Auszeit für Engel: Roman (German Edition)
für mich mit der Aufschrift: »Boys Are Mean«. Ich fühlte mich viel besser und fuhr nach Hause, und Emily erklärte, sie sei in ihr T-Shirt verliebt. »Ich zieh es heute Abend an. Kommst du später mit auf einen Drink?«
»Mit dir und Lou?«
»Lou?«, sagte sie höhnisch. »Der kann sonst wohin gehen mit seinen Blumen und seinen Anrufen – glaubt er etwa, ich bin komplett verblödet?«
»Mit wem gehst du dann?«
»Mit Troy.«
Ich brachte ein kurzes, bitteres »Hah!« zustande.
»Bitte, bitte, sei nicht so. Troy schläft mit allen und bleibt trotzdem mit ihnen befreundet.«
»Anscheinend bin ich sehr altmodisch«, entgegnete ich steif.
»Komm doch bitte mit.« Sie wand sich, so bekümmert war sie.
»Wer lädt mich ein? Du? Oder er? Und sei ehrlich!«
»Wir beide.«
»Hat er was von mir gesagt?«
»Ehm …«
»Sei ehrlich!«
»Nein, hat er nicht!«
So gekränkt ich auch war, sah ich dennoch ein Gutes darin: Wenn er vorhatte, mich während der restlichen Tage meines Besuchs zu meiden, wären die Möglichkeiten, dass ich mich gedemütigt fühlen könnte, reduziert.
»Geh du mit ihm«, ermunterte ich sie. »Amüsier dich, du hast den ganzen Tag gearbeitet. Und bevor du wieder fragst – mir geht es GUT.«
Also ging sie, und obwohl ich zahlreiche Einladungen hatte – der Märchenabend in dem Haus auf der einen Seite und eine digitale Neufassung von Rosemary’s Baby in dem Haus auf der anderen –, installierte ich mich vor dem Fernseher, nachdem ich aus Trotz mein »Boys-Are-Mean«-T-Shirt angezogen hatte. Zum Zeitvertreib überlegte ich mir Maßnahmen, wie ich Troy vernichten könnte; dabei konnte ich mich nur schwer entscheiden, ob ein würdevolles, eisiges Schweigen die bessere Wirkung hätte oder schrille Schimpftiraden, in denen ich ihm seine üble Moral vorwarf.
Irgendwann wurden Nachrichten gesendet, darunter ein Bericht über den Friedensprozess in Irland, und ich bekam einen richtigen Schock, denn einen Augenblick lang dachte ich, die Farbe im Fernseher funktionierte nicht mehr, alles war so grau, besonders die Hautfarbe der irischen Politiker, als hätten sie nie die Sonne gesehen. Und die Zähne erst …
Oh, nein. Ich hatte die unsichtbare Linie überschritten und glaubte inzwischen auch, dass eine gesunde Hautfarbe und teuer hergerichtete Zähne normal seien. Seufzend nahm ich meine imaginären Gespräche mit Troy wieder auf.
Eine Weile später kam ein Auto mit kreischenden Bremsen vor unserem Haus zum Stehen, eine Tür wurde zugeschlagen, dann war Absatzgeklapper auf dem Weg zu hören. Ich verfolgte das Geklapper und fragte mich, wohin es führte, als schon die Tür aufgerissen wurde, und eine verstörte und zerzauste Lara auf besagten klappernden Absätzen hereinstürzte. »Wo ist Emily?«
»Mit Troy ausgegangen. Was ist passiert?«
»Oh, mein Gott!«
»Ein Glas Wein?«, schlug ich vor.
Sie nickte und folgte mir in die Küche.
»Was ist passiert?«, fragte ich wieder. War sie überfallen worden? Hatte sie einen Unfall gehabt?
»Es ist Nadia. Sie hat mich heute Abend angerufen, und auf meinem neuen Anrufer-ID-Display stand: Mr und Mrs Hindel. Stell dir das vor – Mr und Mrs Hindel! Sie ist verheiratet. Das Luder ist verheiratet!«
Ich goss den Wein schneller ein und sagte: »Da könnte doch ein Irrtum vorliegen. Vielleicht war sie verheiratet, und jetzt sind sie getrennt.«
»Nein, nein, sie hat alles zugegeben.« Lara sah ihr Bild im Spiegel und stöhnte auf. »O Mann, ich sehe aus wie zwölf Meilen Schotterstraße.« Fairerweise musste ich sagen, dass sie schon besser ausgesehen hatte: Ihr schöner Teint war pilzgrau. »Sie war ganz offen und hat gesagt, sie sei eine Sex-Touristin auf der Suche nach Abenteuern.«
Nach einem Moment des beklommenen Schweigens sagte Lara gequält: »Sie hat mich einfach benutzt.« Und dann fing sie verhalten und würdevoll an zu weinen, und das schnürte mir die Kehle zu.
»Ich mochte sie richtig gern.«Sie weinte, wie Frauen um Männer weinten. »Es tut genauso weh, auch wenn es eine Frau ist.«
»Ich weiß, ich weiß.« Ich hatte es gerade begriffen, oder?
»Für mich war sie etwas ganz Besonderes.«
»Du findest wieder jemanden.« Ich strich ihr über das Haar.
»Niemals!«
»Pscht, bestimmt. Natürlich findest du jemanden. Du bist so schön.«
»Ich fühle mich nur elend.«
»Das geht vorbei, du wirst drüber hinwegkommen. Sie war nicht die Richtige für dich.«
»Da hast du Recht.« Mit einem tränenreichen Lächeln
Weitere Kostenlose Bücher