Auswahl seiner Schriften
tragen, da er sie mehr noch ohne ihn liebe.
Schwanhilde , gerührt und beruhigt, räth ihm, dennoch den Ring nicht von sich zu geben, denn für den Mann, der ihn trage, enthalte er den Siegerstein, der in jedem Kampfe ihm Sieg versichere.
Wieland will auch von dieser Eigenschaft keinen Nutzen ziehen; er hängt ihn hinter der Thüre seines Hauses an einem Bast auf; »hier hänge du, weder ich noch mein Weib bedürfen dein!« –
Schwanhilde . »O Wieland, muß ich mich deiner Liebe nun erfreuen, und darf ich nie wünschen, ihr Leid und Kummer zu erregen; muß ich nun immer bei dir weilen wollen, – so nimm dieß Fluggewand, birg es wohl und verschließ' es fest! Denn erblick' ich die Flügel, und weiß ich sie in meiner Macht, so sehr ich dich liebe, nicht könnte ich der Lust widerstehen, auf ihnen mich in die Lüfte zu schwingen: so wonnig ist der Flug, so selig das Schweben im klaren Meere der Luft, daß, wer einmal es genoß, nie des Sehnens darnach sich erwehren kann: er muß es stillen, wird ihm die Macht dazu!«
Wieland erschrickt über die Begeisterung Schwanhilde's; er rafft hastig das Fluggewand zusammen. »Und die Liebe hielte dich nicht?« –
Schwanhilde (sinkt ergriffen an Wieland's Brust. Sie weint und ruft) : »Nun lebt wohl, theure Schwestern! Leb' wohl, liebe arme Mutter! Schwanhilde sieht euch nie wieder!«
Wieland ist hingerissen von ihrer Liebe und ihrem Schmerz. Doch ist er besorgt um sie: noch sei sie nicht ganz geheilt, – ihre Stirne glühe im Fieber. Er bittet sie, in sein Haus zu treten, und auf seinem Lager sich auszuruhen; er gehe dann, seinen Bruder Helferich zu holen; der sei der geschickteste Arzt, und werde sie schnell ganz heilen. – Er geleitet die Müde, die ihn liebevoll umschlingt, in das Haus.
Dritte Scene
(Es ist voller Abend geworden. Ein Schiff legt seitwärts im Hintergrunde an; aus ihm steigen vorsichtig Bathilde und Frauen an das Land. Sie spähen, ob Wieland anwesend sei. Da sie ihn in Kurzem wieder aus der Thüre treten sehen, halten sie sich hinter Gebüsch zurück.)
Wieland (im Begriff, die Thüre zu schließen, hält an, und kämpft mit sich, ob er nicht wieder umkehre) . »Ich verschloß das Fluggewand nicht: – doch, schläft sie nicht, die Müde und Kranke? Und bin ich nicht zurück, ehe sie erwacht? – Oder sollte ich Verdacht gegen sie hegen? Sollte ich sie als gefangene Beute halten? – O nein, frei soll sie mich lieben!« – Freudig erregt verläßt er die Thüre. Dann kehrt er wieder um. »Doch schließe ich wohl die Thüre? – Um sie zu halten? – Du Thor! Wollte sie entfliegen, zur Esse hinaus, zum Fenster in den Hof hinaus, fände ihr Flug leicht den Weg! – Doch sie schläft, drum schütze sie die gute Thüre, daß Keiner sie störe.« Er schließt ab, und geht mit dem Ausrufe: »Nun, Brüder, sollt ihr Wunder hören, wie schnell ich ein Weib mir gewann!« raschen Schrittes über die Scene ab.
Bathilde (in Waffenrüstung tritt mit den Frauen hervor). »Meine Runen wiesen mich recht; hieher floh die Verwundete, denn bekannt ist dieser Strand wegen seiner Heilkraft; nun möge Gram Wieland fangen; das Wichtigste vollbring' ich selbst. Gewinne ich den Ring des Schwanenweibes, dann bin ich des mächtigsten Kleinodes Herrin, und selbst mein Vater verdanke einzig mir seine Macht.« – (Sie geht an die Thüre und betrachtet das Schloß.) »Fürwahr, das kunstreichste Schloß, das je geschmiedet war! Doch was ist Menschenkunst gegen Zauberkraft?« – Sie berührt das Schloß mit einer kleinen Springwurzel; die Thüre, nach außen gehend, öffnet sich von selbst; an der Rückwand der Thüre gewahrt Bathilde sogleich den, von Wieland am Baste aufgehängten, Ring Schwanhilde's. Sie erkennt ihn, löst ihn vom Baste und schließt die Thüre wieder fest, wie zuvor. –
Vierte Scene
(Neu angekommene Schiffe haben am Strande angelegt, Gram ist mit bewaffneten Männern an das Land gestiegen. – Bathilde , die den Ring angesteckt hat, geht ihm freudig entgegen.) »Wohl wies ich euch recht, Gram; gelingt die That, so hat mein Vater dir viel zu danken: fängst du den kunstreichsten Schmiedt, daß er ihm dienen muß, so gewannst du ihm mehr, als ein neues Königreich. Stellt nach ihm aus im Walde, dorthin sah ich ihn gehn. Daß er auch willig folge, vernichtet Alles, was ihm hier lieb und werth. Verbrennt ihm Haus und Hof, daß anderswo er Glück suchen müsse.« – Männer haben sich entfernt, um Wieland nachzustellen; in das Haus werden Feuerbrände
Weitere Kostenlose Bücher