Australien 03 - Tal der Sehnsucht
Margaret den Spinat fallen und klatschte in die Hände.
»Und er bringt jemanden mit!«, jubilierte sie. »Dann muss ich sofort anfangen zu kochen!«
»Übertreib’s nicht«, wiegelte Rosie ab, weil sie an die Einkaufsorgien ihrer Mutter und an die langen Monate denken musste, bis wieder Geld auf dem Geschäftskonto eingehen würde. Sie hatte ihre Mutter in die Buchhaltung eingearbeitet, und bislang schien sich das auszuzahlen.
»Keine Angst«, sagte Margaret. »Ich werde nicht in die Stadt fahren. Es kommt alles aus unserem Garten.«
»Danke, Mum«, sagte Rosie erleichtert und wandte sich ab.
»Wie wär’s heute Abend mit einem netten Essen?«, rief ihr Margaret fast bettelnd nach. »Vielleicht möchte Jim ja mit uns essen?«
Rosie seufzte. Wie lange sollten sie noch Theater spielen? Ihre Mutter wusste genau, dass sie die Nächte bei Jim im Quartier verbrachte. Aber sie vermied es sorgsam, das anzusprechen. Und Rosies Vater war als Thema ebenso tabu. Rosie musste zugeben, dass sich ihre Mutter gebessert hatte, seit sie um ein Haar ihre Tochter verloren hätte, aber sie klammerte sich immer noch an die Hoffung, dass Gerald eines Tages heimkommen und das Leben so weitergehen würde, wie sie es für normal hielt. Und eine Beziehung zwischen ihrer Tochter und einem Viehtreiber hielt Margaret definitiv nicht für normal. Trotzdem sagte sie nichts dazu, abgesehen von einer gelegentlichen, spitzen Frage wie: »Ist er wirklich dein Typ?« oder: »Glaubst du, er bleibt länger hier?« Rosie fühlte sich hin und her gerissen zwischen ihrer so offenkundig einsamen Mutter und ihrem glühenden Bedürfnis, mit Jim zusammen zu sein.
»Tut mir Leid, Mum. Jim und ich sind todmüde. Wir haben ein paar mörderische Tage hinter uns. Wir machen uns drüben im Quartier ein paar Sandwiches. Also dann, bis morgen früh.«
»Oh«, war alles, was Margaret sagte.
Spät am nächsten Tag waren Margaret und Rosie gerade damit beschäftigt, ein Abrechnungsprogramm auf dem Computer zu installieren, als sie unerwartet einen Lastwagen den Hügel heraufbrummen hörten. Jim hörte ihn ebenfalls und kam gerade rechtzeitig aus der Werkstatt, um zu beobachten, wie das Gefährt durch das Gartentor hereinrollte und mit zischenden Bremsen hielt. Auf der Seitenwand stand in riesigen Buchstaben zu lesen: »Bäume fürs Leben… Wir geben der Umwelt das Land zurück.«
Rosie und Margaret traten von der Veranda auf die Zufahrt. Aus der Kabine purzelte Julian, braun gebrannt und schlank, in ausgebeulten Khakiklamotten und mit dünnen schwarzen Lederbändchen um Hals und Handgelenk. Seine Haare waren blond gesträhnt. Er hatte geschnürte Buschstiefel an und ein breites Grinsen aufgesetzt. Sein Collie hüpfte hinter ihm aus dem Laster, dann knallte er die Tür zu. Auf der Fahrerseite sprang ein kleiner, schwarzhaariger Mann aus dem Wagen. Er trug die gleiche khakifarbene Uniform wie Julian.
»Jesses!«, sagte Rosie zu Julian. »Du siehst aus wie Crocodile Dundee!« Dann warf sie sich in seine Arme. »Willkommen daheim! «
Margaret drückte ihn ebenfalls an ihre Brust. Julian deutete auf den Mann an seiner Seite.
»Das ist Evan, mein Partner. Evan, meine Schwester Rosie und meine Mum Margaret.«
»Schön, euch kennen zu lernen.« Evan reichte ihnen nacheinander die Hand, und neben seinen braunen Augen bildeten sich tiefe Lachfalten.
»Und du bist bestimmt Jim«, sagte Julian, trat vor und schüttelte Jims Hand. »Von dir habe ich schon eine Menge gehört.«
»Das glaub’ ich wohl«, bestätigte Jim.
»Ha!«, rief Evan aus. »Du hörst dich an wie Pater Dougall aus dieser Pfaffenserie!«
»Aber hoffentlich nicht ganz so blöd«, erwiderte Jim.
»Also, ich weiß nicht recht«, neckte ihn Rosie, und Jim versetzte ihr einen strafenden Schubs. »Was ist das für ein Lastwagen? «, fragte sie.
»Das ist Evans Unternehmen. Ich arbeite mit ihm zusammen an verschiedenen Aufforstungsprojekten.«
»Es ist eine halb private, halb öffentlich subventionierte Initiative«, erklärte Evan. »Wir schützen die innerstädtische Tierwelt, indem wir möglichst natürliche Lebensräume für sie anlegen.«
»Und wir dezimieren eingeschleppte Tierarten, wenn sie überhand nehmen.«
»Könnt ihr euch nicht auch um Jim kümmern? Er ist nicht hier geboren… also irgendwie auch eingeschleppt, oder Mum?«
Aber Margaret hatte ihnen gar nicht zugehört. Sie grübelte immer noch darüber nach, wie Julian seinen Freund vorgestellt hatte.
»Du hast gesagt, du wärst
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