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Australien 02 - Der Sternenleser

Australien 02 - Der Sternenleser

Titel: Australien 02 - Der Sternenleser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Grenville
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einrollen. Er würde daliegen und die Sterne betrachten, bis er in ihrem kühlen Licht einschlief.
    Nach einer Stunde Rast setzte sich der Trupp wieder in Marsch, zurück zum Strand und in nördliche Richtung am Waldrand entlang in Richtung des Dorfes. Am oberen Ende der Halbinsel blieb Silk stehen und gab flüsternd letzte Anweisungen.
    »Damit die Dorfbewohner auf keinen Fall flüchten können, werden wir in alle drei Richtungen ausschwärmen. Leutnant Rooke, Sie rücken mit Ihren Männer so weit wie möglich an der Nordseite vor und formieren sich zu einer Reihe. Leutnant Willstead, Sie machen dasselbe in südlicher Richtung, während ich mit meinen Männern die Mitte abdecke. Dann werden wir alle gemeinsam einen Kordon bilden und die Eingeborenen umzingeln, so dass sie in der Falle sitzen.«
    In seiner Erregung klappte Silk den Deckel seiner Taschenuhr, die er in der gewölbten Hand hielt, immer wieder auf und zu.
    »Ich gebe Ihnen, sagen wir, zehn Minuten. Bitte werfen Sie einen Blick auf Ihre Uhren, meine Herren. In genau zehn Minuten, wenn die Menschenkette formiert ist, werden wir unseren Vorstoß starten, damit alle drei Gruppen gleichzeitig im Dorf zusammenkommen.«
    Rooke holte seine eigene Taschenuhr hervor und kontrollierte die Zeit. Die Sonne brannte gleißend hell auf sein Gesicht. Die Zeit war ohne Absicht und Urteil. Eine Uhr brauchte sich bloß Zahn um Zahn vorwärtszubewegen, mit regelmäßig ruckenden Rädern. Nur die Menschen waren stets von Zweifeln und Angst, Hoffnung, Bangen und Erstaunen umspült wie die Felsen vom Meer.
    Das holprige Gelände, Sandboden mit hohen, borstigen Grashalmen, über das Rooke seine Männer führte, schien extra dafür geschaffen, das Vorankommen zu erschweren. Wie angewiesen, sorgte Rooke dafür, dass die Männer sich in einer Reihe über den nördlichen Rand der kleinen Halbinsel verteilten. Zehn Minuten, nachdem Silk den Befehl erteilt hatte, gab er ihnen durch Winkzeichen zu verstehen, dass sie sich in Bewegung setzen sollten.
    Es war ein mühseliges Unterfangen, sie stolperten durch Sand und Gras und Felsen hinauf und hinunter, zwischen denen sich unerwartete Spalten und Senken auftaten. Doch nachdem sie eine Anhöhe überwunden hatten, erblickten sie die restlichen Männer und bildeten schließlich eine wellige Kreislinie um das Dorf herum.
    Die Siedlung sah genau so aus, wie sie ihnen beschrieben worden war: Neun Schutzhütten, solide gebaut, fast mannshoch, standen um einen zentralen Platz herum, auf dem ein fröhliches Feuerchen brannte, daneben ein paar Holzgefäße, ein Berg Miesmuscheln und ein ordentlicher Stapel Brennholz.
    Silks Strategie war perfekt geplant und ausgeführt worden, ein Manöver wie aus einem militärischen Lehrbuch. Das einzige Problem war, dass die Eingeborenen nicht abgewartet hatten, bis sie umzingelt worden waren.
    Ein Vogel auf einem Baum in der Nähe schien das Keuchen der Männer zu imitieren: Tu-hie! Tu-hie! Das aufgerollte Seil über Silks Brust hatte sich gelöst, das eine Ende schleifte hinter ihm im Sand.
    »Da sind sie!«, rief einer der Männer aus.
    Im gleichen Moment, als sich sämtliche Köpfe in die angedeutete Richtung drehten, stieß ein Eingeborener sein Kanu vom Ufer ab, sprang hinein und paddelte hastig über die Flussmündung. Drei weitere Kanus, vollbesetzt mit Eingeborenen, hatten das gegenüberliegende Ufer schon fast erreicht. Ein Boot war bereits auf den Sandstrand gezogen worden. Eine Gruppe von Männern blickte von dort aus über das Wasser zu den keuchenden Rotröcken hinüber. Rooke hörte Schreie und Rufe – ob aus Angst oder Heiterkeit, konnte er nicht feststellen.
    Silk starrte zu den Eingeborenen hinüber. Sein Rücken war gerade, seine schmalen Schultern steif. Die Entfernung war nicht riesig, der Fluss nicht breiter als die Themse bei Westminster, aber doch zu weit und zu tief, als dass ihn ein Trupp bewaffneter Männer hätte überwinden können.
    Willstead öffnete den Mund, um etwas zu sagen, aber Silk kam ihm zuvor.
    »Beeilung, Männer«, brüllte er, »sie sind noch in Schussweite. Laden und feuern, zack, zack!«
    Rooke ging beim Laden seiner Muskete bewusst langsam vor und ließ sogar den Beutel Schwarzpulver fallen, doch die anderen Männer um ihn herum waren sichtlich bemüht, dem Befehl schnell Folge zu leisten. Neben Rooke stand ein stämmiger Soldat mit hochrotem Kopf und atmete unter laut pfeifenden Geräuschen durch die Nase ein und aus, während er seine Muskete lud und die Ladung

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