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Australien 02 - Der Sternenleser

Australien 02 - Der Sternenleser

Titel: Australien 02 - Der Sternenleser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Grenville
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entfernt standen zwei Eingeborene reglos wie Felsen, Männer, deren dunkle Haut sie mit der Landschaft verschmelzen ließ. Sie hatten den Blick abgewandt und schauten aufs Wasser hinaus.
    Rooke musste an die Männer denken, die er am ersten Tag gegrüßt hatte, und an ihre Reaktion auf die Pistolenvorführung von Schiffsarzt Weymark. Die Macht, die diese Waffe demonstriert hatte, war vielleicht beredter gewesen, als von Weymark beabsichtigt, dachte Rooke jetzt.
    Hier ergab sich eine neue Chance.
    »Guten Tag! Guten Tag!«
    Er ging ein paar Schritte auf sie zu.
    »Es freut mich, Ihre Bekanntschaft zu machen!«
    Das war zwar absurd, aber es waren zumindest Worte.
    Einer der beiden Eingeborenen verlagerte geringfügig den Speer in seiner Hand. Keiner von ihnen ließ auch nur durch die geringste Veränderung des Gesichtsausdrucks eine Reaktion darauf erkennen, dass ihnen jemand zugerufen hatte, er freue sich, ihre Bekanntschaft zu machen.
    Als sie dann langsam auf ihn zukamen, dachte Rooke schon, sie reagierten doch noch auf seinen Gruß. Das war jedoch nicht der Fall. Sie gingen eine Armeslänge entfernt an ihm vorbei, als wäre er vollkommen unsichtbar.
    Hallo , wollte er rufen, hallo, hier bin ich! Er öffnete sogar schon den Mund, probte im Geiste den Tonfall, den er anschlagen würde: amüsiert, lässig, heiter. Doch etwas an der würdevollen Art ihres Dahinschreitens bewirkte, dass er kein Wort herausbrachte.
    An der Stelle, wo die Felsen zum Wasser hin abfielen, stiegen die beiden Männer hinunter. Rooke nahm wahr, dass sie keine Sekunde lang zögerten, um zu überlegen, wie sie hinabsteigen sollten. Ihr Weg war ihnen genauso vertraut, wie Rooke der Abstieg neben dem Round Tower gewesen war.
    Kurz darauf trat er ebenfalls an die Felskante und blickte hinunter. Einer der beiden Männer lag jetzt bäuchlings auf einem Felsen, das Gesicht dicht über der Wasseroberfläche, den Speer über der Schulter. Der andere stand knietief im Wasser und stieß plötzlich seinen Speer mit einer solchen Schnelligkeit ins Wasser, dass der Bewegungsablauf für das Auge nicht wahrnehmbar war. Als er ihn herauszog, zappelte ein glänzender Fisch daran. Er streifte ihn ab, brach ihm mit beiden Händen die Wirbelsäule und klemmte ihn unter die Schnur, die er um die Hüfte gebunden hatte. Rooke wollte schon die Hand heben, um eine anerkennende Geste zu machen, doch die Männer wandten sich nur wieder dem Wasser zu.
    Warum hatte er nichts gesagt, als sie so dicht an ihm vorübergekommen waren? Ein Mann von einem anderen Kaliber – Gardiner zum Beispiel oder Silk – hätte sich nicht ignorieren lassen. Silk würde jetzt mit ihnen dort unten auf den Felsen sein, sich möglicherweise im Fischfang mit dem Speer versuchen und sich Notizen machen.
    Wenn sie wieder hochkämen, würde er keine Scheu zeigen, nahm Rooke sich vor. Er würde sich ihnen in den Weg stellen, damit sie stehen bleiben mussten, und ihnen etwas anbieten, sein Taschentuch vielleicht. Er würde noch einmal Guten Tag sagen, direkt in ihre Gesichter hinein. Sie würden nicht so tun können, als wäre er Luft. Guten Tag , würde er sagen und ihnen das Taschentuch entgegenstrecken. Darf ich Ihnen das schenken?
    Doch während er weiter zu den Männern dort unten hinuntersah, zogen sie um die Landspitze herum in Richtung der nächsten Bucht, bis sie außer Sichtweite waren, ohne auch nur ein einziges Mal hochgeblickt zu haben.
    ✳
    Rooke war völlig perplex, als sich der Gouverneur seinem Vorschlag widersetzte, ein Observatorium zu errichten.
    »Die Sterne werden warten müssen, Mr. Rooke«, blaffte er ihn an. »Dr. Vickery wird sicher Verständnis dafür haben, dass wir uns hier dringlicheren Aufgaben widmen müssen.«
    Rooke sah, wie sich die Augenbrauen des Gouverneurs zusammenzogen und dazwischen zwei tiefe Furchen entstanden. Mit so etwas hatte Rooke nicht gerechnet. An Bord der Sirius war er ein Astronom gewesen, Seite an Seite mit dem Gouverneur in der Kajüte mit Kendalls Zeitmesser, doch an Land sah die Sache offenbar anders aus.
    »Verstehen Sie, Leutnant, ich bin hier für über tausend Seelen verantwortlich, denen ich bislang nichts als ein paar Zelte als Schutz bieten kann.«
    Der Gouverneur wandte sich ab.
    »Aber Sir, bitte bedenken Sie doch, dass der königliche Astronom uns Instrumente zur Verfügung gestellt hat. Ausgehend von der Annahme, dass diese zur Förderung der Wissenschaft verwendet werden. Insbesondere was den Kometen betrifft, dessen Wiederkehr Dr.

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