Ausweichmanöver (German Edition)
das?“
„Direkt nach den Osterferien.“
„Gab es ein besonderes Vorkommnis?“
„Auf der Fahrt? Nicht, dass ich wüsste. Nur Timo, der musste im letzten Augenblick absagen.“
„Warum das denn?“
„Da bin ich überfragt. Ich weiß nur, dass er morgens bei Frau Bergmann, die ist mit der Truppe geflogen, angerufen und gesagt hat, dass er nicht mitkommen kann. Da stand sie schon auf dem Flughafen kurz vor dem Einchecken und konnte nichts mehr unternehmen.“
Ich notierte die Telefonnummer von Frau Bergmann und bedankte mich bei ihr. So langsam fügten sich die Puzzleteilchen zusammen.
Der hatte nicht nur auf den Lehrer Heckmann einen Rochus, sondern auch auf seine Kumpels. Wie praktisch, alles in einem Aufwasch erledigen zu können.
Frau Bergmann würde ich später anrufen. Die war sicher in der Schule unterwegs und kümmerte sich um Eltern und Schüler.
Noch fünfzehn Minuten, bis ich losmusste, um Kofi abzuholen. Das sollte reichen. Ich öffnete die Datei, die ich mir zu den Einbrüchen auf meinem privaten PC angelegt hatte, damit ich daran herumtüfteln konnte. Es musste ein verbindendes Element geben.
Handelte es sich bei den Bestohlenen um Verwandte der Jugendlichen? Willig, Asmus, Hüttner, Shekovietz, auf den ersten Blick nicht. Allerdings konnten die beiden Webers durchaus Michelles Großeltern mütterlicherseits sein, wenn man nach dem Aussehen ging.
Ich schickte Marc eine SMS, in der ich ihn bat, das zu überprüfen.
Kofi und ich hatten beschlossen, uns zuerst einmal das Dach der HAWK anzusehen. Die Spurensicherung war abgerückt, sodass wir nun ungehindert einen eigenen Eindruck gewinnen konnten. Wir glaubten nicht daran, etwas zu finden, was die anderen übersehen hatten. Wir wollten einfach nachfühlen, die gleiche Position einnehmen, sehen, hören und riechen, was der Täter wahrgenommen hatte. Wir wollten seine Perspektive einnehmen, vielleicht verriet uns das etwas. Zum Beispiel über sein Ziel.
Ich hielt die Skizze in der Hand, auf der markiert war, wo sich wer befunden hatte, wo die Kugeln gefunden wurden.
„Die Gruppe, die sich hinter dem Spielgerät befand, ist von hier aus nicht zu sehen, genauso wenig wie alle, die sich im Rondell befanden.“
Kofi schaute mir über die Schulter. „Wenn die Markierungen richtig sind, hat er tatsächlich zuerst geradeaus geschossen. Da wurden Michelle und Philip erschossen und Valentin und Gordon verletzt.“
„Genau da stand Heckmann.“
„Nachdem er weggelaufen ist, hat der Täter zur Seite geschwenkt“, ergänzte Kofi.
„Hinter dem flüchtenden Heckmann her? Je schräger, desto weniger gut konnte er sehen.“
Kofi kniete sich flugs an den Dachrand, um zu prüfen, was der Täter sehen konnte, wenn er sich vorbeugte. Ich wäre nicht so nah an die Kante gegangen. Aufgeregte Rufe von unten sorgten dafür, dass er gleich wieder aufstand. Ein paar Schülerinnen und Schüler, die sich auf dem Hof versammelt hatten, zeigten aufgebracht nach oben, einige liefen weg.
„Wir müssen hier wieder runter. Sonst lösen wir noch eine Panik aus.“
„Ich habe gesehen, was ich sehen wollte. Der Kerl hatte eine völlig freie Schussbahn zu beiden Seiten und in den hinteren Teil des Hofes. Er konnte da jeden treffen, den er treffen wollte.“
„Sofern er ein ausreichend guter Schütze ist.“
„Was Timo nicht ist.“
„Falls seine Mutter alles weiß.“
„Oder uns alles verraten hat.“ Kofi legte nachdenklich den Zeigefinger an die Nase. „Das wirkt auf mich nicht wie ein spontaner Überfall. So nach dem Motto: Du nervst, Alter. Ich hol mal eben meine Knarre und mach dich alle. Wo hatte er die Waffe versteckt? Wie wusste er, dass man hier so einfach hochkommt?“
„Ich könnte mir vorstellen, dass die Jugendlichen das als Mutprobe machen. Obwohl, wenn das öfter vorkäme, gäbe es bestimmt Stacheldraht und andere Sicherungen.“
„Es wäre jedoch möglich, dass er die Waffe hier oben versteckt hat.“
„Für alle Fälle.“
„Weil er gewusst hat, dass Herr Heckmann mittwochs hier Aufsicht hat.“
Ich nickte, denkbar war das.
Schweigend stiegen wir wieder vom Dach herunter. Ich fragte Kofi: „Wollen wir uns gleich unter die Trauernden mischen?“
„Mausig kommt nachher als Offizieller, wir können uns dieserhalb unters einfache Volk begeben und die Ohren offenhalten.“ Er grinste breit und ging noch breitbeiniger vor mir her.
„Was soll das werden, Mittelalter oder Cowboy und Indianer?“
Er verzog schuldbewusst den
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