Ausweichmanöver (German Edition)
Dach kletterte, um den Lehrer, der seiner Tochter das Abitur vermasselte, umzulegen? Bereitete ihm das Ganze dann so viel Freude, dass er gleich noch die unliebsamen jungen Männer, die seiner Tochter an die Wäsche wollten, mit um die Ecke brachte?
War er einfach zu spät gekommen? Hatte er nicht geahnt, dass Timo gar nicht in der Schule war?
Ich beschloss, ihn genau zu beobachten, während Kofi die Anzeige aufnahm.
Herr Sproy klopfte wenig später schüchtern an unsere Tür. Kofi öffnete ihm schwungvoll, platzierte ihn auf den Besucherstuhl und begann, das Formular abzuarbeiten.
Julias Vater antwortete mit leiser Stimme, präzise. Er sah übernächtigt aus, tiefe Augenringe sprachen davon, dass er in dieser Nacht nicht viel geschlafen hatte.
Ich nahm zur Kenntnis, dass er sich wohl doch Sorgen machte, oder hatte er einfach zu viel oder zu wenig getrunken letzte Nacht?
Jedenfalls hatte er sich gut vorbereitet, hatte Geburtsurkunde, ein neues Foto, Handynummern und sogar ein Kleidungsstück mitgebracht, das sie vor Kurzem getragen hatte. Er legte es auf den Tisch. „Falls Sie Hunde einsetzen wollen.“
Kofi reagierte nicht. Doch mir war das alles zu glatt.
„Haben Sie eine Vermutung, wo Ihre Tochter sein könnte?“
„Ich habe bei allen Freunden angerufen, sogar bei Frau Fleck. Sie ist nirgends, keiner hat sie gesehen.“
„Frau Fleck hat ihren Sohn nicht vermisst gemeldet.“
„Das wundert mich nicht. Der ist schon 18, und die kümmert sich sowieso nicht um ihn.“
Ich versuchte, ihn zu provozieren. „Vielleicht weiß sie einfach, wo er ist.“
Er sah mich an. Sein Gesicht gewann an Farbe. „Das wagt die nicht.“
„Was wagt sie nicht? Sie anzulügen? Warum nicht?“
„Weil, weil, …“ Er schien aufzubrausen, sackte dann wieder zusammen und sagte lammfromm: „Das gehört sich nicht. Ich mache mir schließlich Sorgen.“
Ein Punkt für ihn. Egal, was Frau Fleck von ihm hielt, zusätzliche Angst würde sie ihm nicht einjagen, oder?
„Was haben Sie eigentlich vor, wenn Ihre Tochter wieder da ist?“
Er schien meine Frage nicht zu verstehen. „Hauptsache, sie kommt wieder. Vor allem jetzt. Alles ist so unsicher. Julia ist mein Ein und Alles.“
„Ihre Tochter ist fast erwachsen, da kommt es schon mal vor, dass sie eine Nacht mit einem Freund verbringt.“
Ich konnte sehen, dass er die Zähne zusammenpresste.
„Julia ist erst sechzehn, fast noch ein Kind“, sagte er sanft. „Sie ist noch nie über Nacht weggeblieben, ohne zu fragen.“
Irgendwann ist immer das erste Mal. Wahrscheinlich hat sie dir erzählt, sie schläft bei einer Freundin, und in Wirklichkeit war sie mit Timo, bei Timo …? Verflucht, wo waren die beiden, wenn sie weder bei ihm noch bei ihr zu Hause waren?
Warum konnten Eltern ihre eigenen Kinder niemals realistisch einschätzen?
Ich hatte genug. Das führte zu nichts. Der sagte genau das, was er glaubte, was wir hören wollten.
Schade, dass wir keinen Whiskey hatten, der würde ihm die Zunge lockern.
Kofi entließ ihn mit dem Versprechen, sich sofort zu melden, sobald wir etwas erfuhren.
Als die Tür hinter ihm zugefallen und seine Schritte verklungen waren, sagte Kofi halblaut: „Eine Weile habe ich darüber nachgedacht, ob er unser Täter sein könnte.“
Bevor ich etwas sagen konnte, klingelte sein Telefon schon wieder.
Ich stöhnte genervt auf. Erst diese Andacht heute Morgen, dann der Mausig mit seinen gebellten Anweisungen zum weiteren Vorgehen, danach ein klugscheißernder Ministerpräsident, der Durchhalteparolen zitierte und in Gedanken schon beim nächsten Termin war, gefolgt von einem Musterexemplar Vater; und jetzt suchte uns vermutlich ein besorgter Bürger auf, der uns vorwerfen wollte, dass wir im Büro unsere Ärsche plattsaßen, statt draußen Verbrecher zu fangen, während er unsere Arbeit erledigte.
24
Lars und Valentin zögerten, bevor sie die Klingel drückten. „Wir möchten gern zu Kofi, zu Herrn Kayi, bitte“, sagte Valentin.
Der Summer ertönte, Lars drückte die Tür auf. Eine junge Frau zeigte ihnen den Weg.
Er erwartete sie auf dem Gang. „Kriminalkommissar Kayi, was kann ich für Sie tun?“
Valentin lächelte schief, weil er gesiezt wurde. „Wir kommen wegen gestern, wir haben …, er hat.“
„Kommt erst mal rein und setzt euch.“ Er hielt uns die Tür auf. „Das ist Kriminalhauptkommissar Stefan Ollner. Wir arbeiten zusammen an dem Fall.“
Ollner erkannte Lars sofort wieder. „Ach, der junge Mann mit der
Weitere Kostenlose Bücher