Australien 04 - Wo wilde Flammen tanzen
Journalist.
»Stimmt es, dass Sie die Tochter des Cattleman sind, die vor einiger Zeit vom Pferd gestürzt ist?«, fragte der Nächste.
»Was war das für eine Broschüre, die Sie dem Premier mitgegeben haben?«
Emily besah sich den Medienrummel und holte tief Luft.
»Ich habe ihm einen Weg gezeigt, wie das Land in der Hochgebirgsregion sinnvoll bewirtschaftet werden kann – was durch das vorgeschlagene Verbot bestimmt nicht passieren würde«, sagte sie.
Die Journalisten feuerten immer mehr Fragen auf sie ab, aber jetzt stand ein Polizist neben ihr, der furchterregend ernst aussah.
»Sie müssen mit mir kommen, Miss«, sagte er.
Aus dem kleinen Grüppchen von Umweltschützern, das sich in der Nähe versammelt hatte, wedelte eine als Eukalyptus verkleidete Demonstrantin mit einem Stock in ihre Richtung und kreischte schrill: »Raus aus den Bergen!« Emily drehte sich um und lächelte den Baum an. Heute einmal keine Ratte, dachte sie.
Noch während Emily sich wegführen ließ, um sich eine polizeiliche Belehrung anzuhören, beschloss sie, sich nicht verängstigt, sondern euphorisch zu fühlen. Sie hatte sich selbst bewiesen, dass ihre Stute und ihr Körper wieder zu allem fähig waren, und sie hatte obendrein einen Samen ausgestreut, genau wie Evie es ihr geraten hatte. Und wo ein Samen ausgestreut worden war, bestand immer Hoffnung, dass etwas daraus erwuchs.
22
Eine Woche darauf stemmte der neue VPP -Ranger die Hände in die Hüften und ließ den Blick über das Buschgelände am Fluss knapp außerhalb von Dargo wandern.
»Ein Paradies«, sagte Luke Bradshaw zu sich. Er hatte das Grundstück ganz spontan mit dem Geld gekauft, das ihm sein Vater ausbezahlt hatte, nachdem die Farm verkauft worden war. Bis jetzt hatte ihn nichts gedrängt, das Geld auszugeben. Aber nachdem er sich jetzt ein eigenes Heim gekauft hatte, war es, als wäre ihm eine tonnenschwere Last von den Schultern genommen worden. Er fragte sich, wie Cassy wohl in Melbourne zurechtkam. Nachdem das Telefon noch nicht angeschlossen war und sein Handy hier keinen Empfang hatte, konnte sie ihn unmöglich erreichen. Vielleicht sollte er sie kurz vom Münztelefon im Ort aus anrufen. Das war nur fair. Als er sie das letzte Mal gesehen hatte, hatte sie einigermaßen hysterisch auf ihre Trennung reagiert.
Er ließ den Blick über den Fluss wandern, der in einem geschwungenen »S« am Haus vorbeizog, und verbannte Cassy aus seinen Gedanken. Er wollte seine acht Hektar genießen, die sich an einem steilen Hügel aufwärts bis zu einem Damm erstreckten. Sein Blick blieb auf der schäbigen kleinen Hütte liegen, die nach Nordwesten auf den Fluss blickte. »Ein Klecks frische Farbe könnte vielleicht helfen«, munterte er sich optimistisch auf. Er hatte alles zu einem Spottpreis bekommen. Das Land selbst war, obwohl mit Unkraut überwuchert, erstklassig: fruchtbarer, schwerer Boden unten am Fluss, der in steile Hänge und mit Busch bewachsene Hügel überging. Neben dem Haus stand ein Schuppen, und dahinter gab es eine Reihe von Pferchen, die mit Eukalyptusholz eingefriedet waren und von den Zeiten kündeten, als das Grundstück wesentlich größer gewesen war.
Im Schuppen parkte ein Holden- WB -Pick-up aus zweiter Hand. Luke wusste, dass man ihm ein Dienstfahrzeug zur Verfügung stellen würde, aber nach dem beengten Leben in Melbourne und an Cassys Seite war ihm die persönliche Freiheit wichtiger als je zuvor, und einen eigenen Pick-up zu besitzen gab ihm das Gefühl, frei zu sein. Er wollte schon immer einen Holden WB haben. Wie das Haus musste auch der Pick-up von Grund auf überholt werden, aber beide besaßen auch Charakter.
Zuletzt hatte Luke noch einmal tief in die Tasche gegriffen und zwei Australian Stockhorses mit exzellentem Stammbaum erstanden, die er in Horse Deals gefunden hatte. Beide hatte er auf dem Weg nach Dargo probegeritten, nachdem er in Melbourne sein Hab und Gut eingepackt hatte. Genau wie das Haus hatte er die Pferde vom Fleck weg gekauft. Er hatte vor, das eine zu reiten und das andere zur Zucht zu verwenden, je nachdem, mit welchem er eine engere Verbindung aufbaute. Der Vorbesitzer hatte sie gleich am nächsten Tag vorbeigebracht und ihm für ein paar hundert Dollar mehr ein drittes Pferd dazugegeben, weil er sich den Unterhalt nicht mehr leisten konnte.
Der hinzugekaufte Wallach hatte einen erstklassigen Stammbaum, war aber noch ein halbes Fohlen ohne jede Erfahrung. Luke konnte keine drei Pferde brauchen und erst recht
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