Australien Stefan Loose E-Book Reisef¿hrer
Raum. Doch was aufsteigt, kommt irgendwo wieder herab. In großer Höhe strömen über dem Ozean die aufgestiegenen Luftmassen zurück nach Osten und sinken an der südamerikanischen Küste ab, dabei erwärmen sie sich und dehnen sich aus. Innerhalb dieses kräftigen Hochdruckgebietes ist es so trocken, dass sich in Meeresnähe sogar Wüsten gebildet haben.
In einem El-Niño-Jahr schiebt sich im heißen Südsommer von Norden her eine warme Meeresströmung entlang der südamerikanischen Küste nach Süden und drängt den kühlen Humboldtstrom in tiefere Gewässer ab. Das Hochdruckgebiet schwächt sich durch die Erwärmung so stark ab, dass es zu einer Umkehrung der Strömungs- und Windverhältnisse kommt.
Wenn plötzlich kaltes, nährstoffreiches Wasser durch warmes, nährstoffärmeres Wasser ersetzt wird, zieht dieses ein Algen- und Fischsterben nach sich. Zudem gelangen durch das warme Wasser feuchte Luftmassen auf das Land, es kommt in Südamerika zu heftigen Niederschlägen, katastrophalen Überschwemmungen und Erdrutschen.
El Niño hat aber auch in anderen Regionen der Südhalbkugel weitreichende Auswirkungen. Da sich die Wolken nun bereits an der südamerikanischen Küste abregnen, bleiben im australisch-indonesischen Raum die Niederschläge aus und werden schmerzlich vermisst. Durch die Trockenheit kommt es im Osten Australiens zu erheblichen Ernteausfällen, erhöhter Wald- und Buschbrandgefahr sowie stärkerer Bodenerosion. Selbst an der Ostküste Südamerikas bleibt der Südostpassat aus, und sogar an der Ostküste Afrikas kommt es zu Dürren.
Auf El Niño folgt oft sein Gegenpart: La Niña. Dann ist der Druckunterschied zwischen dem Hochdruckgebiet vor Südamerika und dem Tiefdruckgebiet bei Indonesien besonders groß. Das verstärkt die Passatwinde ebenso wie die damit einhergehende westliche Meeresströmung. An der Westküste Südamerikas steigt mehr kaltes Tiefenwasser an die Oberfläche, sodass die Wassertemperaturen im Ostpazifik unter dem Normalwert, im Westpazifik hingegen darüber liegen. Die Folgen: erhöhte Trockenheit an der Westküste Südamerikas und sintflutartige Regenfälle und Überschwemmungen in Ost- und Nord-Australien.
Die Stärke von El Niño wird im Southern Oscillation Index (SOI) angegeben. Man misst den mittleren monatlichen Luftdruck in Darwin und zieht diesen Wert von dem in Tahiti ab. Da der Luftdruck in Tahiti normalerweise höher ist als in Darwin, ist der SOI normalerweise positiv, in Zeiten des El Niño sinkt dieser Wert jedoch und kann sogar negativ sein.
Wissenschaftler sind sich darüber einig, dass das Naturphänomen El Niño bereits seit langer Zeit existiert und unabhängig von den vonMenschen verursachten Klimaveränderungen ist. Ob und wie sich diese auf El Niño auswirken, ist umstritten. Tatsache ist jedoch, dass El Niño in den letzten zehn Jahren (1997–2007) dreimal wiederkehrte, früher hingegen nur durchschnittlich alle sieben Jahre auftrat. Der El Niño 1997/98 war zudem der stärkste, der je dokumentiert wurde, und wurde von El Niño 2002/2003 dann gleich noch einmal übertroffen. Deren negativer Effekt potenzierte sich durch insgesamt erhöhte Durchschnittstemperaturen, (insbesondere öfter auftretende und länger andauernde Hitzewellen) und das Ausbleiben feuchterer Perioden nach dem Abklingen eines El Niños: Anstatt sich wieder teilweise zu füllen, sank der Wasserspiegel der Reservoire und Talsperren, die der Trinkwasserversorgung der Städte dienen, beständig weiter, zahlreiche Bäche und Flüsse trockneten aus oder schrumpften zu Rinnsalen.
Die Auswirkungen anhaltender Dürreperioden in Australien
In Australien ziehen lang anhaltende Dürreperioden viele Probleme nach sich: Wenn die Pflanzen vertrocknen, bieten ihre Wurzeln dem fruchtbaren Humus keinen Halt mehr, der meist nur in einer sehr dünnen Schicht die ansonsten unfruchtbaren australischen Böden bedeckt. Er wird vom Wind abgetragen. Sand- und Staubstürme wehen Wolken rotbrauner Erde über Hunderte von Kilometern, lagern sie über Australiens Städten ab oder tragen sie ins Meer hinaus.
Die Sommer im Süden Australiens sind in der Regel regenarm, und das Thermometer kann dann in einigen Regionen wochenlang bis auf über 40 °C ansteigen.
Aufgrund der hohen Temperaturen sind dann nicht nur die Wälder, sondern auch das Busch- und Grasland im Süden Australiens stark feuergefährdet. Wenn in dieser Phase noch eine anhaltende Trockenheit hinzukommt, erhöht sich die Gefahr immens.
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