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Australien 02 - Der Sternenleser

Australien 02 - Der Sternenleser

Titel: Australien 02 - Der Sternenleser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Grenville
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verwundert, wie sehr er sich über ihr Lob freute.
    Als die Sonne langsam unterging, nahmen die Frauen ihre Säuglinge auf den Arm und riefen nach den Kindern. Worogan und Boneda folgten ihnen sofort, und auch Tagaran wollte schon hinterherlaufen, da streckte Rooke schnell die Hand aus, um sie zurückzuhalten.
    »Morgen?«
    Er legte die Hände abwechselnd übereinander.
    »Kommst du morgen wieder?«
    Sie machte es ihm nach, sagte etwas und gestikulierte dazu. Er hoffte, sie sagte: Ja, ich verstehe, ich komme morgen wieder . Als sie fertig waren mit Gestikulieren, blickten sie einander an. Er öffnete den Mund, um ihr noch etwas zu sagen. Doch was hätte er ihr sagen sollen, und wie sollte sie es überhaupt verstehen?
    In diesem Moment rief ihr Worogan von den Felsen her etwas zu, sie drehte sich um und antwortete ihr, und der Augenblick war vorüber.
    Er winkte ihnen von der Tür aus nach.
    »Goodbye! Auf Wiedersehen!«
    Und alle erwiderten sie den Gruß: die Frauen, die Mädchen, der Junge. Selbst als sie schon längst hinter den Felsen verschwunden waren, konnte er Bonedas klare Stimme noch hören: Goodbye, goodbye, goodbye!
    Abends beim Ausziehen seiner Schuhe konnte er sogar im schwachen Licht des Kamins erkennen, wie schmutzig seine Füße waren. Jeder einzelne Zeh hatte einen dunklen Hof. Das musste von den Schuhen kommen, dachte Rooke. Die Zehen der Eingeborenen – so gerade wie die Finger einer Hand – waren nicht schmutzig. Statt sich in den Schuhen zu sammeln, fiel der Staub wohl einfach von den Füßen ab.
    Als er seine Waschschüssel holte und im Kessel Wasser erhitzte, sann er darüber nach, wie wunderbar doch alles geregelt war. Wenn man über eine Annehmlichkeit wie Schuhe verfügte, verfügte man auch über Schüsseln mit warmem Wasser. Hatte man aber keine Schuhe, war auch kein Schmutz da, für dessen Entfernung man Schüsseln mit warmem Wasser brauchte.
    Was hieß bei ihnen Fuß ? Nächstes Mal würde er Tagaran fragen. Und dann sollte er sie besser auch gleich nach dem Plural fragen, falls der in ihrer Sprache wie im Englischen ebenfalls unregelmäßig war. Er sah sich schon allen Ernstes »Füße!« hinzufügen, nur um zu zeigen, was für ein guter Schüler er war. Ihm war aufgefallen, dass Tagaran und Worogan manchmal bewusst vermieden, einander anzusehen, und stattdessen auf den Boden blickten. Er fragte sich jetzt, ob sie das vielleicht aus Höflichkeit taten, um ihn nicht auszulachen.
    Er legte sich auf sein Feldbett und zog die Kerze dicht genug heran, um lesen zu können. Und wer mich bei einer Unwissenheit ertappet, der kann mir nichts anhaben. Ich gehe, wie es mir einkömmt .
    Montaigne würde es hier bestimmt gut gefallen, dachte er, fast genauso gut wie ihm selbst.


    M orgen« war für die Cadigal eindeutig ein sehr dehnbarer Begriff. Eine Woche verging, und wer Rooke als Erster besuchte, war Silk. Seine weltmännische Miene war ausnahmsweise einmal vor Ärger verkniffen.
    »Lennox hat in der Garnison von Rose Hill seine Zeit abgeleistet«, sagte er ohne Einleitung. »Mehr als seine Zeit, was er dem Gouverneur auch lautstark zu verstehen gegeben hat.«
    Rooke hatte das Gefühl, etwas nicht mitbekommen zu haben.
    »Zeit? Lennox?«
    »Ja, und Gosden, der arme Teufel, hat Lungentuberkulose, und sein Zustand verschlechtert sich stetig. Hat seit zwei Wochen das Bett nicht mehr verlassen. Folglich bleibt kein anderer Marinehauptmann mehr außer mir! Ist das nicht unglaublich?«
    »Wie meinst du …?«
    »Rose Hill, Rooke, zum Donnerwetter, in Rose Hill wird ein Hauptmann gebraucht, und falls Seine Exzellenz sich nicht bald an dich oder einen anderen Leutnant wendet, bleibe nur ich. Lennox sagt, er habe mehr als seinen Teil zur Arbeit zur Kornkammer der Kolonie beigetragen. Ich muss ihm zugestehen, dass er damit nicht unrecht hat, denn die Farmen sind unter seiner Verwaltung tatsächlich prächtig gediehen.«
    Durch die Tür hindurch konnte Rooke ein Stück des Weges sehen. Er hoffte inständig, die Eingeborenen würden nicht gerade jetzt zu Besuch kommen.
    »Seine Exzellenz findet es ebenfalls bedauerlich«, fuhr Silk fort. »Doch es ist so, wie er sagt, ihm sind die Hände gebunden, er kann nun mal keinen Mann von niedrigerem Dienstgrad dorthin schicken.«
    »Na, wer weiß, Silk, vielleicht bringt’s dir eine Beförderung ein.«
    »Ja«, sagte Silk ohne Begeisterung. »Vielleicht. Ich hoffe es. Ich halte es sogar für wahrscheinlich.«
    Rooke wusste, dass er ein Jahr zuvor bei dieser

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