Auszeit - Die groeßte Katastrophe der Menschheit
mit?“
Innerhalb weniger Sekunden leerte sich der halbe Bahnsteig und unzählige Menschen stürzten in den Schacht, in dem sich die beiden Unglückszüge verkeilt hatten.
Bernd und Anette war es mittlerweile gelungen, die Polizei zu verständigen. Erst schenkte man ihnen kein Glauben. Aber letztlich ließ man sich doch überzeugen, dass es sich nicht um einen Scherz handelte und ein sofortiges Einreifen unabdingbar war. Nachdem man sich in der Verkehrsleitzentrale versichert hatte, dass in der Tat keinerlei Verbindung zu den Zügen bestand, löste man wenige Minuten später Großalarm aus. Ein Alarm, der für viele Menschen viel zu spät kam.
“Kommen Sie, ich bringe Sie nach Hause,“ forderte Bernd Anette Moda auf. “Hier können wir ohnehin nichts mehr tun.“
Es stellte sich heraus, dass Anette ganz in der Nähe von Bernds Wohnung ein Appartement hatte. Oben auf den Straßen lief alles seinen normalen Gang. Nichts ließ darauf schließen, dass es ein paar Meter weiter unten zu einer Katastrophe gekommen war. Es war erst 10 Uhr vormittags, und die Autos fuhren im Gegensatz zum Vortag ohne jedes Problem.
“Merkwürdig, dass niemand bemerkt hat, was sich dort unten im U-Bahnschacht zugetragen hat“, überlegte Take.
“Ach, bemerkt haben sie das wahrscheinlich schon. Bloß bis ein Beamter mal den Hintern hebt und seine wenigen grauen Zellen in Bewegung setzt, können Stunden vergehen“, meinte Anette süffisant. “Wahrscheinlich begreifen die Verantwortlichen erst, was geschehen ist, wenn sie es aus den Nachrichten erfahren. Und das auch erst, wenn ihnen ein anderer begreiflich gemacht hat, was das bedeutet.“
Anette ging immer schwerfälliger, da sich die Prellungen, die sie beim Zusammenprall der U-Bahnen erlitten hatte, jetzt erst richtig bemerkbar machten. Bernd war gezwungen, seinen Arm stärker um ihre Hüfte legen, um sie dadurch besser stützen zu können. Er stellte fest, dass ihm das keineswegs peinlich war, sondern ihm ganz im Gegenteil die Berührung ihres Körpers irgendwie gut tat. Seltsam, dachte er, dabei bin ich glücklich verheiratet und liebe meine Frau. Wahrscheinlich war es die Situation des Augenblicks. Sie hatten gemeinsam ein scheußliches Unglück überstanden und waren für einige Minuten ihres Lebens ein Team, das sich gegenseitig aus der Gefahr half. So etwas schweißte zusammen, auch wenn man sich gar nicht kannte und baute in kürzester Zeit Sympathien auf, die mit dem nüchternen Menschenverstand nicht zu erklären waren.
Auf dem Heimweg erfuhr er, dass Anette Moda seit Jahren mit ihrem Freund zusammenlebte, den sie bereits aus der Schulzeit kannte. Sie waren ihr ganzes Leben lang immer unzertrennlich gewesen. Zum Schluss hatten sie sich so an ihr ständiges Zusammensein gewohnt, dass sie niemals an eine Heirat dachten, weil es auch ohne den amtlichen Trauschein ganz gut ging. So, wie es war, war es immer schon und so war es gut. Bernd brachte sie bis zu ihrer Haustüre und verabschiedete sich.
“Sehen wir uns irgendwann einmal wieder?“, wollte Anette wissen.
Bernd hatte eigentlich gar nicht daran gedacht, jemals wieder mit ihr Kontakt aufzunehmen. Aber als sie ihn fragte, ertappte er sich dabei, dass er irgendetwas wie Glück bei ihrer Frage empfand.
“Wenn Sie möchten, komme ich morgen kurz bei Ihnen vorbei. Schließlich muss ich ja wissen, wie es meiner Patientin geht. Die Prellungen werde sie morgen erst richtig spüren. Vielleicht sollten sie doch zum Arzt gehen“.
“Das würde mich freuen, ehrlich. Es wäre schade, wenn sich unsere Wege einfach wieder so trennen würden. Außerdem glaube ich, dass die Polizei noch einiges von uns wissen möchte. So schnell würden Sie mich deshalb ohnehin nicht loswerden. Also, bis morgen!“
Anette verschwand im Hauseingang. Bernd ging die wenigen Minuten, die ihn noch von seiner Wohnung trennten, betont langsam. Seitdem ich mit Rita verheiratet bin, habe ich mich nie wieder mit einer Frau verabredet. Wieso habe ich mich jetzt auf eine Verabredung mit Anette Moda eingelassen? So sehr er auch nachgrübelte, er fand keine plausible Erklärung dafür. Er glaubte nicht an Zufälle, und deshalb war er überzeugt, dass auch dieses Zusammentreffen kein Zufall war und sich dahinter irgendein Sinn verbarg. Nur konnte er ihn im Moment noch nicht erkennen.
Hätte Bernd Take geahnt, wie sich bereits in kürzester Zeit der tiefere Sinn dieses Zusammentreffens offenbaren sollte,
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