Auswahl seiner Schriften
Schmiedt singt zu seiner Arbeit, die soeben der Vollendung nahe ist; er wünscht seinem Geschmeide Kraft, den Frauen, die es tragen, in den Augen ihrer Liebsten immer neuen Reiz zu verleihen, denn: – »gesteht es nur, Reiz und Schönheit thut den Frauen noth, wollen sie die Männer an sich binden; ein kluger Mann sorgt darum wohl dafür, daß nie der Frau, die er immer lieben will, an Reiz es gebreche. Seht, wie ich für euch sorge: dieß Geschmeide schuf ich euren Frauen. Zwei Spangen sind's, die theil' ich unter euch.«
Eigel und Helferich sind erfreut, danken und loben ihren Bruder, und fragen, wie sie ihm erwidern sollen.
Wieland »Schmied' ich aus Liebe nicht für euch? Für eure Frauen schaff' ich erst recht aus Liebe! Kein König darf mich heißen, was ich nur gerne thue. – Doch Eigel, rathe du, was ich für dich geschmiedet?«
Eigel. »Ein neues Werk? Fürwahr, du saßest lange einsam dort am Heerd; verhungert wärest du, hätt' ich mit Jagdbeute dich nicht versorgt! Nun sag', was schufest du so emsig?«
Wieland. »Schau' her, den Stahlbogen hier für dich, wenn du auf Jagen gehst!«
Eigel , entzückt, prüft den Bogen, und lobt ihn als den stärksten, schwungkräftigsten und schönstgeformten, den man je gewinnen könne.
Wieland. »So erleg' uns heute noch ein gutes Wild! In hehren Thaten sollst du einst ihn aber spannen. – Dir, Helferich, der du aus duftenden Kräutern den Heiltrank uns gewinnst, dir schuf ich dieß zierliche Gefäß aus Gold, daß du ihn darin verwahrst!«
Helferich erstaunt über die Schönheit des Fläschchens, und lobt, daß er nun den Heiltrunk mit sich tragen könne.
Wieland. »Bald sollst du mächtig deine Kunst bewähren, denn bald soll sich blutiger Streit im Wikingenland erheben; gar manche Wunde heilst du dann den edlen Wikingssprossen! Noch einen Helden giebt es, den ich liebe; für den, seht, schuf ich dieses Schwert: das sollt ihr, theure Brüder, dem König Rothar bringen! Gegen die Neidinge soll er es schwingen, die Nordland's freie Männer knechten!«
Die Brüder. »Was weißt du von Rothar?«
Wieland. Wachilde, das holde Meerweib, das dem König Wiking einst unseren Vater gebar, die erschien mir dort aus den Wogen und gab mir Kunde. Gar viel hat sie mir vertraut, – von Wate, unserem Vater; wie die Küste uns zu freiem Eigen von Wiking ward bestimmt, wie Wiking's Söhne, die eine Königstochter ihm gebar, von Mißgeschick gedrängt würden; wie aber Rothar nun in Heldenkraft erblühe, und um ihn sich Alles schaare, was Neiding's wachsender Macht widerstehe. Dieß Alles meld' ich euch wohl heute Abend, beim traulichen Mahl!«
Helferich. »So komm' mit uns; die Sonne sank schon tief, und du hast dein Tagwerk doch wohl vollbracht: wer schuf so viel Wunderwerke als du?«
Eigel. »Zum heutigen Mahl erlege ich zuvor mit dem neuen Bogen noch ein edles Wild! dess' sollst du dich, Wieland, freuen!«
Helferich. »Auch sollst du uns geloben, nun bald ein Weib zu nehmen, daß unsere Liebessorge um dich sich mehren könne.«
Wieland (hat aufmerksam nach dem Meere hingeblickt; jetzt ruft er plötzlich) . »Seht ihr dort es durch die Lüfte fliegen?«
Eigel (der auch näher hinblickt) . »Drei seltene Vögel, wie ich keine noch sah!«
Helferich . »Sie kommen näher!« –
Eigel . »Hei, fürwahr! Jungfrauen sind's, mit Schwanenflügeln schweben sie durch die Lüfte!«
Helferich . »Nach Westen geht der eilende Flug!«
Wieland . »Mich dünkt, der Einen giebt die Eile Müh'; sie ist ermüdet!« –
Eigel . »Doch verschwunden sind sie nun; um die Waldecke ging der Flug.«
Helferich (mit Eigel sich nach dem Vordergrunde wendend) . »Woher die kamen, da blutete wohl mancher Held.« –
Eigel . »Schildmädchen waren es sicher, im Nordland erhoben sie Streit.« (Zu Wieland , der unverwandt noch nachblickt.) »Nun, Wieland, komm'! Was starrst du in die Luft? Wo mein Auge nichts erspäht, da gewahrst du wahrlich nichts!«
Wieland (begeistert und traurig, tief aufseufzend). »Oh, könnt' ich fliegen! In den Lüften freit' ich ein Weib!« –
Helferich . »Komm' heim zum Mahl!«
Wieland (ohne sich umzuwenden) . »Bereitet es wohl, ich folg' euch bald!« (Die Brüder gehen fort. – Wieland späht immer aufmerksam nach dem Meere) . »Ha, dort seh' ich die Eine niederschweben: – was der Schütze nicht sah, erkannte ich. – Sie ist matt – verwundet wohl: – sie vermag nicht im Fluge sich gegen den Wind zu halten! – Sie blieb zurück – sinkt immer tiefer
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