Ausweichmanöver (German Edition)
keinen Fall vorher Gelegenheit haben, etwas verschwinden zu lassen.“
„Das lasse ich mir nicht bieten. Ich kenne meine Rechte.“
„Sie können mitkommen, uns die Tür aufschließen und zusehen, wie unsere Kollegen Ihr Haus durchsuchen. Wir können die Türen aber auch aufbrechen und in Ihrer Abwesenheit alles durchwühlen.“
Das brachte ihn zum Nachdenken. „Kann ich vorher zu Hause anrufen?“
„Nein, wen wollen Sie denn anrufen?“ Lag da vielleicht noch sein Date von gestern Abend im Bett? Ein Grund mehr, sich zu beeilen. „Kommen Sie!“, sagte ich und schob ihn zur Tür. Er wehrte sich nicht mehr und verlangte auch keinen Anwalt.
Wir luden Herrn Heckmann in einen Streifenwagen und fuhren mit den Kollegen Herbert Heinrich und Guntram Schnitter zu seinem Haus. Sie waren bei allen Einbrüchen als Erste zu den Tatorten gekommen und wussten genau, wonach wir suchten.
Erst als Herbert Anstalten machte, die Tür aufzubrechen, ergab Heckmann sich endgültig in sein Schicksal und schloss selbst auf.
Es roch nach Chinarestaurant, nach frisch gebratenem Hühnchenfleisch und gedünstetem Gemüse. Heckmann stöhnte. Er streifte im Flur die Schuhe ab, merkte, wie lächerlich das war, schrumpfte noch etwas mehr zusammen, ging aber auf Socken weiter.
Aus einem Raum rechts von uns hörten wir Geklapper. Zwei Menschen unterhielten sich, allerdings nicht auf Deutsch. Kofi gab Heinrich und Schnitter Zeichen, das Haus zu durchsuchen. Wir beide gingen mit Heckmann in den Raum, der sich als Küche erwies. Auf dem Herd stand eine Wokpfanne. Zwei Frauen saßen am Küchentisch und schnitten Gemüse und Fleisch in kleine Würfel. Als sie uns kommen hörten, sprangen sie auf, stellten sich nebeneinander. Sie legten die Hände vor der Brust aneinander und neigten die Köpfe. Beide hatten dichtes, schwarzes Haar. Sie trugen eng anliegende, glänzende Kleidungsstücke, die so aussahen wie die, die meine Lieblingsbedienung im Chinarestaurant trug. Die ältere der beiden hob den Kopf und sah Heckmann aus schräg stehenden Augen fragend an.
Ich betrachtete die zweite. Sie wirkte sehr jung auf mich. Vielleicht die Tochter der Frau? Heckmanns Tochter?
Kofi ging auf die ältere zu, streckte die Hand aus und sagte: „Guten Tag, Frau Heckmann?“
Die Frau wich zurück und schüttelte den Kopf.
Schnitter und Heinrich polterten in die Küche. „Sonst ist niemand im Haus. Im Keller gibt es einen Raum ohne Fenster mit einer stabilen Feuerschutztür davor. Darin steht ein Bett. Sieht aus wie eine Zelle. Ist aber niemand drin. Den Raum solltet ihr euch angucken und die Spurensicherung auch. Wir kontrollieren noch den Garten, da stehen eine Hütte und die Garage.“
Ein Blick auf Heckmann verriet, dass irgendetwas ganz und gar nicht in Ordnung war. Ging es um den Keller, um Gartenhäuschen und Garage oder um die beiden Frauen?
„Herr Heckmann, ich denke, wir sollten uns setzen und Sie informieren uns.“
Er antwortete nicht, sank aber auf die Bank. Eilig räumte die jüngere Frau Gemüse und Bretter vom Tisch. Ich hinderte sie daran, weiter aufzuräumen und bat sie, sich auch an den Tisch zu setzen. Die ältere bot uns Tee an. „Jasmin-Tee oder weißer Tee mit Pfirischblüte.“ Ihre Stimme klang leise und melodisch. Trotzdem war sie schwierig zu verstehen. Ob sie viel mehr deutsch sprach als das, was sie gerade gesagt hatte?
„Die sind von der Polizei“, sagte Heckmann vorwurfsvoll.
Die Frau zuckte erneut zusammen und wich bis zum Fenster zurück. Die andere verstand augenscheinlich nicht. Erst nachdem die ältere einige Worte in ihrer Sprache gesagt hatte, begriff sie und begann zu weinen.
„Herr Heckmann, was bedeutet das?“
Er richtete sich mühsam etwas auf, starrte an mir vorbei auf die Wand und begann zu sprechen. „Das sind Sowadee und ihre Nichte Junjoaw.“
Bei der Erwähnung ihrer Namen nickten die beiden höflich mit dem Kopf.
„Thailänderinnen?“, fragte Kofi.
„Aus der Provinz Chiang Mai“, bestätigte Heckmann. „Ich, also, ich habe vor drei Jahren einen Fehler begangen. Ich, o Gott, ich bin in ein Bordell gegangen und als man mir eine besondere Köstlichkeit angeboten hat, bin ich darauf eingegangen. Ich bekam ein hübsches, junges Mädchen. Unberührt.“
„Wie jung?“
„Ich habe nicht gefragt. Jedenfalls war es eine Falle. Die haben mich gefilmt.“
„Und haben sie Sie erpresst. Wie viel mussten Sie zahlen? 50.000 Euro?“
Heckmann sah überrascht auf. „Nein, sie wollten kein Geld.
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