Australien 04 - Wo wilde Flammen tanzen
Cascade? Crown oder Blonde?«
Emily wand sich unentschlossen, bis sie Donnas spöttisches Grinsen bemerkte.
»Bier, Donna. Irgendein verdammtes Bier!«
Donna wuchtete einen Karton auf die Theke. Emily zuckte zurück. Das war nicht gerade ein elegantes Wiedergutmachungsgeschenk.
»Nein. Entschuldige, Donna. Ich nehme doch keinen Karton. Lieber eine Flasche Bundy-Rum. Du hast nicht zufällig ein Geschenkband zur Hand? Um die Flasche ein bisschen aufzumotzen?«
Donna seufzte laut und flatterte wieder mit den Mascara-verklebten Wimpern. » Das muss ein Mann sein!«
Emily legte die Rumflasche zusammen mit einem Knäuel blauer Plastikschnur, der einzigen Dekoration, die sie auftreiben konnte, auf den Beifahrersitz des Pick-ups und fuhr die paar Meter zum laubumrankten Eingang des Buschkrankenhauses.
Kaum hatte sie den Bau betreten, da sah sie schon fünf Krankenhausangestellte, die Empfangssekretärin, Putzfrau und Ärztin eingeschlossen, um Penny herumstehen. Alle tranken Sekt aus dünnen Flöten, in denen ein paar Erdbeeren schwammen. Die Runde wirkte ausgesprochen fröhlich. An Pennys Handgelenk war ein Aluminiumballon gebunden, auf den Alles Gute und viel Glück! aufgedruckt war. Auf der Theke standen ein Kuchen und ein Teller mit Pralinen. Penny lächelte ihr hübsches kleines Elfenlächeln, und ihr rotbrauner Pferdeschwanz hob sich glänzend über dem jungfräulichen Weiß ihrer Schwesternuniform ab. Als sie sich umdrehte und Emily am Empfang stehen sah, rutschte das Lächeln von ihrem Gesicht und wich einem Ausdruck von Verunsicherung.
Die Empfangssekretärin Betty Waldron, die so untrennbar zum Krankenhaus gehörte wie die elektrischen Leitungen, schaltete als Erste in Arbeitsmodus um.
»Ach, Emily, Schätzchen! Du bist hier, um dir von Dr. Doreen den Gips abnehmen zu lassen, richtig?« Emilys Blick löste sich von Betty und kam auf den anderen Frauen zu liegen. O Gott, dachte sie, während sie ihnen in die Augen sah. Die wissen bestimmt alle über Penny und Clancy Bescheid.
» Ach, du brauchst dir wirklich keine Sorgen zu machen. Dr. Doreen hatte nur den alkoholfreien Sekt! Die schneidet den Gips in Null Komma nichts auf.«
Dr. Doreen trat in ihren Gesundheitstretern vor, wobei ihre ausladenden, in Nylon gezwängten Schenkel unter dem formlosen Blumenkittel geräuschvoll aneinanderrieben.
»Na, dann los, Emily, und nimm deinen Arm mit«, befahl sie in einem aristokratischen Englisch, dann sah sie über ihre Brille hinweg prüfend auf die beiden Krankenschwestern.
»Tracy«, sagte sie. »Du hilfst uns. Wir wollen Penny an ihrem letzten Tag doch nicht so schwer arbeiten lassen.«
Vielleicht wusste Dr. Doreen doch nichts von der Sache zwischen Penny und Clancy, dachte Emily hoffnungsvoll. Den Blick eisern auf den Boden gerichtet, mit geröteten Wangen und der Klimaanlage zum Trotz einem leichten Schweißfilm auf der Stirn eilte sie an den Krankenhausangestellten vorbei.
Im Behandlungszimmer streckte sie den Arm vor, während die Ärztin und Krankenschwester den Gips mit einem Gerät aufschnitten, das aussah wie eine kleine Kreissäge. Bald brach der Gips auf wie eine Auster, und zum Vorschein kam ein weißer, fast schuppiger Arm, der verglichen mit Emilys anderem kräftigen und gebräunten Arm kaum noch Muskelmasse besaß. Während Dr. Doreen die Haut säuberte, stellte sie Emily zahllose Fragen und hob dabei den Arm an, um ihn zu ziehen, zu drehen und zu drücken.
»Wie es aussieht«, sagte sie schließlich, wobei sie einen Schritt zurücktrat und Emily begutachtete wie ein Kunstobjekt, »hat Evie Jenner Sie wieder auf die Beine gebracht. Sie sind gut in Form.«
Emily beugte und streckte die Finger und sagte: »Gut, ja, gut.«
Sie konnte sich unmöglich auf Dr. Doreens Geplänkel konzentrieren, weil sie wusste, dass Penny gleich nebenan stand. Gab Penny etwa ihren Job in Dargo auf, um mit Clancy in Brigalow zu leben? Emily stellte sich vor, wie Penny auf ihrer Couch saß und fernsah. Ihrer Couch, die sie mit dem Verkauf ihrer Kühe bezahlt hatte. Sie malte sich aus, wie Penny und Clancy zusammen im Bad standen und sich unter der Dusche liebten, so wie er und Emily es getan hatten, als sie frisch verheiratet waren. Sie versuchte ihre Gedanken halbwegs im Zaum zu halten – doch dann ließ Dr. Doreen die Bombe platzen. Sie beantwortete alle Fragen und noch mehr.
»Tracy hier wird jetzt unsere neue Oberschwester«, verkündete Dr. Doreen. Tracy, geformt wie ein Wasserball, wackelte nickend mit ihren
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