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Australien 04 - Wo wilde Flammen tanzen

Australien 04 - Wo wilde Flammen tanzen

Titel: Australien 04 - Wo wilde Flammen tanzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Treasure
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unglaublichen dunkelbraunen Augen mit den langen geschwungenen Wimpern. Emily erwiderte seinen Blick. Er freute sich tatsächlich, dass sie überlebt hatte. Einen Moment war sie sehr glücklich. Dann überkam sie genauso plötzlich eine tiefe Unsicherheit. Beide lachten nervös.
    Er sah auf die Zeichnung in ihrer Hand.
    »Sind Sie Künstlerin?«
    Emily lachte. »Nein. Aber meine Tochter ist eine.«
    »Gott sei Dank! Wenn Sie das gemalt hätten, wären Sie eine echt beschissene Künstlerin, aber nachdem es Ihre Tochter gemacht hat, ist es wirklich gut. Die Kleine hat Talent. Ist das Ihr Haus?«
    »Irgendwie schon«, erwiderte Emily.
    »Nur ein Kind?«
    »Ich habe noch ein Mädchen.«
    »Zwei Mädchen. Wie nett.«
    Beide verstummten. Mehr gab es im Moment nicht zu sagen. Sie sah wieder in den Baum hinauf. Der Mann wollte gerade wieder etwas sagen, als sie jemanden rufen hörten.
    »Luuuke!«
    Er sprang auf und sah sich um. Emily drehte sich ebenfalls um und entdeckte ein dünnes Mädchen in Shorts und Trägertop, das an der Seite eines Pflegers auf Krücken durch die Schiebetür humpelte, in der Hand hielt sie eine riesige Tüte, aus der ein Rattenkopf ragte.
    »Das ist sie. Ich muss los«, sagte Luke. Er entfernte sich rückwärts über den Rasen. »War nett, mit Ihnen zu reden.« Er schenkte Emily noch ein Lächeln, mit dem er ihr Herz zum Schmelzen brachte, und war im nächsten Moment verschwunden.
    »Heilige Schafskacke«, sagte Emily wieder. Seine Freundin war das Rattenmädel. Und ihr Kostüm war die »Polsterung«, von der er gesprochen hatte. Lächelnd machte sie sich auf den Rückweg zu ihrem Zimmer.
    In dieser Nacht wachte Emily auf, ohne dass sie sagen konnte, warum. Sie stützte sich auf und sah sich auf der abgedunkelten Station um. Das Licht vom Gang erzeugte ein schiefes Rechteck auf dem Boden. Sie sah auf die Uhr. Es war kurz nach elf.
    »Verflucht noch eins.« Sie sank auf ihr Kissen zurück. Die Tage waren im Krankenhaus schon lang, aber die Nächte waren viel schlimmer. In der gespenstisch stillen Leere der Nacht sah Emily wie schon so oft die Hütte auf der Hochebene und spürte erneut, wie das Land sie zu rufen schien. Die Visionen kamen inzwischen auch, wenn sie wach war. Was hatte das alles zu bedeuten, grübelte sie. Warum sah sie in ihren Träumen immer wieder das Gesicht der alten Frau? Warum hatte sie nicht ihre eigene Mutter Suzie gesehen, als sie zwischen Leben und Tod geschwebt hatte? Eigentlich wollte sie nur wieder ein ganz normales Leben führen.
    »Jetzt werd endlich gesund«, murmelte sie leise, den Blick auf ihren Körper gerichtet. Dann hörte sie ein Geräusch, ein Scharren, das eindeutig unter ihrem Bett hervorkam.
    »Hallo?«, fragte sie nervös.
    »Psst.« Eine Stimme zischte durch die Dunkelheit, genau unter ihr.
    »Heiliger Strohsack!«, sagte Emily und tastete hektisch nach dem Lichtschalter und dem Knopf für die Krankenschwester.
    »Nein, nein, nein, tu das nicht!« Eine Männerhand schoss unter dem Bett hervor und packte ihre. »Lass bloß niemanden wissen, dass ich hier bin!« Sie hörte ein vertrautes leises Lachen.
    »Sam?«, flüsterte sie. »Sam? Bist du das? Verflucht noch mal …«
    Unter leisem Klappern und Scharren rutschte ihr Bruder unter dem Bett hervor, in der Hand hielt er ein Kissen und eine Krankenhausdecke.
    »Sam! Was tust du hier?«
    Sie brauchte ihn nur zu sehen, und schon wurde sie von Gefühlen überwältigt. So gut sie konnte, streckte Emily die Arme aus, und er warf sich so vorsichtig wie möglich hinein. Sie atmete tief seinen Duft ein. Eine Mischung aus Whisky und Gras, unterlegt von dem vertrauten Aroma, das ihm allein eigen war. Ihrem Bruder.
    Erschrocken erkannte Sam, wie zerbrechlich sie aussah. Wie geisterhaft ihr Blick wirkte. Und die schönen Haare, die immer so lang gewesen waren, waren weg. Sie sah geschwächt und gebrochen aus, und Sam wurde es schwer ums Herz. Trotzdem stieß sie einen Freudenschrei aus.
    »Psst! Psssst! Ich bin auf der Flucht vor dem Gesetz, Schwester. Nicht so laut«, erklärte er ihr in einem schrecklich aufgesetzten Nashville-Akzent.
    »Ach, Sam, du großer dummer Depp.« Sie lagen sich lachend und weinend zugleich in den Armen. »Ich dachte, du wärst in den Staaten. Daddy versucht schon ewig, dich anzurufen!«
    »Ich hab mir ein bisschen Ärger eingehandelt. Sie haben mich verhaftet. Aber jetzt ist alles geklärt.«
    »Verhaftet! Sam! Wegen Drogen?«
    Sam zuckte mit den Achseln und wischte sich mit der Hand übers

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