Australien 03 - Tal der Sehnsucht
«
Rosie sah Jim in die Augen.
»Natürlich bin ich sicher. Solange du hier bist, bin ich sicher.«
»Und welche Arbeit hast du heute für mich?«, fragte Jim.
»Können wir uns nicht einfach ins Bett legen? Ich habe eine anstrengende Fahrt hinter mir«, sagte Rosie unschuldig und schob dabei eine Hand unter sein Hemd, um seinen flachen, glatten Bauch zu streicheln.
»Kommt nicht in die Tüte!«, widersprach er und zog ihre Hand weg. »Wir haben viel zu viel zu tun.«
»Okay«, gab sie sich leicht schmollend geschlagen. »Aber versprich mir, dass du heute Abend mit mir ins Pub gehst.«
»Sorry, auch da hast du Pech«, sagte Jim. »Erst müssen wir hier den Laden auf Vordermann bringen. Und vergiss nicht, was du Duncan versprochen hast. Er will die Artikel für seine Zeitung so bald wie möglich haben. Abends musst du recherchieren. Und tagsüber die Station leiten. Da bleibt keine Zeit fürs Pub. Nur für die Arbeit und für die Recherche.«
»Kann ich nicht einfach dich recherchieren?« Ihre Hand stahl sich in die warme Mulde über seinem Hintern, und ihre Fingerspitzen wagten sich unter den Bund seiner Jeans vor. Wieder hielt er sie auf Armeslänge von sich weg.
»Arbeiten«, befahl er mit fester Stimme.
»Ach, du bist ein so strenger Boss«, sagte sie.
Jim rief sie mit einem weiteren tadelnden Blick zur Ordnung.
»Nein, Rosie. Du bist jetzt der Boss. Du musst lernen, Verantwortung zu tragen. Erst die Arbeit. Dann das Vergnügen.«
Rosie wusste, dass er Recht hatte. Wahrscheinlich war sie in ihrer Jugend tatsächlich verhätschelt worden. Jetzt wartete echte Arbeit auf sie. Knochenharte, zermürbende Arbeit, bei der die Ernte ausbleiben oder die rotbeinigen Termiten die Weiden verwüsten oder die Wollpreise auf die Hälfte des Vorjahres sinken konnten. Das Leben als Farmerin war fortan kein Spiel mehr.
»Ja. Ja, ich weiß. Danke«, sagte sie. »Aber erst muss ich Mum alles erzählen. Danach komme ich zu dir in den Maschinenschuppen. «
Rosie klopfte vorsichtig an die Tür zum Zimmer ihrer Mutter und drückte sie gleich danach auf. Ihre Mutter hatte ihre gesamte Abendrobe aus den Schränken geholt. Seidenröcke und Satinkleider lagen in farbenprächtigen Stapeln auf dem Bett.
»Du bist wieder da.« Margaret war gerade dabei, einen Pelzmantel zusammenzulegen und in einen Müllsack zu schieben. Jetzt sah sie auf.
»Was tust du da?«
»Ich will die Sachen nächste Woche nach Melbourne bringen und verkaufen. Ich dachte mir, wenn wir umziehen müssen, werde ich keinen Platz mehr dafür haben. Und außerdem brauchen wir das Geld.«
»Du brauchst nicht überzureagieren.«
»Nein«, widersprach Margaret. »Das tue ich nicht. Es wird höchste Zeit, dass ich vernünftig werde. Und wie geht es ihm?«
»Super.«
»Wirklich?«, fragte Margaret verletzt nach.
»Was soll ich denn sagen, Mum? Dass er schrecklich aussieht? Er sieht gut aus.«
»Ich verstehe. Und wann will er verkaufen?«
Rosie trat neben ihre Mutter und nahm ihr das Kleid aus der Hand, damit sie sich beruhigte und ihr zuhörte.
»Gar nicht.«
»Was? Ach, dann soll ich wohl ausziehen, damit er mit Giddy hier einziehen kann?« Ihre Wangen waren gerötet, und in ihren Augen standen Tränen.
»Nein, Mum! Hör auf, so ein Theater abzuziehen. Er überschreibt mir und Julian die Station… unter der Bedingung, dass wir für dich sorgen.« Margaret klappte der Mund auf.
»Aber du wirst dich einschränken müssen«, warnte Rosie und zielte dabei mit dem Finger auf sie. »Ich kann dir nicht den Lebensstandard bieten, den du gewohnt bist. Von jetzt an haben Julian und ich das Sagen.«
»Heißt das, dass ich hier bleiben kann?«, fragte Margaret ungläubig.
»Ja … aber ich würde dir trotzdem raten, deine Abendkleider zu verkaufen und meine gleich dazu. Ich habe unsere Bücher geprüft, wir stecken bis zum Hals in den roten Zahlen. Wenn wir nicht einiges ändern, können wir alles verlieren.«
»Natürlich«, sagte Margaret, der vor Erleichterung über Geralds Entscheidung beinahe die Beine wegknickten.
»Hör zu, du musst mir versprechen, dass du von jetzt an vernünftig mit unserem Geld umgehst.«
»Ja. Ja, natürlich werde ich das. Von jetzt an werde ich sparsam und vernünftig sein.« Dann umspielte ein Lächeln ihre Lippen. »Aber ich kann dir nicht versprechen, dass ich mir nicht mehr wünschen werde, ich könnte ihm die Eier abschneiden.«
»Schon in Ordnung, Mum.« Rosie lachte. »Das kannst du dir so oft wünschen, wie du willst.
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