Auswahl seiner Schriften
– der Wind drückt sie nach dem Wasser! – Sie ist ihrer nicht mächtig, schon taucht sie auf die Fluth! – Frisch, Wieland! In der Meereswoge erjagst du dir wohl dein Wild!« (Er springt in das Meer und schwimmt hastig von dannen. Nach einer Weile sieht man ihn wieder zurückschwimmen; er hält das Schwanenmädchen mit dem einen Arme umfaßt, und erreicht mit ihr das Ufer.)
Zweite Scene.
Schwanhilde (wird ohnmächtig von Wieland an das Land gebracht, ihre Arme sind in mächtigen Schwanenflügeln verborgen, die matt, und schlaff herabhängen). Wieland (legt sie an der Schmiede auf eine Moosbank nieder). Er gewahrt, daß sie unter dem linken Flügel verwundet ist, betrachtet näher, und erkennt, daß die Flügel abzulösen sind, und wie er dieß vollbringen müsse; er löst vorsichtig die Flügel von Armen und Nacken, und erkennt mit Entzücken ein schönes, wohlgestaltetes Weib. So vermag er auch nun sicher zur Wunde zu gelangen; es ist ein Speerstich. Schnell entsinnt er sich des Heilmittels, das Helferich ihm für solche Wunden gegeben, und kommt mit einem Kraute wieder zurück; nachdem er ihr dieß auf die Wunde gelegt, verbindet er sie. Dann lauscht er ihrem Athem. Sie kommt allmählich zu sich, schlägt die Augen auf und erblickt Wieland. Sie erschrickt über ihren Aufenthalt, und wähnt sich in Neiding's Macht gefallen. Wieland beruhigt sie: – er habe sie aus dem Meere gerettet und ihre Wunde geheilt: sie solle ihm darum nicht zürnen. – Sie fühlt sich der Flügel beraubt, machtlos in eines fremden Mannes Gewalt. »O Schwestern, liebe böse Schwestern! Weh, ihr ließet mich hilflos zurück! Wie soll ich die Mutter je wiederfinden!« Sie weint heftig.
Wieland tröstet sie : »Verließen dich die Schwestern, so sei nun in meinem Schutz; dich, holdes, seliges Weib, laß mich beschützen mit meinem Leben!« – Es gelingt ihm, sie zu beruhigen: er bittet sie zärtlich, sich zu schonen, daß die Wunde sicher heile. –
Schwanhilde .»So bist du nicht von Neiding's Stamme?«
Wieland . »O nein! ich bin aller Neidinge Feind. Schon schmiedete ich das Schwert, das sie vertilgen soll. Frei wohne ich mit meinen Brüdern hier, keinem Könige sind wir unterthan. – Doch sage mir, wer bist du, wundervolle Frau?«
Schwanhilde ist von Wieland's Liebe gerührt; sie wünscht ganz vergessen zu können, wer sie sei und woher sie kam, da sie nun wohl fühlt, daß ihr Vergessen trostreicher sein müsse, als Gedenken! – Sie erzählt Wieland, der sich neben sie gesetzt hat, wer sie sei. König Jsang im Nordland war der Vater ihrer Mutter; der Fürst der Lichtalben entbrannte in Liebe zu dieser: als Schwan nahte er sich ihr und entführte sie weit über das Meer, nach den »heimlichen Eilanden«. In Liebe vereint, wohnten sie dort drei Jahre, bis die Mutter in thörichtem Eifer zu wissen begehrte, wer ihr Gatte sei, wonach zu fragen er ihr verboten hatte. Da schwamm der Albenfürst als Schwan durch die Fluthen davon, – in weiter Ferne sah die jammernde Mutter, wie er auf seinen Flügeln sich in das Luftmeer erhob. Drei Töchter hatte sie geboren, Schwanhilde und ihre Schwestern: denen wuchsen alle Jahre Schwanenflügel, welche die Mutter aus Sorge, auch sie möchten ihr entfliegen, ihnen jedesmal abstreifte und vor ihren Blicken verbarg. Nun kam aber Kunde über das Meer, daß König Jsang von Neiding überfallen, getödtet, und sein Land von ihm geraubt worden sei. Da entbrannte in der Mutter Zorn und Rache; sie begehrte Neiding zu strafen, beklagte, nur Töchter, keinen Sohn geboren zu haben; gab daher den Töchtern die wohlverschlossen gehaltenen Fluggewänder, hieß sie als Walküren nach Nordland fliegen, um Rachekampf gegen Neiding zu erheben. Nun hätten sie die Männer erregt, und mit ihnen gegen den räuberischen König gestritten; eher wandten sie sich nicht zur Umkehr, als bis Schwanhilde verwundet worden; leider habe sie aber, wie Wieland wisse, den Schwestern vor Wundmüdigkeit nicht mehr folgen können. – »Nun bin ich in deiner Macht!«
Wieland ist hingerissen, schwört sie zu lieben und nie sie zu verlassen.
Schwanhilde . »Liebst du mich wirklich?« Sie zieht einen Ring vom Finger und reicht ihn Wieland. »Sieh', dieser Ring erregt dir Liebeszauber: trägt ihn ein Weib, der Mann, der sich ihr naht, muß dann in Liebe für sie glüh'n; der wohl auch gewann mir nur deine Liebe.«
Wieland , der den Ring empfangen, fühlt durch diese Hingebung seine Liebe nur wachsen; er bittet sie, den Ring nie zu
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