Auswahl seiner Schriften
nächtliches Gespenst von mir wies, indem ich eilend aus ihm fortfloh und nach den frischen Alpenbergen der Schweiz mich wandte, um wenigstens nicht mehr den Pestgeruch des modernen Babel zu athmen. Hier, im Schutze schnell gewonnener biederer Freunde, sammelte ich mich zunächst zur öffentlichen Kundgebung eines Protestes gegen die augenblicklichen Besieger der Revolution, denen ich wenigstens den Titel ihres Herrenrechtes abzustreiten hatte, nach welchem sie sich für die Beschützer der Kunst ausgeben. So ward ich wiederum zum Schriftsteller, wie ich es einst in Paris geworden war, als ich meine Wünsche auf Pariser Kunstruhm hinter mich warf und gegen das Formelle des herrschenden Kunstwesens mich empörte: jetzt hatte ich mich aber gegen dieses ganze Kunstwesen in seinem Zusammenhange mit dem ganzen politisch-sozialen Zustande der modernen Welt auszusprechen, und der Athem, den ich hierzu schöpfen mußte, hatte von anhaltenderer Natur zu sein. In einer kleineren Schrift »Die Kunst und die Revolution« deckte ich zunächst diesen Zusammenhang auf, und wies den Namen der Kunst für Das, was gegenwärtig unter diesem schützenden Titel zur Spekulation auf die Schlechtigkeit und Elendigkeit des modernen »Publikums« sich anläßt, gebührend zurück. In einer etwas ausführlicheren Abhandlung, die unter dem Titel des »Kunstwerkes der Zukunft« erschien, wies ich den tödtlichen Einfluß jenes Zusammenhanges auf das Wesen der Kunst selbst nach, die bei ihrer egoistischen Zerstückelung in die modernen Einzelnkünste unfähig geworden sei, das wirkliche allein giltige, weil allein verständliche , und einen rein menschlichen Inhalt zu fassen allein fähige, Kunstwerk zu Stande zu bringen. In meiner neuesten schriftstellerischen Arbeit: »Oper und Drama«, zeigte ich nun, bestimmter auf den rein künstlerischen Gegenstand eingehend, wie die Oper bisher irrthümlich von Kritikern und Künstler für das Kunstwerk angesehen worden sei, in welchem die Keime, oder gar die Vollendung des von mir gemeinten Kunstwerkes der Zukunft bereits zur Erscheinung gekommen wären; und wies nach, daß nur aus der vollständigen Umkehrung des bisherigen künstlerischen Verfahrens bei der Oper einzig das Richtige geleistet werden könnte, indem ich hierbei das Ergebniß meiner eigenen künstlerischen Erfahrungen meiner Darstellung des vernünftigen und allein zweckmäßigen Verhältnisses zwischen Dichter und Musiker zu Grunde legte. Mit dieser Arbeit, und mit der hier gemachten Mittheilung, fühle ich nun, dem Drange, der mich zuletzt zum Schriftsteller machte. Genüge gethan zu haben, indem ich mir sagen zu dürfen glaube, daß, wer mich nun noch nicht versteht, mich unter allen Umständen auch nicht verstehen kann, weil er nicht – will .
Während dieser schriftstellerischen Periode hörte ich jedoch nie ganz auf, auch mit künstlerischen Entwürfen mich zu tragen. War ich im Allgemeinen mir über meine Lage wohl auch so klar, daß ich an die Möglichkeit, jetzt eines meiner Werke aufgeführt zu sehen, um so weniger glaubte, als ich selbst mit Grundsätzlichkeit jede Hoffnung und somit jeden Versuch eines gedeihlichen Befassens mit unseren Theatern überhaupt aufgegeben hatte; und hegte ich innerlich somit ganz und gar nicht die Absicht, ja sogar die vollste Abneigung dagegen, durch neue Versuche das Unmögliche möglich machen zu wollen, so fand sich doch zunächst äußere Veranlassung genug, mich wenigstens wieder in entferntere Berührung mit unserer öffentlichen Kunst zu setzen. Ich war gänzlich hilflos in die Verbannung gegangen, und ein möglicher Erfolg als Opernkomponist in Paris mußte meinen Freunden, und endlich selbst wohl auch mir, als der einzige Quell dauernder Sicherung meiner Existenz gelten. Nie aber konnte ich in meinem Inneren an die Möglichkeit solchen Erfolges denken, und dieß zwar um so weniger, als mich jedes Befassen mit dem Pariser Opernwesen, nur im Gedenken daran, bis auf den Grund meiner Seele anwiderte; der äußeren Noth gegenüber, und weil selbst meine teilnehmendsten Freunde meinen Widerstand gegen diesen Plan nicht als durchaus gerechtfertigt zu begreifen vermochten, versuchte ich endlich dennoch, mich zu einem letzten, martervollen Kampfe gegen meine Natur zu zwingen. Auch hierbei wollte ich jedoch keinen Schritt von meiner Richtung abweichen, und entwarf für meinen Pariser Operndichter den Plan zu einem » Wieland der Schmiedt «, den meine Freunde nach meiner Deutung bereits aus dem
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