Ausweichmanöver (German Edition)
Glück.
Nachdem sich die Tür hinter Julia und Frau Fleck geschlossen hatte, erklärte Herr Fleck: „Julia ist zusammengebrochen, als sie die Nachricht erhalten hat. Meine Frau hat die beiden mit dem Wagen abgeholt, und unser Hausarzt hat sich um Julia gekümmert. Timo hat befürchtet, dass Sie ihn einsperren. Deswegen kommt er erst heute. Er wollte unbedingt warten, bis es Julia besser geht. Da er nachweislich nichts mit der Schießerei zu tun hatte, ist das akzeptabel.“
„Akzeptabel? Sie sind Anwalt, muss ich Ihnen aufzählen, gegen wie viele Paragrafen Sie verstoßen haben?“
„Das können Sie sich sparen. Ich sagte, meine Frau hat sie abgeholt. Ich hatte mit der ganzen Sache nichts zu tun, bin erst heute Morgen beim Frühstück informiert worden, dass die beiden da sind.“
Sollte ich mich auf eine Auseinandersetzung mit ihm einlassen? Wir hatten das Haus gesehen. Wenn man wollte, konnte man da zehn Leute verstecken, solange sie sich ruhig verhielten. Eigentlich unwichtig. Darum konnten sich andere kümmern, sobald wir den Fall abgeschlossen hatten.
Allein darauf kam es an. Wir mussten endlich den wahren Täter fassen. Diese Überfälle mussten aufhören.
46
Wir hatten gerade begonnen, das Protokoll auszudrucken, als die Tür zu unserem Büro aufflog. Oberstudienrat Heckmann, mit wirrem Haar und verrutschter Krawatte, stürmte herein. Er schleuderte ein schwarzes T-Shirt auf meinen Schreibtisch und brüllte etwas, das ich nicht verstehen konnte.
Dann erblickte und erkannte er Timo.
Mit einem Satz, den ich dem schweren Mann nie zugetraut hätte, stürzte er sich auf den Jungen. Vater und Sohn wurden von ihren Stühlen gefegt.
Heckmann schrie noch immer.
Er schlug mit den Fäusten auf den Jungen ein, der quer unter ihm lag. Der Stuhl war zerbrochen. Einzelteile lagen überall verstreut.
Es gelang mir, Heckmanns Hand zu packen, als er gerade eine Armlehne ergriffen hatte und auf den Jungen einschlagen wollte. Kofi und Herr Fleck mussten mir helfen, ihn zu bändigen. Wir legten ihm Handschellen an und verfrachteten ihn in meinen Stuhl. Er blutete aus der Nase und hatte einen Kratzer unter dem Auge.
Timo wies im Gesicht keine Verletzungen auf, hielt sich aber die Brust. Als er zur Toilette ging, humpelte er. Vater Fleck war außer Puste. Hemd und Jacke zerrissen. Kofi würde ein Veilchen bekommen, und mir tat die Hand weh. Der Verrückte hatte mich doch tatsächlich gebissen, als ich ihn gepackt hatte.
Als Heckmann schön gesichert auf seinem Stuhl saß, kamen auch ein paar Kollegen angelaufen. War ja klar, sie kamen, nachdem wir alles unter Kontrolle hatten.
Während Timo den Raum verließ, um zur Toilette zu gehen, hatte Heckmann aufgeheult. „Warum darf der Verbrecher gehen?“
Was war passiert, dass Heckmann so durchgedreht war? Der Diebstahl seines Wagens war eigentlich abgehakt. Zumindest war das mein Eindruck gewesen.
„Herr Heckmann, sind Sie jetzt bereit, vernünftig mit uns zu sprechen?“
Er knirschte mit den Zähnen. Ich nahm das als Ja.
„Was führt Sie zu uns.“
„Nehmen Sie das Shirt.“ Er zeigte mit dem Kinn auf meinen Schreibtisch.
Ich nahm das T-Shirt in die Hand. Eines der Bandshirts der Star Oil Equipe, ziemlich klein.
Die Tür öffnete sich und Timo kam wieder herein. Er sah das T-Shirt und fragte: „Ist das Ginis?“
„Wie kommst du darauf?“
„Wegen des Atomkraft-nein-danke-Buttons am Kragen.“
„Sehen Sie, er gibt es zu.“
„Was gebe ich zu?“
„Dass du meinen Wagen schon wieder geklaut hast. Aber diesmal bist du zu weit gegangen. Was habt ihr getrieben in meinem Auto? Dass alles voller Blut ist.“
Der Geruch nach Blut war mir gleich in die Nase gestiegen, als ich das T-Shirt in die Hand genommen hatte. Jetzt untersuchte ich es genauer. Es war eingerissen, und zwar oben am Hals. Die ganze Vorderseite war blutig.
Kofi telefonierte mit Marc und bat ihn in unser Büro. „Haben Sie Ihr Auto unten stehen? Ist da auch Blut drin?“
„Mit dem letzten Tropfen Benzin.“
„Was soll das heißen?“
„Das bedeutet, dass dieser Hundesohn da heute Nacht schon wieder mit meinem Wagen gefahren ist. Der Tank ist leer, 220 Kilometer zusätzlich auf dem Tacho und diese Schweinerei auf dem Rücksitz.“
„Herr Heckmann, wir können davon ausgehen, dass Timo letzte Nacht keine Gelegenheit hatte, mit Ihrem Wagen zu fahren“, warf Herr Fleck mit fester Stimme ein.
Marc betrat das Büro, lächelte einmal in die Runde und sagte: „Muss ja ’ne dolle
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