Australien 03 - Tal der Sehnsucht
Evans Partner?«, fragte sie übertrieben fröhlich.
»Na ja, also, Geschäftspartner sind wir eigentlich nicht«, schränkte Evan ein.
»Aber trotzdem sind wir Partner«, ergänzte Julian und legte den Arm um Evan.
»Ach so. Ich verstehe.« Margaret wurde blass.
Verlegenes Schweigen machte sich breit, bis Jim ein bisschen zu laut sagte: »Na dann«, und Julian auf den Rücken schlug. »Wie wär’s mit einem Abstecher ins Pub? Rosie ist garantiert mit von der Partie. Wie steht’s mit euch?«
»Jesses!«, sagte Rosie noch mal, immer noch damit beschäftigt, die Eröffnung ihres Bruders zu verdauen. Sie spürte, wie sich in ihr ein warmes Gefühl breit machte. Schon seit ihrer Kindheit hatte sie gespürt, dass Julian irgendwie anders war. Endlich hatte sich das Rätsel gelöst. Und nach allem, was in ihrer Familie vorgefallen war, erschien ihr diese neue Entwicklung nicht von Bedeutung. Im Gegenteil, eigentlich war es ein Grund zum Feiern.
»Mum, wir fahren in deinem Auto«, bestimmte sie. »Komm mit, Evan. Ich kümmere mich um dich.« Dann führte sie ihn weg und warnte ihn mit gesenkter Stimme: »Nimm dich in Acht. Sie kann bissig sein.«
Sobald sie in die Wärme des Hotels traten, kam James Dean hinter seiner Theke hervor und verbeugte sich mit ausladender, galanter Geste.
»Willkommen, willkommen, willkommen , ihr Freunde und Anverwandte der lang vermissten Rosie!«
»Was hast du denn genommen?«, fragte Rosie.
»Ich übe nur für die Oscar-Verleihung«, sagte er. Dann deutete er mit einer einladenden Geste zur Theke hin.
»Wohl eher für den Homeorder-Kanal«, feixte Rosie.
»James Dean steht zu Ihren Diensten«, sagte er galant zu Margaret. »Sie sind schön genug, um Rosies Mutter zu sein.« Er half ihr auf einen Barhocker. Dann setzte er über die Theke, schenkte einen Scotch auf Eis ein und reichte ihn ihr formvollendet, ehe er ausgiebig mit Julian und Evan Hände schüttelte.
»Alle Freunde von Rosie und Jim sind auch meine Freunde«, verkündete er vollmundig. »Und jetzt, verehrte zum Alkohol Bekehrte, wird es Zeit, dass ihr die bezaubernde, vollbusige Prinzessin Amanda kennen lernt.« Er riss die Schwingtür zur Küche auf, und der Duft von gegrillten Steaks wehte in die Bar.
»Mands! Komm raus, und sag hallo zu Rosies Bagage!«, brüllte er mit seiner gewöhnlichen, rauen Stimme. Amanda trat grinsend heraus, ein Buch unter den Arm geklemmt.
»Hey, hallo alle miteinander! Gott, Rosie, dich haben wir ewig nicht mehr gesehen. Gibt wohl eine Menge zu tun auf der Station. « Dann fiel ihr wieder ein, was sie unter dem Arm trug, und sie hielt das Buch mit dem Titel Penis - Puppenspiele empor.
»Seht mal, was ich draußen im Müll gefunden habe!«
Ein paar Trinker sahen her und johlten begeistert. James Dean hob wie zur Kapitulation beide Hände.
»Wer im Showgeschäft rauskommen will, braucht eine Mehrfachbegabung. Es kann nie schaden, ein möglichst breites Repertoire zu haben.«
Amanda legte das Buch vor Rosie hin.
»Schau mal unter ›Kentucky Fried Chicken‹ nach, Rosie. Danach willst du nie wieder Hühnchen essen.«
Margaret, die unfreiwillig zugehört hatte, kippte entschlossen ihren Whisky hinunter.
»Der wird Sie auf Trab bringen«, versicherte ihr James Dean und versorgte sie sofort mit einem zweiten Scotch, ehe er hinter der Bar hin und her flitzte, um den Männern Bier zu zapfen und Rosie eine Cola Rum zu mixen. Rosie wischte das Kondenswasser von dem eiskalten Glas und spürte im selben Moment, wie die anderen Frauen im Pub sie anstarrten. Sie konnten kaum fassen, dass Sams Ex und Mrs Highgrove-Jones leibhaftig an der Bar saßen. Niemand wagte sich in ihre Nähe. Die Frauen starrten zwar auch Evan und Julian an, aber immer wieder kehrten ihre Blicke zu Jim und Rosie zurück. Rosie merkte, wie ihre Wangen zu brennen begannen. Sie fragte sich, was man wohl von ihr hielt. Ob die anderen Frauen wohl meinten, dass es noch zu früh war, um mit einem anderen Mann auszugehen? Rosie kippte ihren Rum. Leckt mich doch, dachte sie grimmig.
Da es ein langes Wochenende war, war der Pub ungewöhnlich voll, und die lärmenden Besucher hatten sich den Nachmittag über schon in Stimmung getrunken. Aus der Jukebox röhrten Lieder von Lee Kernaghan, und um den Billardtisch hatte sich eine Gruppe von Schafscherern versammelt, die eifrig Bier tranken und weniger eifrig ihre Kugeln spielten. In einigen von ihnen erkannte Rosie ehemalige Arbeiter von der Highgrove Station wieder. Sie schauten
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