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Australien 02 - Der Sternenleser

Australien 02 - Der Sternenleser

Titel: Australien 02 - Der Sternenleser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Grenville
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Rooke fragte sich, ob dieses Zögern lediglich Getue war.
    »Mir fällt gerade etwas ein, Rooke«, sagte Silk, als wäre ihm der Gedanke eben erst gekommen, »mir fällt gerade ein, ob wir, du und ich, vielleicht eine Art Partnerschaft eingehen könnten. Soll heißen, du stellst mir dein Vokabular und deine grammatischen Formen für meinen eigenen Bericht zur Verfügung – natürlich mit Namensnennung – in Form eines Anhangs?«
    Ohne Rookes Antwort abzuwarten, redete er schnell weiter.
    »Selbstverständlich würdest du einen Anteil des Honorars erhalten, das Mr. Debrett mir zugesagt hat – wir werden uns da schon irgendwie einigen –, einen Anteil vom Gesamthonorar auf einer Pro-rata -Basis.«
    Er hielt inne. Das einzige Wort, das Rooke denken konnte, war Nein! , aber er schwieg. Silk redete schnell weiter.
    »Damit meine ich natürlich, wenn dein Anteil bezogen auf die Gesamtzahl der Seiten beispielsweise ein Sechzehntel betrüge, würdest du ein Sechzehntel der Gesamtsumme bekommen … was sagst du dazu, mein Freund?«
    »Ja, also, ich weiß, was pro rata bedeutet, Silk, besten Dank.«
    »Na, so was, Rooke!« Silks Amüsiertheit klang ein wenig gezwungen. »Willst du etwa mit mir feilschen? Sei unbesorgt, wir werden schon zu einer Regelung kommen, mit der du zufrieden bist. Du erhältst einen gerechten Anteil, da kannst du sicher sein.«
    In Rookes Innerem loderte etwas weiß auf wie Zunder.
    »Es geht mir nicht um meinen Anteil, Silk! Ich habe nicht vor, mit dir um Pfunde, Schillinge und Pennies zu feilschen!«
    Diese beiden Notizbücher dokumentierten das Beste von seinem Leben. Vielleicht würde er sie irgendwann einmal weitergeben müssen, aber es würde dabei niemals um Geld gehen.
    Silk beugte sich über den Tisch und musterte Rookes Miene. Wie an dem Tag, als er etwas über Gardiner in Erfahrung bringen wollte, spürte Silk instinktiv, dass ihm etwas verheimlicht wurde.
    »Also, ich finde, das ist einfach noch nicht genug«, sagte Rooke. »Um es vorzuzeigen, meine ich. Warten wir erst mal ab. Einverstanden?«
    Er griff über den Tisch nach den Notizbüchern und bekam eins davon zu fassen. Silk öffnete das andere und blätterte darin.
    »Ich werde dich beim Wort nehmen, Rooke«, sagte er geistesabwesend, und Rooke dachte: Mich beim Wort nehmen? Ich habe ihm doch gar nichts versprochen . Als Silk eine Seite weiterblätterte, sah Rooke, wie sich dessen schmales Gesicht auf einmal vor Überraschung belebte.
    » Tya -und-so-weiter… Hehe, Rooke, was ist das denn?«
    Rooke blieb nichts anderes übrig, als zu antworten.
    » Tyerabarrbowaryaou .«
    »Danke, und hier steht, was es bedeutet: Ich will aber nicht weiß werden. Das sagte Tagra …« Er verhaspelte sich bei der Aussprache des Namens und versuchte es noch einmal. » Tagaran , wobei sie mit gespieltem Entsetzen das Handtuch auf den Boden warf, nachdem ich ihr gesagt hatte, dass sie weiß werden würde, wenn sie sich wüsche . Was für eine traurige Vorstellung, Rooke. Wie grausam, ihr solch ein makabres Versprechen zu machen!«
    »Nein, nein, das war doch scherzhaft gemeint! Wir haben beide gescherzt. Es sollte ein Witz sein. Weil die Weißen sich wegen ihrer Hautfarbe überlegen fühlen.«
    Die Weißen . Das klang, als ob er selbst nicht dazu gehörte.
    »Es war im Spaß gesagt«, sagte Rooke noch einmal, nahm jedoch die Resignation in seiner Stimme wahr. »Sie ist ein kluges Kind, sie ist nicht so dumm zu glauben … Wir haben uns beide darüber amüsiert.«
    Er hatte in gespieltem Entsetzen geschrieben, um damit deutlich zu machen, dass ihre Verzweiflung nicht echt gewesen war. Für ihn war es eindeutig ein Scherz gewesen. Welcher Eingeborene, selbst wenn es sich um ein Kind handelte, würde glauben, man könnte durch Waschen weiß werden? Er hatte nicht dazugeschrieben, dass dies ein Scherz gewesen war, genauso wie er auch nicht dazugeschrieben hatte, dass sie atmeten oder dass ihre Herzen schlugen.
    Silk achtete gar nicht auf seine Worte.
    »Sapperlot, Rooke, da hast du aber wirklich große Fortschritte gemacht, und wie es aussieht, nicht nur bei den grammatischen Formen!« Er hielt das Notizbuch ans Licht, das durchs Fenster hereinfiel, und las. » Goredyu tagarin, ich mehr (d. h. ich nehme mehr) von Kälte, d. h., die Kälte wegnehmen. Als Tagaran dies sagte, stand sie nackt vor dem Feuer, und ich wollte, dass sie etwas anzog.«
    Das hatte er nun davon, mit der übertriebenen Genauigkeit eines Mannes der Wissenschaft jedes Detail dieser

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