Auswahl seiner Schriften
außerordentlichen Schwunge angeregt, sein Siegesmuth zu einer großen, unerhörten That angespornt fühlen! Er war nicht Feldherr, – er war Musiker, und so sah er in seinem Reiche das Gebiet vor sich, in dem er dasselbe verrichten konnte, was Bonaparte in den Gefilden Italiens vollbracht hatte. Die in ihm auf's Höchste gespannte musikalische Thatkraft ließ ihn ein Werk konzipiren, wie es vorher noch nie gedacht, noch nie ausgeführt worden war: er führte seine Sinfonia eroica aus, und wohl fühlend, wem er den Impuls zu diesem Riesenwerke verdankte, schrieb er den Namen »Bonaparte« auf das Titelblatt. Und in der That, ist diese Symphonie nicht ein ebenso großes Zeugniß menschlicher Schöpfungskraft, als Bonaparte's glorreicher Sieg? Dennoch frage ich, beurkundet irgend ein Merkzeichen in der Art der Ausführung dieser Komposition einen unmittelbaren äußeren Zusammenhang mit dem Schicksale des Helden, der damals noch nicht einmal auf der höchsten Stufe des ihm bestimmten Ruhmes angelangt war? Ich bin so glücklich, in ihr nur ein gigantisches Denkmal der Kunst zu bewundern, mich an der Kraft und der wohllüstig erhebenden Empfindung, die mir bei Anhörung derselben die Brust schwellt, zu stärken, und überlasse anderen, gelehrten Leuten, aus den geheimnißvollen Hieroglyphen dieser Partitur die Schlachten bei Rivoli und Marengo herauszubuchstabiren!«
Die Nachtluft war noch kühler geworden; der Kellner, der sich während des Gesprächs genähert, hatte meinen Wink verstanden und den Punsch entfernt, um ihn aufwärmen zu lassen; jetzt kam er zurück, und von Neuem dampfte das erwärmende Getränk vor unseren Augen. Ich schenkte ein und reichte R.... meine Hand.
»Wir sind einig«, sprach ich, – »wie immer, wenn es sich um die innigsten Fragen der Kunst handelt. Seien unsere Kräfte auch noch so schwach, so verdienten wir doch nicht einmal den Namen wahrer Musiker, wenn wir in so grobe Irrthümer über das Wesen unserer Kunst verfallen könnten, wie Du sie soeben rügtest. Das, was die Musik ausspricht, ist ewig, unendlich und ideal; sie spricht nicht die Leidenschaft, die Liebe, die Sehnsucht dieses oder jenes Individuums in dieser oder jener Lage aus, sondern die Leidenschaft, die Liebe, die Sehnsucht selbst, und zwar in den unendlich mannigfaltigen Motivirungen, die in der ausschließlichen Eigenthümlichkeit der Musik begründet liegen, jeder andern Sprache aber fremd und unausdrückbar sind. Jeder soll und kann nach seiner Kraft, seiner Fähigkeit und seiner Stimmung, aus ihr genießen, was er zu genießen und zu empfinden fähig ist!« –
»Und ich genieße heute«, – unterbrach mein Freund voll Begeisterung, – »die Freude, das Glück, die entzückende Ahnung einer höheren Bestimmung aus den wundervollen Offenbarungen, in denen Mozart und Beethoven an diesem herrlichen Frühlingsabende zu uns sprachen. Es lebe das Glück, es lebe die Freude! Es lebe der Muth, der uns im Kampfe mit unserem Schicksale beseelt! Es lebe der Sieg, den unser höheres Bewußtsein über die Nichtswürdigkeit des Gemeinen erringt! Es lebe die Liebe, die unsern Muth belohnt; es lebe die Freundschaft, die unsern Glauben aufrecht erhält! Es lebe die Hoffnung, die sich unserer Ahnung vermählt! Es lebe der Tag, es lebe die Nacht! Hoch der Sonne! Hoch den Sternen! Dreimal hoch die Musik und ihre Hohenpriester! Ewig verehrt und angebetet sei Gott, der Gott der Freude und des Glückes, – der Gott, der die Musik erschuf! Amen.«
Arm in Arm verschlungen traten wir unsern Heimweg an; wir drückten uns die Hände, und sprachen kein Wort weiter.
Wieland der Schmiedt, als Drama entworfen.
Anmerkung des Herausgebers 18) Der Dramenentwurf entstand in den Jahren 1849–50, wozu S. 129 dieses Bändchens zu vergleichen ist. Seine dichterische und musikalische Ausführung mußte dann vor der des Nibelungenstoffes zurückweichen. (Ausführlicheres über den Entwurf und seine Geschichte in einem Aufsatze Dr. Schlössers, »Bayreuther Blätter« 1895, S. 30–64.)
Personen:
Wieland , der Schmiedt. Eigel , der Schütz, Brüder.
Helferich , der Arzt.
Schwanhilde .
Neiding , König der Niaren.
Bathilde , seine Tochter.
Gram , sein Marschall.
Erster Akt.
Mark Norweg, waldiger Uferraum am Meere, im Vordergrunde zur Seite Wieland's Haus mit der Schmiede, welche frei davor steht.
Erste Scene.
Wieland sitzt und schmiedet an einem goldenen Geschmeide; seine Brüder Eigel und Helferich lehnen neben ihm und sehen ihm zu. – Der
Weitere Kostenlose Bücher