Auszeit für Engel: Roman (German Edition)
wichtig.« Ich interessierte mich mehr für die Tüte M&Ms, die ich während der Vorführung in mich hineinstopfen würde.
Als wir das Haus verließen, fiel mir der Name auf Justins Briefkasten auf: »Thyme.«
»Justin Thyme? Das ist ein fantastischer Name. Ist es – »
»Nein« – er fiel mir ins Wort – »nicht mein richtiger Nachname. Ich habe ihn mir ausgedacht, weil ich mich von den Tausenden von anderen Dicken, die immer dran glauben müssen, abheben wollte.«
Am Sonntag morgen wartete ich ungeduldig auf Emilys Rückkehr.
Und auf Troys Anruf.
Wann würde er anrufen? Welche Regeln herrschten hier? Vielleicht war es zu früh – es war noch kein ganzer Tag vergangen. Ich blickte auf die Uhr – gut, es war gerade einen Tag her. Das war eigentlich keine Zeit.
Ich könnte ihn anrufen, klar. Das machten andere Menschen, normale Menschen, und ich musste langsam anfangen, mich wie ein normaler Mensch zu verhalten. Aber ich wusste seine Nummer nicht.
Ich machte ein paar Schranktüren in der Küche auf, fand nichts Interessantes, setzte mich hin und stierte auf den Fußboden und wünschte, Emily würde endlich von ihrem Sex-Marathon mit Lou nach Hause kommen. Der Sonntags-Blues, immer das Gleiche, wo man auch ist.
Das Telefon klingelte, und der Adrenalinstoß in meinem Körper war fast wie ein Herzanfall. Mit zum Zerreißen gespannten Nerven nahm ich den Hörer nach dem zweiten Klingeln ab, aber es war nicht Troy, es war meine Mutter.
»Geht es dir gut?«, fragte sie.
Ich nickte; vor Enttäuschung konnte ich nicht sprechen.
»Und gefällt es dir dort?«
Ich riss mich zusammen. »Es ist wunderbar, ganz wunderbar!« Auf keinen Fall sollte sie damit anfangen, dass ich nach Hause kommen solle. »Die Leute sind nett, das Wetter ist fantastisch …«
»Scheint die Sonne bei euch?«, fragte sie.
»Die Sonne? Du weißt nicht, was Sonnenschein ist, solange du das hier nicht gesehen hast.«
»Ich könnte ein bisschen Sonnenschein gebrauchen«, sagte sie verhalten.
Mit schwante Schlimmes, und ich änderte meine Taktik. »Allerdings kann es auch Smog geben. Dann ist sehr trübe. Außerdem besteht immer die Gefahr eines Erdbebens.«
»Hier hat es andauernd geregnet, seitdem du weg bist. Mir wäre ein Erdbeben lieber.«
»Ahaha«, lachte ich nervös, dann wechselte ich das Thema, verabschiedete mich rasch und starrte weiter auf den Fußboden.
Emily kam gegen zwei Uhr zurück. Lou hatte sie das ganze
Wochenende mit Liebesbeweisen überschüttet: Er hatte sie in teuere Restaurants ausgeführt und sein Shiatsu mit ihr praktiziert, und dann war er mit ihr zum Mulholland Drive rauf gefahren, wo sie auf die Stadt im Lichtergefunkel blicken konnten, und hatte gesagt, das würden sie einmal ihren Enkelkindern erzählen.
»Klassischer Fall von Beziehungsphobiker«, sagte sie fröhlich.
»Was sind das für welche?«
»Sie sind Spezialisten für Intimität aus der Tüte – einfach Wasser hinzufügen und umrühren, und dann hört man nie wieder von ihnen.«
»Du klingst fast so, als wärst du glücklich darüber.«
»Es ist schön zu wissen, dass es Dinge gibt, auf die man sich verlassen kann. Es sei denn, er hat das ehrlich gemeint, das mit den Enkelkindern«, sagte sie höhnisch. »Das wäre noch schlimmer!«
Ich brauchte ihr nicht zu sagen, dass Mort Russell nicht angerufen hatte, sie hatte ihre Nachrichten mehr als einmal abgehört.
»Und wie geht es dir?«
Wie ging es mir? Troy hatte sich immer noch nicht gemeldet, weshalb sich in meinem Magen ein Knoten gebildet hatte. Aber war ich nicht immer schon ganz groß darin gewesen, die Triebbefriedigung zu verzögern? Falls er sich irgendwann herabließ, hätte sich das Warten umso mehr gelohnt.
»Du siehst … verändert aus.«
O nein, fiel es so sehr auf?
Sie musterte mich aufmerksam. »Deine Augenbrauen!«
»Ach so, stimmt ja. Lara ist mit mir zu Madame Anoushka gegangen.«
»Erzähl mir von Cameron Myers’ Geburtstagsparty.«« Alsooo«, fing ich an und konnte nicht verhindern, dass sich ein freudiger Ausdruck auf meinem Gesicht ausbreitete, »es war fantastisch.«
»Ich will alles wissen.« Dann veränderte sich ihr Gesichtsausdruck. »Scheiße.« Sie wirkte regelrecht verstört. »Du hast mit Troy geschlafen.«
»Ist was dagegen einzuwenden?«
»Nein, nichts«, beharrte sie. »Nichts. Oder doch«, gestand sie dann. »Es ist für mich nicht so leicht. Du warst neun Jahre lang Garvs Frau, und jetzt bist du seit – wie lange? – nicht
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