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Australien 03 - Tal der Sehnsucht

Australien 03 - Tal der Sehnsucht

Titel: Australien 03 - Tal der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Treasure
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angenehm weichen Berührung wurden plötzlich schmerzhafte Stöße, mit denen er seine Finger in sie jagte. Sie versuchte sich zu wehren, aber ihre Arme waren so schwer, dass Rosie sie kaum vom Bett heben konnte. Sie konnte sich nicht rühren. Sie konnte nichts tun, außer in aller Stille zu weinen, während ihr Sam die Seele raubte.
    Als sie schließlich die Gegenwehr aufgab und die Augen aufschlug, sah sie, dass sich Jim über ihr bewegte. Er küsste sie und ritt sie im Rhythmus der Wellen und des Regens, der auf das Dach prasselte. Von neuem ging ihr die Seele auf. Sie zog Jim an ihren Busen und vergrub das Gesicht in seiner warmen Halsbeuge. Doch als sie wieder aufsah, blickte sie in das Gesicht eines fremden Mannes. Die hellbraunen Stoppeln auf seinem Kinn fühlten sich rau an, dafür war sein blondes Haar umso weicher, und seine Augen waren genauso blau wie Jims. Während er rhythmisch in sie drang, rief er immer wieder einen Namen.
    »Mary«, stöhnte er wieder und wieder. »Mary.«

Lake Cowal West, um 1880
    Jack schreckte aus dem Schlaf hoch und rückte von Mary weg. Sein Leib war schweißnass. Sein Schädel dröhnte. Die groben Laken, auf denen er lag, waren durchnässt. Sobald er sich aufsetzte, merkte er, wie Übelkeit von ihm Besitz ergriff. Er presste die Hand auf sein hämmerndes Herz und versuchte, die Panik zu unterdrücken, die in ihm aufsteigen wollte. Sein Blick fiel auf Mary, die neben ihm schlief. Der Mondschein drang durch die Spalten in den Hüttenwänden und legte sich auf ihr Haar, das über das Kissen gebreitet war. Sie bewegte sich kurz, wachte aber nicht auf.
    Jack schwang die Füße über die Bettkante und erhob sich auf zittrigen Beinen. So leise wie möglich hob er den Riegel der Hüttentür an und trat ins Freie. Draußen schleppte er sich zum Trog im Pferdegehege und klatschte sich Wasser in das verschwitzte Gesicht. Die Kälte biss in seine Haut, aber sie schien das Fieber vorübergehend zu lindern. Doch schon im nächsten Moment begann er so zu frieren, dass er schlotterte. Er schaute zum Mond auf, der hoch am Himmel über der Homestead von Lake Cowal West stand. Alle Lampen waren gelöscht, und alle Seelen auf der Homestead lagen in tiefem Schlaf.
    »O Herr. Bestrafst du mich für das, was ich getan habe?«, fragte er.
    Er zog die Finger durch seine tropfnassen Haare. Dann musste er daran denken, wie viele Nächte er auf Mary eingeredet hatte. Kaum hatte er angefangen, einen Wassertank und eine Hütte auf seinem vierzig Morgen großen Grund zu errichten, da begann sich seine Rastlosigkeit schon wieder zu regen. Er wurde zunehmend reizbar. Als er dann einen breiten Holzplankenzaun um sein Grundstück zu ziehen begann, erwachte er nachts immer öfter in panischer Angst. Und als der Zaun immer länger wurde und an den Ecken abbog und zuletzt mit einem Tor verschlossen wurde, glaubte Jack zu ersticken. Anfangs konnte ihn Marys Berührung noch beruhigen, besänftigen, abschirmen. Aber ihr war klar, dass das nicht von Dauer wäre. Und so war es zuletzt Mary gewesen, die gesagt hatte: »Lass uns weiterziehen.« Auch wenn es sie schmerzte, ihre Familie zu verlassen, so war Mary doch eine junge, frisch verheiratete Frau, und sie liebte Jack. Sie würde alles unternehmen, was in ihrer Macht stand, um ihn und seine Träume zu unterstützen. Sie würde ihr nie gebautes Heim im Stich lassen. Sie würde mit Jack Gleeson bis ans Ende der Welt gehen.
    Als Jack den Ryans eröffnet hatte, dass er eine Stellung weit im Norden, noch hinter West Wyalong, auf der Lake Cowal Station angenommen habe, hatte Launcelot seinen Teller auf den Tisch geknallt und war aus dem Haus gestürmt. Die Tür war mit einem lauten Schlag hinter ihm ins Schloss gefallen. Dennoch war Jack seinem Schwiegervater mit grimmiger, entschlossener Miene gefolgt. Draußen im Staub hatten die beiden Männer Maß genommen.
    »Ich habe gewusst, dass du nicht der Richtige für unsere Mary bist«, spie ihm Ryan entgegen.
    »Wir werden ein besseres Leben führen, als wenn wir hier bleiben und auf vierzig Morgen mit unbrauchbarem Gestrüpp verrotten.«
    Ryan blickte Jack wutentbrannt an und schüttelte den Kopf über den großen jungen Mann.
    »Unsere Mary wird zurück sein, noch ehe ein paar Jahre ins Land gegangen sind… dessen bin ich gewiss.«
    Jack blieb stolz vor Ryan stehen, aber er nahm sich die Worte zu Herzen und trug sie monatelang mit sich herum. Nachts holten sie ihn immer wieder ein wie ein düsteres Omen aus dem Schlaf.

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