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Australien 04 - Wo wilde Flammen tanzen

Australien 04 - Wo wilde Flammen tanzen

Titel: Australien 04 - Wo wilde Flammen tanzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Treasure
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erreicht hatte. Emily schauderte, als sie unter den Bäumen hindurchgingen.
    »Gestern Nacht …«, setzte sie an. »Da ist noch etwas passiert, das ich dir erzählen muss.«
    Bridie sah sie an.
    »Etwas wirklich Merkwürdiges.« Emily erzählte ihrer Freundin von den Hufschlägen, dem ohrenbetäubenden Lärm und dem plötzlichen Windstoß. Bridie wollte schon einen Witz darüber reißen, doch als sie Emilys verängstigte Miene sah und das Beben in ihrer Stimme hörte, zog sie Emily stattdessen in ihre Arme.
    »Seit meinem Unfall sind mir ein paar richtig schräge Sachen passiert, Bridie. Ich habe die merkwürdigsten Sachen gehört und gesehen. Und mein Kopf … es ist, als würde ich anders denken als früher.«
    »Was für Sachen siehst oder hörst du denn?«
    »Zeugs aus der Vergangenheit. Komische Sachen wie das mit den Pferden. Aber auch Menschen.«
    »Du meinst, so wie ›Ich sehe tote Menschen‹« , zitierte Bridie flüsternd die Stelle aus The Sixth Sense.
    » Genau. So ungefähr.«
    »Na ja«, antwortete Bridie mit gespielter Tapferkeit, »nach so einer schweren Verletzung kann so was schon vorkommen. Du weißt schon, nach deinem Nah-Tod-Dingens. Du brauchst einfach ein bisschen Zeit.«
    »Ich glaube, ich werde allmählich verrückt.«
    Zu diesem Zeitpunkt spazierten sie gerade durch die Teebäume und sahen Emilys Schlafsack im offenen Gras liegen. Emily stieg ins kalte Flusswasser und watete flussaufwärts. Nirgendwo waren Hufabdrücke zu sehen. Es lagen keine von einem heftigen Windstoß herabgerissenen Zweige herum. Sie watete wieder flussabwärts und sah Bridie fragend an.
    »Bestimmt hast du es nur geträumt«, meinte ihre Freundin sanft.
    »Aber«, betonte Emily mit Nachdruck, »Luke war auch hier. Er hat es auch gehört.«
    Bridie schauderte. »Komm schon, Kleine. Wir waschen uns kurz und gehen dann zu den anderen zurück. Ich mach dich zurecht, und dann wirst du richtig scharf auf diesem wunderschönen Pferd aussehen, das du da hast. Auch wenn diese Arschgesichter in der Stadt Mist gebaut haben, können wir diesen Tag noch feiern, nämlich als Ende einer wunderbaren Ära. Lass dir von denen nicht das Leben vermiesen. Sieh es positiv. Irgendwie ist es auch eine Erleichterung, dass die Sache ein Ende hat. Keine Kämpfe mehr. Keine Demonstrationen mehr.«
    Emily tauchte in das frische, eisige Wasser und bekam sofort eine Gänsehaut. Aber nicht nur wegen der Kälte, auch vor Angst. Sie hätte sich so gern in dem Glück gesonnt, das sie mit Luke gefunden hatte, doch gleichzeitig lag alles unter einer dunklen Wolke. Ihre frisch erwachte Liebe wurde von einer Schreckensnacht überschattet und von der kalten, knallharten Tatsache, dass sie die Tochter eines verbannten Cattleman war und ihr Liebster ein Parkranger. Immer wieder spritzte sich Emily das eisige Wasser ins Gesicht und versuchte nach besten Kräften, die Erinnerung an Luke und diese Nacht abzuwaschen.

DRITTER TEIL

29
    Allmählich wurden die Tage auf den Dargo High Plains kürzer, und ein Hauch von Frost lag in der Abendluft. Der Winter nahte und damit der Zeitpunkt, an dem die Rinder von den Hochgebirgsweiden auf niedrigere Hänge getrieben werden mussten. Diesmal war es eine besonders beschwerliche und traurige Aufgabe für Emily und ihre Familie, denn im nächsten Jahr würde es keinen Abtrieb mehr geben.
    Emily stand in ihren Steigbügeln und ließ Snowgums Zügel hängen.
    »Saaaalz!«, rief sie über die leere Ebene. »Saaaaalz!«
    Sam wiederholte ihren Ruf von seinem rotbraunen Wildpferd aus. Ihre Stimmen schallten über die mit Schneegras bewachsene Lichtung und durch die knorrigen weißen Äste der Bäume. Flo und Rod stimmten in den Cattleman-Ruf ein.
    Tief im Busch spitzten die Rinder die Ohren und drehten ihre Köpfe in Richtung der Rufe. Als die Stimmen immer wieder zu hören waren, muhten einige Kühe sanft ihre Kälber an und wackelten mit den Köpfen, um sie in Marsch zu setzen, während andere ihre ausgewachsenen Babys ungeduldig vorwärtsschubsten. Je lauter die Salz-Rufe wurden, desto schneller marschierten die Kühe durch den Wald, bis sie schließlich im Trab durch die Teebäume brachen und sich unter den tief hängenden Ästen der Eukalyptusbäume wegduckten.
    An der Salzlecke hörte Emily die Herde kommen. Es war immer wieder ein beglückender Moment, wenn sie die gesunden, wohlgenährten Kühe durch die Bäume traben sah.
    Auf dem Gras der eingezäunten Rinderweide gab es mehrere kahle Stellen, wo die Flanaghans den

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