Auszeit - Die groeßte Katastrophe der Menschheit
dies überhaupt möglich war, aus den Trümmern zu befreien. Sie zu versorgen oder gar irgendwie weiterzutransportieren, war schlichtweg unmöglich.
“Wir müssen Hilfe holen. Wir kommen hier alleine nicht weiter. Das hat gar keinen Sinn. Offensichtlich hat oben noch niemand bemerkt, was sich hier unten zugetragen hat, sonst wäre schon längst Hilfe eingetroffen.“
Die anderen gaben Bernd recht. Es war wirklich sinnlos, ohne Werkzeuge und ohne medizinische Notversorgung weiter zu versuchen, die Menschen hier aus ihrer misslichen Lage zu befreien. Ganz im Gegenteil: Jeder Versuch, auf eigene Faust zu helfen, konnte in dieser Situation sogar Menschenleben kosten. Sie brauchten dringend Ärzte und technische Hilfe. Das war auch für einen Laien unschwer zu erkennen. Andererseits, wenn sie alle losgingen, würden viele die Hoffnung auf Hilfe aufgeben. Das war Bernd völlig klar und wahrscheinlich wäre ihm das, in dieser Lage auch nicht anders gegangen. Allein schon das Gefühl, dass andere Menschen anwesend waren, wirkte sich auf die Verletzten positiv aus. Sie wieder ganz alleine zu lassen, hätte bei vielen zweifellos eine Panik und eventuell sogar den Tod verursacht. Take sprach sich mit den anderen aus seiner U-Bahn kurz ab und es wurde beschlossen, dass er schnellstmöglich versuchen sollte, den U-Bahnschacht zu verlassen, um die entsprechenden Stellen zu alarmieren und die erforderliche Hilfe herbeizurufen.
Der Weg war extrem schwer. Zum einen durch die aufgetürmten und scharfkantigen Karosserie- und Glasteile, zum anderen deshalb, weil er jeden Verletzten erst beruhigen und ihm erklären musste, dass er auf dem Weg sei, um Hilfe zu holen und die eigentliche Rettung erst zu bringen. Take stellte fest, dass die meisten Toten und Schwerverletzten erstaunlicherweise nicht in den Wagen lagen, die dem direkten Aufprall ausgesetzt gewesen waren, sondern eher in den Wagen, die in der Zugmitte lagen. Und das bei beiden U-Bahnzügen. Bei dem der aufgefahren war und bei dem, der offensichtlich durch das Stromversagen schon eine ganze Weile gestanden hatte. Er brauchte ungefähr zwanzig Minuten, bis er endlich den vordersten Wagen des ersten Zuges erreicht hatte. Seine Kleidung war an mehreren Stellen zerrissen und wer ihn nicht kannte, hätte ihn leicht mit einem Straßenvagabunden verwechselt. Der vorderste Wagen war der einzige, der nahezu unzerstört geblieben war. Er wunderte sich, warum der Zugführer, der ja immer vom diesem Wagen aus den Zug steuerte, nicht längst Hilfe geholt hatte. Der Mann war doch mit Sicherheit nicht so schwer verletzt, dass er nicht mehr gehen konnte.
Wie man viel später feststellte, war der Zugführer tot. Als der Zug stehen geblieben war und er bemerkt hatte, dass eine nicht definierbare Fehlfunktion vorlag, hatte er, wie der Führer in Bernds Zug, die Mitfahrenden aufgefordert, den Zug zu verlassen und zu Fuß weiterzugehen. Da das Öffnen der Türen schon nicht mehr vom Führerstand aus gelang, war er von Wagen zu Wagen gegangen, um von Hand und mit dem Brecheisen die blockierten Türen zu lösen. Er hatte diese Arbeit gerade bei dem dritten Wagen erledigt, als der andere Zug auffuhr und die aus den Geleisen springenden hinteren Wagen ihn regelrecht an der Schachtwand zerquetschten. Von all dem hatte Bernd Take aber zu diesem Zeitpunkt aber keine Ahnung, und so kletterte er laut schimpfend wegen des unverantwortlichen Zugführers über die letzten Hindernisse. Erst jetzt bemerkte er, dass der vorderste Wagen völlig leer war.
Waren vielleicht doch schon einige losgegangen, um Hilfe herbei zu rufen, überlegte er sich. Wie dem auch sei, Bernd musste seinen Weg auf alle Fälle fortsetzen. Zurückzugehen, wäre sinnlos gewesen, und außerdem war ja gar nicht sicher, dass überhaupt jemand in diesem Wagen gesessen hatte. Unwahrscheinlich zwar, aber immerhin möglich. Als er seine letzte Fackel angezündet hatte, wäre er nach wenigen Metern fast über einen Körper gestolpert, der am Rand der Geleise lag.
“Entschuldigung“, murmelte Bernd, als sei es das Selbstverständlichste, dass er hier im U-Bahnschacht spazieren ging und über Körper stolperte.
“Macht nichts. Ich konnte einfach nicht mehr weiter“, antwortete der Körper.
Take erschrak. Der Körper hatte eine weibliche Stimme.
“Was machen Sie denn hier? Fast hätte ich Sie überrannt.“
“Ich sagte ja schon: Ich konnte nicht mehr weiter. Mir tut alles weh. Da habe ich mich eben
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