Ausweichmanöver (German Edition)
Mutter schlecht behandelt. Sie hat gesagt, dass er auf gar keinen Fall auch nur einen Cent von ihr erben soll. Als Onkel Hans gestorben ist, hat sie mich ins Grundbuch eintragen lassen, damit ich später keine Erbschaftssteuer bezahlen muss, und hat mir einen Schlüssel gegeben.“
„Sie beide haben sich öfter dort versteckt?“
„Wir sind um Ostern herum ein Wochenende da gewesen, sonst nicht.“
Ich schaute mir die Fahrkarten an. Sie waren gestempelt und offensichtlich in einem Portemonnaie in der Hosentasche herumgetragen worden.
Herr Fleck sagte: „Ich habe von der Kanzlei aus bei der Bahn angerufen. Man wird Ihnen die Aufzeichnungen der Überwachungskameras kopieren und zusenden, damit Sie überprüfen können, dass die beiden wirklich um 9.04 Uhr, also fünfundzwanzig Minuten vor dem Überfall in den Zug gestiegen sind.“
„Warum haben Sie sich nicht eher bei uns gemeldet, wenn Sie unschuldig sind?“
„Wir hatten in Einbeck die Handys ausgeschaltet und haben nichts mitbekommen.“
„Warum lügen Sie uns an? Sie hatten spätestens am Donnerstag Kontakt zu Lars Asmus, der Sie über alles informiert hat. Ihr Mitschüler und Freund Valentin Shekovietz wurde beinahe ermordet, weil er nachts vor dem Haus von Herrn Heckmann auf Sie gewartet hat. Eugenia Belfano, die Sie von einer Dummheit abhalten wollte, ist verschwunden. Das alles hätten Sie verhindern können, wenn Sie sich am Donnerstag gestellt hätten.“
„Das ist nicht erwiesen!“ Herr Fleck klang nun gereizt. Timo sah erst verwundert und dann immer erschrockener zu Julia und seiner Mutter.
„Hören Sie, ich weiß überhaupt nicht, worum es geht. Ich habe nicht auf meine Freunde geschossen.“
„Aber den neuen Wagen Ihres Lehrers haben Sie gestohlen?“
„Für eine Spritztour ausgeliehen. Was hat das damit zu tun?“
„Das wüssten wir gern von Ihnen. Wie sind Sie an den Schlüssel für den Wagen gekommen?“
„Selbst gemacht.“
„Wollen Sie mich auf den Arm nehmen?“
„Nein. Valentin hatte mir erzählt, dass der Heckmann sich einen neuen Volvo gekauft hat, mit Keyless Drive. Da kam mir die Idee. Diese RFID-Transponder gibt’s in jedem Mensa-Chip. Man muss sie nur umprogrammieren. Ich bin bei ihm vorbei und habe mir das Modell aufgeschrieben. Es hat länger gedauert als erwartet, bis ich den richtigen Code zum Öffnen des Schlosses gefunden hatte.“
„Wie darf ich das verstehen?“
Er legte ein Kunststoffkästchen auf den Tisch. „Anfangs bin ich mit meinem Laptop und einer Antenne vorbeigegangen, aber das fällt auf. Nachdem ich den Code hatte, hab ich ihn auf den Sender hier übertragen, und damit konnte ich die Tür öffnen und den Wagen starten.“
„Das klingt einfach.“
„Ist es aber nicht. Ich habe zwei ganze Tage gebraucht.“
Das erklärte den Abstand zwischen der Planung, die ich während des Festivals beobachtet hatte, und der Durchführung.
„Wie viele Schlüssel haben Sie auf diese Weise bereits hergestellt?“
„Gar keinen, das war der einzige. Ich kannte das Funktionsprinzip, mein Vater hat auch so einen Schlüssel. Als der neu war, hat mich das interessiert.“
Vater Fleck mischte sich ein. „Mein Sohn räumt sein Fehlverhalten in Bezug auf den Wagen ein. Wir werden Kontakt zu Herrn Heckmann aufnehmen und ihm eine Entschädigung anbieten. Das sind jedoch Bagatellen im Vergleich zu dem Überfall.“
„Unsere Ermittlungen weisen bisher darauf hin, dass der Wagen sozusagen der Katalysator für die Ereignisse war. Deshalb sind alle Details wichtig.“
Ich stellte Augenkontakt zu Timo her. „Wir müssen alles wissen, was damit zusammenhängt. Mein Kollege hat deinen Freund Gordon vernommen. Er sagte aus, dass er nur dabei war, als ihr mit dem Wagen gefahren seid. An der Vorbereitung war er nicht beteiligt. Allerdings hat er dein Kästchen hier erwähnt.“
„Ich weiß wirklich nichts weiter.“
„Was ist mit Gini?“, fragte Julia.
„Das wissen wir nicht. Sie ist seit gestern Abend verschwunden.“
Julia tippte eine Nummer auf ihrem Handy. Es klingelte mehrmals, auf der anderen Seite meldete sich der Anrufbeantworter.
„Sie müssen nach ihr suchen“, sagte Julia. Sie zitterte, wickelte die Arme um ihren Oberkörper. Frau Fleck stand auf, nahm Julia in die Arme. „Dürfen wir?“ Sie zeigte auf die Tür.
„Selbstverständlich.“
Zu Kofi sagte ich: „Leite bitte sofort eine Handyortung ein. Im Moment scheint das Gerät noch eingeschaltet zu sein. Vielleicht haben wir
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