Auszeit - Die groeßte Katastrophe der Menschheit
Straße.“
Trotzdem zeigte sich Bernd kaum beunruhigt. Er kannte seine Frau als eine sehr gute Autofahrerin, die eigentlich in der Lage war, jede Situation zu meistern. Zugegeben, das war zwar heute eine Ausnahmesituation, aber auch die würde sie in den Griff bekommen. Dessen war er sich sicher. Länger dauern würde es halt, daran war nicht zu ändern. Es kam ihm nicht in den Sinn: Ausnahmefälle setzen häufig auch alle Regeln außer Kraft. Selbst die, dass Rita in der Regel eine gute Autofahrerin war und gewöhnlich alle Situationen meisterte. Erst viel später sollte Bernd Take begreifen, dass dieser Tag auf lange Sicht alle auf der Welt gültigen Regeln außer Kraft gesetzt hatte. Und zwar auf Monate und Jahre.
Er lehnte sich lässig und bequem im Sessel zurück und lauschte gespannt den Meldungen, die mittlerweile jede Viertelstunde über den Sender kamen, den er eingestellt hatte. Einzelheiten wurden nicht mehr bekannt gegeben. Dazu war die Lage schon viel zu unüberschaubar geworden. Als Rita nach zwei Stunden immer noch nicht nach Hause zurückgekehrt war, war es langsam mit seiner Ruhe zu Ende und er begann, sich allmählich Sorgen zu machen. Er sann nach, welche Route sie gefahren sein konnte und wie ihr zu helfen sei. Er fand aber keine Lösung, da er nie mitbekommen hatte, wo sie eigentlich zum Einkaufen hinging.
In welchem Stau auch immer sie stecken mag, sie muss da alleine herausfinden, beruhigte er sich. Ich weiß wirklich nicht, wo ich sie suchen soll. Und wenn das Auto seinen Geist aufgegeben hat, sollte sie in der nächsten halben Stunde zu Hause eintreffen. Länger braucht sie auch zu Fuß mit Sicherheit nicht.
Aber Rita traf in der nächsten halben Stunde nicht ein und nicht in den nächsten zwei Stunden. Bernd begann zu telefonieren. Er rief die Polizei an. Er war über die Funktionsfähigkeit des Telefons nicht einmal verwundert. Telefonieren war so selbstverständlich, dass man über einen Ausfall gar nicht nachdachte. Als die Polizei ihm nicht weiterhelfen konnte, kontaktiert er sämtliche Krankenhäuser. Erst die in der unmittelbaren Nähe, dann alle anderen, die im Münchener Telefonbuch standen. Das war nicht einfach, denn die Leitungen waren restlos überlastet. Der Erfolgt seiner Aktivität war jedoch gleich Null. Überall wurde er vertröstet und um Verständnis gebeten. Die Lage sei einfach momentan zu unübersichtlich. Es hätte mittlerweile hunderte von Verletzten gegeben und da der Verkehr inzwischen völlig zusammengebrochen sei, hätte das Militär inzwischen damit begonnen, die Verletzten in Feldlazaretten unterzubringen und dort zu behandeln. Es gäbe so gut wie keine Transportmöglichkeiten mehr und ginge alles ungewöhnlich langsam vor sich. Daher benötigten auch die eingehenden Informationen viel länger, als das normalerweise der Fall sei. Er sollte sich später noch einmal melden, am Besten erst am nächsten Tag, dann hoffte man mehr in Erfahrung gebracht zu haben.
„So ein Scheiß“, fluchte er. „Was mache ich jetzt?“
Er schaltete den Fernseher ein, der erstaunlicher Weise immer noch seinen Dienst tat. Die Bilder, die er dort zu sehen bekam, erschütterten ihn aufs Heftigste. Dadurch, dass sie in einer kleinen Nebenstraße wohnten, die nicht besonders befahren war, hatte er von den Vorgängen draußen gar nichts mitbekommen. Das, was er am Telefon von den Krankenhäusern und der Polizei erfahren hatte, war in Wirklichkeit nur ein Teil dessen, was sich tatsächlich abspielte. Neben Hunderten von verletzten Menschen gab es mittlerweile auch Hunderte von Toten. Nicht nur auf den Straßen, sondern auch in Zügen und U-Bahnen, von denen viele durch die unerklärbaren Stromausfälle aufeinander geprallt und aus den Geleisen gesprungen waren. Daneben hatte es auch eine ganze Reihe von Todesfällen in den Krankenhäusern gegeben. Mehr und mehr vom Strom abhängige Geräte hatten ohne plausiblen Grund ihren Dienst aufgekündigt und waren betriebsunfähig. Viele Patienten waren nun von den medizintechnischen Apparaturen abhängig und gingen innerhalb weniger Minuten armselig zugrunde. Die Toten wurden mit den wenigen noch funktionierenden Lastwagen zu Sammelplätzen auf die Friedhöfe gebracht, wo man versuchte, sie zu identifizieren und ihre Personalien festzuhalten, um die Verwandten zu informieren. Es wurde dringend empfohlen, in den Wohnungen zu bleiben und die Fernsehgeräte oder Radioempfänger eingeschaltet zu lassen. Der nationale Notstand sei
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