waren alles andere als vielversprechend.
    Kate sah in die vertrauten Gesichter der Farmer, die auf ihren Stühlen saßen und am Podium vorbei auf das Meer starrten. Die Augen von unzähligen Fältchen umgeben, die Ärmel hochgekrempelt und Blundstone-Stiefel an den Füßen, sich mit den Prospekten Luft zufächelnd. Keiner von ihnen war auch nur annähernd so vermögend, dass er ein Anwesen wie Bronty hätte kaufen können. Aber in den Gesichtern aller stand eine stille, unausgesprochene Wut darüber, wie die Regierung ihre Arbeit einschätzte.
    Nell rutschte von Kates Schoß und begann auf den Strohballen herumzuhüpfen, die das Zelt flankierten. Kate stand müde auf, um sie zurückzuholen.
    »Willst du vielleicht bei mir sitzen, Nell?«, fragte Janie.
    Nell schüttelte den Kopf. »Wo ist Opa?«, fragte sie Kate. »Gehen wir ihn suchen?«
    »Nein, jetzt nicht. Ich weiß auch nicht, wo er ist. Komm, setzen wir uns wieder.«
    Als sie sich Nell auf ihre Hüfte setzte, sah Kate durch die Bäume zum Maschinenschuppen hinüber, wo jetzt einige Farmer umhergingen und sich die vorhandenen Geräte und Maschinen ansahen. Das Land um das Haus herum wurde zwar Stück für Stück verkauft, wenn es aber zum größten Teil von den Sägewerken ersteigert wurde, würde es anschließend noch einen Räumungsverkauf geben, was bedeutete, dass auch alle landwirtschaftlichen Geräte zur Versteigerung angeboten wurden. Kate verspürte ein tiefes Gefühl von Trauer, als sie bemerkte, dass sich eine Gruppe von Männern für den Traktor interessierte, mit dem Will seinen tödlichen Unfall gehabt hatte. Sie sah auf das glitzernde Meer hinaus und versuchte dort draußen die Stärke von Will und ihrer Mutter zu finden.
    Als sie sich umdrehte, sah sie Henry, der in einem neuen modischen
Anzug bereits wie ein Millionär aussah. Neben ihm stand Annabelle in einer weißen Hose und einem orangeroten Top. Sie trug eine hellgelbe Perlenkette um den Hals und schien für ihr neues Leben in einem Penthouse an der Gold Coast bereit. Henry sah seine Tochter nur kurz an und ließ dann seinen Blick weiterwandern.
    In diesem Moment spürte Kate, wie sich der altbekannte Zorn wieder in ihr regte. Sie presste jedoch die Lippen fest aufeinander und versuchte ihre Emotionen aufs Meer hinaustreiben zu lassen. Dann legte sie ihren Kopf an Nicks Schulter.
    Einen Augenblick später eilte der Auktionator, der in seinem marineblauen Jackett sehr groß und breitschultrig wirkte, mit schnellen Schritten an ihnen vorbei. Er führte Annabelle und Henry zu ihren Plätzen in der ersten Reihe. Offensichtlich hatte er es eilig anzufangen.
    Als die Besucher sahen, dass die Verkäufer Platz genommen hatten, begaben sie sich ebenfalls in den

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