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Australien 04 - Wo wilde Flammen tanzen

Australien 04 - Wo wilde Flammen tanzen

Titel: Australien 04 - Wo wilde Flammen tanzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Treasure
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Riesige schwarze Gummistiefel und unförmige grüne Gärtnerhandschuhe vervollständigten den Aufzug, eine Mischung aus schrulliger alter Dame und Hippiemädchen. Sobald der kleine Jack Russell der Frau die Rinder gesehen hatte, war er wie besessen zur Steinmauer gerannt, auf die Mauerkrone gesprungen und hatte, die Vorderpfoten imponierend gespreizt, die Eindringlinge angekläfft.
    »Jesus!«, rief die alte Frau. »Jesus Christus! Jeee-sus!«, rief sie noch einmal. Als Emily begriff, dass der Hund tatsächlich Jesus Christus hieß, musste sie laut lachen. War die Frau irre, oder hatte sie nur einen völlig abgedrehten Humor?
    Die Rinder blieben stehen, um den kleinen weißen Hund anzugaffen, der ihnen in Hundesprache Obszönitäten entgegenbellte. Eine ältere Kuh warf ärgerlich den Kopf in den Nacken, dann trottete die Herde weiter. Früher waren die Kühe oft über die verfallene Mauer gestiegen, um in dem überwucherten Garten zu weiden und sich die Rücken an den tiefen Ästen des Walnussbaumes zu scheuern. Emily hatte sie währenddessen auf ihrem Pferd umkreist und dann einen Hund hergerufen, um sie weiterzutreiben. Sie lagen gern auf der faulen Haut, wenn sich eine Gelegenheit bot, und im Sommer hatte der Schatten des Walnussbaumes immer besonders einladend gewirkt.
    Doch innerhalb eines Jahres hatte Evie die Mauer wieder aufgebaut, sodass die Rinder nicht mehr unter den großen Baum und auf das üppige grüne Gras konnten, das inzwischen ungemäht darunter wucherte. Emilys Blick war über den hübschen, fruchtbaren Garten und die sonnige Bank auf der Veranda gewandert. Verrückt oder nicht, die Frau ließ sich nicht unterkriegen. Von Snowgums Rücken aus hatte Emily zurückgewinkt, war aber nach einem kurzen, schüchternen Gruß weitergeritten. Diese Frau strahlte etwas aus, das ihre Mitmenschen auf Abstand hielt. So als wollte sie für sich bleiben. Sie hatte sich ihr eigenes kleines Paradies geschaffen; die Flanaghans winkten ihr im Vorüberreiten zu, aber noch nie war die Frau aus den Steinmauern um ihren Garten getreten, um mit ihnen zu plaudern.
    Jetzt sah die ganze Familie fasziniert zu, wie Evie Jenner aus ihrem kleinen blauen Auto stieg und eine große Tasche vom Rücksitz zog. Ihr Hund stolperte hinterher, bleckte Rousie kurz die Zähne und machte sich sofort daran, alles anzupinkeln, was er nur finden konnte.
    »Jesus! Jesus Christus!«, schimpfte Evie. »Kommst du her, du kleiner Köter?« Der Hund ignorierte sie. Als Evie auf sie zukam, konnten sie erkennen, dass sie zwar winzig klein, aber unter ihren viel zu großen Sachen fit und drahtig wirkte. Sie trug ihr graues Haar in zwei Zöpfen, die ihr kleines, sonnengebräuntes Gesicht umrahmten. Schließlich blieb sie vor ihnen stehen.
    »Ich bin Evie«, verkündete sie. »Ich habe gehört, dass hier eine Krankenschwester gebraucht wird?«
    Alle starrten sie mit offenen Mündern an, als wäre Mary Poppins an ihrem Regenschirm vom Himmel getrudelt.
    »Wie wär’s mit einer Tasse Tee?«, brachte Flo gerade noch heraus, und im nächsten Moment führten sie Evie durch die Fliegentür. Unterwegs zwinkerte sie Emily mit ihren grasgrünen Augen zu. Ihr Blick strahlte eine solche Lebenskraft aus, dass Emily spürte, wie sich ihre Nackenhaare aufstellten. Was für durchdringende grüne Augen! In einem Sekundenbruchteil hatte dieser Blick etwas in Emilys Innerstem zum Leben erweckt, von dem sie bis zu diesem Moment nichts geahnt hatte. Es war fast so, als müsste Evie hier sein. Als würde Emily sie irgendwoher kennen.
    Sie schüttelte das Gefühl ab und ermahnte sich, dass die kursierenden Gerüchte wahrscheinlich stimmten. Mit ihren langen grauen Zöpfen, dem Hippierock und der selbst gestrickten Wolljacke sah Evie aus wie eine dieser selbstgerechten Ökotanten. Die jedem, der Fleisch aß und Milch trank, ein schlechtes Gewissen einreden wollten. Sie hatte ganz bestimmt nichts für die Cattlemen übrig. Emily beschloss, dass sie sich auf gar keinen Fall von ihr pflegen lassen würde.
    Am Küchentisch spielte Flo wenig überzeugend die Hausmutter. Sie schüttete den Teekessel mit kochendem Wasser voll und knallte eine alte Dose mit gammelig aussehenden Keksen auf den Tisch.
    »Wir haben auch Brandy da, wenn Sie welchen möchten.«
    »Tee ist schon in Ordnung.«
    »Hier«, sagte Rod. »Setzen Sie sich. Bitte.« Er zog einen Stuhl heraus und deutete darauf.
    Evie nahm am Kopfende des Tisches Platz, und die Mädchen bauten sich neben ihr auf, um ihre langen

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